Tanz um Mitternacht
Kannst du dir vorstellen, wie bitter ich das alles bereue?« Seine Finger strichen ganz sanft über ihren Arm und bewegten den Blusenstoff auf ihrer Haut, die zu prickeln begann. Traurig schüttelte er den Kopf. »Wohl kaum. Wie solltest du wissen, wie inständig ich mir wünsche, ich könnte es ungeschehen machen.«
»Lass mich gehen, Rand.«
Widerstrebend gehorchte er und trat zurück. »Danke, dass du mir von den Gaunereien des Barons erzählt hast.«
»Wirst du meinem Vater Bescheid geben?«
»Noch nicht. Hier draußen lauern zu viele Gefahren. Deshalb dürfen wir Talmadge nicht alarmieren - das Risiko wäre zu groß. Warten wir lieber, bis wir in unser Lager am Strand zurückkehren. Dort sind wir sicher.«
»Ja, das finde ich auch.« Sie betrachtete sein Gesicht. Ein attraktives Gesicht. Einst so innig geliebt... Um davonzugehen, musste sie ihre ganze innere Kraft aufbieten.
»Gute Nacht, Cait.« Seine leise Stimme folgte ihr auf dem Weg ins Lager. Sie konnte nicht antworten, weil sie mit den Tränen kämpfte.
Der nächste Tag verlief so ähnlich wie der letzte. Aber diesmal stiegen sie unter flachen violetten Wolken bergauf, im Nieselregen. Die Gepäckträger bildeten eine weit auseinander gezogene Prozession am Ufer des Bachs, und Max von Schnell trieb sie zur Eile an.
Am späten Nachmittag kam die Sonne zwischen den Wolken hervor, die Luft wurde heiß und schwül. Der Bach stürzte in eine Schlucht hinab, und die Gischt wirbelte hoch empor. Wie der Deutsche erklärte, war es zu spät, um das Wasser noch an diesem Tag zu überqueren. Ein Eingeborener watete zur anderen Seite und kletterte an der Felswand hinauf. Sobald er einen gewissen Punkt erreicht hatte, wurde ihm ein Seil zugeworfen, mit einem Stein beschwert und an einem dickeren Tau befestigt, das sie für die Brücke benutzen würden. Dann fing er weitere Stricke auf, die er um einen Baumstamm wand. Die Männer begannen eine Hängebrücke zu bauen.
Auch Rand beteiligte sich an der Arbeit, ebenso wie die Einheimischen mit nacktem Oberkörper. Unwillkürlich bewunderte Cait seine kraftvolle Brust, die sehnigen Arme, das Spiel seiner Muskeln am breiten Rücken. Sie erinnerte
sich, wie es gewesen war, ihre Lippen auf dieses glatte, warme Fleisch zu pressen, seine Hüften unter ihren Händen zu spüren, wenn er sich mit ihr vereint hatte. In ihrem Körper entstand eine verführerische Hitze. Ärgerlich verdrängte sie die unerwünschten Gefühle.
In der Abenddämmerung spannte sich eine solide Brücke aus geflochtenen Stricken über die Schlucht. Zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Mühe, saßen die Männer am Lagerfeuer. Im Lauf des Tages hatte Percy Fox ein Wildschwein erlegt. Die Träger hatten es ins Camp geschleppt, und nun freuten sich alle auf die Mahlzeit.
Alle außer Rand, der verschwunden war. Irgendein innerer Dämon bewog Cait, nach ihm zu suchen. Im Hintergrund ihres Bewusstseins wuchs ein seltsames Unbehagen. Oder vielleicht war es einfach nur die Sorge um den Mann, den sie einmal geliebt hatte. Wie auch immer, sie wanderte in den Dschungel, und bald entdeckte sie ihn. Er lehnte an einem Baum, die Muskete neben sich.
»Bist du auf die Jagd gegangen?«, fragte sie.
Lächelnd richtete er sich auf, und seine dunklen Augen weckten alte, vertraute Gefühle. Plötzlich bereute sie, dass sie hierher gekommen war.
»Nein, ich wollte mich nur ein bisschen umsehen. Von Schnell scheint zu wissen, was er tut. Aber ich will mich selbst vergewissern, ob alles in Ordnung ist. Jedenfalls kann’s nicht schaden.« Als ihr Blick die Muskete streifte, fügte er hinzu: »In diesem Wald will ich mich nicht unbewaffnet herumtreiben. Es wäre zu gefährlich.« Jetzt verdüsterte sich seine Miene. »Da fällt mir ein - was machst du hier draußen, ganz allein? Nach dem Angriff der giftigen Schlange müsstest du’s eigentlich besser wissen.«
»Tut mir Leid.« Cait sah sich um und erkannte, das sie sich ziemlich weit vom Lager entfernt hatte.
»Warum bist du hierher gekommen?«
Was sollte sie antworten? Dass sie einem sechsten Sinn gefolgt war? Vor lauter Sorge um ihn? Selbst wenn es wirklich stimmte - das würde sie ihm niemals gestehen. »Keine Ahnung - wahrscheinlich wollte ich frische Luft schnappen.«
»Die hättest du auch im Lager gefunden.«
Ehe sie erwidern konnte, er dürfe ihr keine Vorschriften mehr machen, stockte ihr Atem. Entsetzt starrte sie zwischen die Äste des Baums, unter dem er stand. Sie merkte sofort, dass etwas nicht
Weitere Kostenlose Bücher