Tanz um Mitternacht
Flammen drehte.
Zischend tropfte der Bratensaft auf die glühenden Kohlen, ein köstlicher Duft erfüllte die Luft, und Rands Magen begann zu knurren. Er nahm einen Blechteller vom Stapel neben dem Feuer. Dann stellte er sich hinter Percy und dem Professor an.
Alle drei Männer beluden ihre Teller mit Fleisch, Kartoffeln, wilden Zwiebeln und ungesäuertem Brot. Zu Rands Überraschung setzte sich Donovan Harmon zu ihm auf einen flachen Felsen. »Wie geht’s Ihrem Arm ?«, fragte er und schob einen saftigen Bissen in den Mund.
Unwillkürlich berührte Rand den Verband unter seinem Hemd. Die Kratzer, die von den Krallen des Leoparden stammten, brannten höllisch. »Zum Glück sind die Wunden nicht tief. Aber sie tun verdammt weh. Wenn sie nicht eitern, müssten sie in ein paar Tagen verheilen.«
Der Professor nippte an seinem Kaffeebecher. »Für meine Tochter ist Ihre Anwesenheit nur schwer zu ertragen, Sir. Und wie ich gestehen muss, hat mich Ihre Ankunft ebenso wenig erfreut.«
»Was ich ihr zugemutet habe, bereue ich zutiefst. Und ich will alles tun, um’s wieder gutzumachen.«
»Es dauert sehr lange, bis sie jemandem Vertrauen schenkt. Nach dem Tod ihrer Mutter lernte sie ihre Emotionen zu kontrollieren, und im Lauf der Jahre schloss sie nur wenige Freundschaften. Wo immer wir lebten - sie wusste, früher oder später würden wir weiterziehen. Es wäre schmerzlich gewesen, gute Freunde zu verlieren. Deshalb wahrte sie lieber Distanz zu den Leuten in ihrer Umgebung.«
»Mit Margaret Sutton ist sie eng befreundet. Und ich glaube, auch Elizabeth Warring steht ihr nahe.«
»Ja. Vielleicht fühlte sich Caitlin zu lange einsam. Oder sie war als erwachsene Frau eher bereit, etwas zu riskieren. Dann begegnete sie Ihnen, Sir, und vergaß den letzten Rest ihrer Vorsicht. Dafür musste sie teuer bezahlen.«
Mühsam schluckte Rand das Stück Fleisch hinunter, das beinahe in seinem Hals stecken geblieben wäre. Er starrte die Bratensauce auf seinem Teller an, die zu gerinnen begann, und stellte ihn beiseite. Plötzlich war ihm der Appetit vergangen. »Gewiss, ich habe einen Fehler gemacht, einen sehr schlimmen Fehler, und genauso dafür bezahlt wie Cait. Nun möchte ich mich mit ihr aussöhnen. Sie ist meine Frau. Ohne sie werde ich die Insel nicht verlassen.«
Der Professor schaute ihn forschend an, las eiserne Entschlossenheit in den braunen Augen und - wie Rand hoffte
- auch Aufrichtigkeit.
Als Donovan Harmon antworten wollte, kamen Geoffrey und Phillip Rutherford hinzu. »Gerade haben wir vom Angriff des Leoparden erfahren«, erklärte der Baron. »Einer der Träger zog ihm das Fell ab. Ein prächtiges Tier... Und Caitlin hat offenkundig eine Heldentat vollbracht.«
Rand empfand die gleiche Abneigung gegen ihn wie eh und je. »Nach meiner Ansicht ist sie ganz sicher eine Heldin.«
»Ein Wunder, dass sie dem Biest verwehrt hat, Sie zu verschlingen, Beldon!«, bemerkte Geoffrey bissig. »Obwohl sie Ihretwegen so viel durchmachen musste...«
»Falls Sie enttäuscht sind, tut’s mir Leid, St. Anthony«, erwiderte Rand kühl. »Ich lebe. Und ich gedenke noch lange nicht zu sterben.«
»Sicher hat’s St. Anthony nicht böse gemeint«, warf Talmadge ein, stets ein Diplomat.
Am liebsten hätte Rand den Bastard mit der Information konfrontiert, die er von Cait erhalten hatte, und ihm ins Ge-
sicht geschleudert: Sie haben die Expeditionsteilnehmer ebenso niederträchtig bestohlen wie meinen jungen Vetter - und weiß Gott, wie viele andere Leute... Aber dies war der falsche Zeitpunkt. Womöglich würde er seine Frau damit in Gefahr bringen.
Nun gesellten sich Percy und Sir Monty hinzu und lenkten ihn von seinen bitteren Gedanken ab.
Grinsend schlug Sir Monty auf Rands Schulter und jagte einen stechenden Schmerz durch den verletzten Arm. »Guter Schuss, mein Junge! Soeben habe ich den Leoparden inspiziert. Was für ein riesiger Kerl! Seien Sie froh, dass er keinen größeren Schaden angerichtet hat.«
»Das wäre zweifellos geschehen, hätte Cait mich nicht gerettet.«
»Ja, ich hab’s gehört. Glücklicherweise hat sie nach Ihnen gesucht. Sie fragte mich, ob ich wüsste, wo Sie wären. Da schickte ich sie in die Richtung, die Sie eingeschlagen hatten.«
Rand beobachtete St. Anthony, der wütend die Lippen zusammenpresste, und lächelte voller Genugtuung. Also hatte Cait ihn tatsächlich gesucht. Seine Zuversicht wuchs. »Natürlich bin ich ihr sehr dankbar.«
Mit schmalen Augen starrten sich die
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