Tanz um Mitternacht
Rand zu glauben. Das durfte sie nicht - nie mehr. Dieses Risiko konnte sie sich nicht leisten. Wenn er sie noch einmal enttäuschte, würde sie die Qual nicht überleben.
Entschlossen watete sie zum Ufer, trocknete sich mit ihrem Handtuch ab und schlüpfte in die saubere Kleidung. Hinter sich spürte sie Rands Nähe, und als sie sich umdrehte, war er ebenfalls angezogen.
»Du glaubst mir nicht.« Behutsam strich er ihr das nasse Haar aus dem Gesicht. »Und du traust mir nicht. Keine gute Grundlage für eine Ehe, nicht wahr?«
Weil es nichts zu sagen gab, schwieg sie.
»Aber wenn ich vertrauenswürdig wäre - könnten wir glücklich werden und eine Familie gründen. Alles, was das Leben zu bieten hätte, würde uns gehören. Nicht wahr, Cait?«
Neuer Kummer erfüllte ihr Herz. Alles. Wie gern würde sie ihm vertrauen. Dann wäre er der Mann, für den sie ihn in ihrer Dummheit gehalten hatte - charakterstark und gütig. Wenn das zuträfe, würden sie eine wunderbare Ehe führen -die Ehe, von der sie geträumt hatte. Trotzdem würde sie nicht alles besitzen.
Nur wenn sie seine Liebe gewinnen würde.
Rand stand von seiner Decke auf, als das Lager abgebrochen wurde und aufgeregte Stimmen erklangen. An diesem Tag würden die langen Wochen der Suche, der Hoffnungen und Wünsche ein Ende finden. Wenn Kleopatras Halskette nicht an der Stelle lag, die der holländische Seemann auf seiner Landkarte markiert hatte, würde sie wahrscheinlich niemals auftauchen.
Dann wäre die monatelange Mühe und Plage umsonst gewesen.
Wie üblich nahm Rand seinen Platz hinter Cait ein, die an diesem Morgen beschwingt bergauf stieg, von neuer Kraft erfüllt. Sie trug ihren breitrandigen Strohhut, tief in die Stirn gezogen. An ihrem Rücken hing ein dicker roter Zopf herab, die Haarspitzen von der Sonne vergoldet.
Während Rand den anmutigen Schwung ihrer Hüften beobachtete, dachte er unwillkürlich an die Ereignisse am Ufer des Bachs. Mochte Cait auch glauben, ihre Ehe hätte keine Zukunft - davon war er noch lange nicht überzeugt. Die heiße Leidenschaft, die er nach wie vor in ihr weckte, bestärkte ihn in seiner Zuversicht.
Einer der Gepäckträger war mit Max von Schnell vorausgegangen, um das Terrain zu sondieren. Nun rannte er zu Donovan Harmon zurück und zeigte aufgeregt den Weg hinauf. Der Professor nickte, beschleunigte seine Schritte, und die anderen folgten seinem Beispiel. Sogar Rand spürte, wie faszinierend es wäre, einen so alten, wertvollen Schmuck zu finden.
Was immer sie auch entdecken würden - es war ein bedeutsamer Tag - ein Tag, an dem er auf der Hut sein musste. Die Habgier war eine machtvolle treibende Kraft. Falls sie die Halskette tatsächlich fanden, musste sie ins Lager am Strand befördert werden. Und da Männer wie Talmadge und Max von Schnell zur Truppe zählten, könnte der Rückweg größere Gefahren mit sich bringen, als der schwierige Aufstieg zum Gipfel.
Immer steiler führte der Weg bergan, und der Bach war nur mehr ein Rinnsal, das sanft über glatte, bemooste Felsen plätscherte. Tiefblau wölbte sich der Himmel über dem Pico de Maligno, mit ein paar weißen Schleierwölkchen geschmückt, und durch die tiefen Schluchten wehte ein erfrischender Wind. In den Wipfeln der Bäume kreischten farbenfrohe Vögel. Ein paarmal blieb Rand stehen, um sie zu beobachten.
Als sie ein gewaltiges Felsmassiv umrundeten, sahen sie den Deutschen am Rand eines Wäldchens stehen. Ungeduldig eilten der Professor und Talmadge zu ihm, dicht gefolgt von Sir Monty und Geoffrey. Cait schaute über ihre Schulter und warf Rand einen kurzen Blick zu. Dann raffte sie ihre Röcke und rannte hinterher.
Rand umklammerte seine Muskete, die er in letzter Zeit niemals aus den Augen ließ, etwas fester. Mit der anderen Hand tastete er nach dem Messer, das in einer Lederscheide an seinem Gürtel steckte. Vielleicht war seine Besorgnis übertrieben. Aber er wusste von Talmadges Gaunereien. Und die Konfrontation mit Max von Schnell hatte ihn in seinem Misstrauen gegen den Mann bestätigt.
Vorsicht ist besser als Nachsicht...
Nach wenigen Sekunden holte er Cait ein, der Kolben sei-ner Waffe sank ins Gras. Aber er behielt den Lauf in der Hand. »Da wären wir also.«
»Die Landkarte gibt uns verschiedene Hinweise. Auf dieser Seite des Berges, unterhalb des Gipfels, muss sich das Versteck befinden. Gestern fanden wir den ersten Anhaltspunkt, einen pilzförmigen Felsen. Und Vater bat Max von Schnell, eine Furche im Krater des
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