Tanz um Mitternacht
erstarrte er. Sie stand nur wenige Schritte entfernt, an Phillip Rutherford gepresst, der ihren Hals im Würgegriff umschlang und eine Pistole an ihre Schläfe hielt.
Sekundenlang konnte Rand kaum atmen. Damit hatte er nicht gerechnet. Eine Attacke vor aller Augen sah dem Baron nicht ähnlich. Bei seinen früheren dunklen Machenschaften war der Schwindler und Dieb immer nur mit List und Tücke vorgegangen, nicht mit roher Gewalt. Kalte Angst um Caits Leben ließ Rand erschauern.
Offenbar war Talmadge des Wartens müde und fest entschlossen, endlich die Initiative zu ergreifen. Während Rand seine Möglichkeiten überdachte, glitt sein Blick zur Muskete, die an einem Baumstamm lehnte, etwa vier Fuß entfernt - zu weit, um ihm zu nützen.
Die Augen zusammengekniffen, beobachtete er den Ba-ron und wünschte ihn zur Hölle. Diesen Hurensohn hätte er schon damals töten müssen, nachdem ihm klar geworden war, wer den Tod seines jungen Vetters verschuldet hatte.
»Nun, Gentlemen...« Alle Anwesenden hingen erstarrt und wie gebannt an Phillip Rutherfords Lippen. Nie zuvor hatte Rand ein so bösartiges Lächeln gesehen. »Hier werden sich unsere Wege trennen.«
Donovan Harmon blinzelte verwirrt, als würde er seinen Augen nicht trauen. »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«
»Das würden Sie niemals verstehen, Professor. Ich nehme mir einfach nur, was mir gehört - was ich nach all den endlosen Monaten auf dieser verdammten Insel verdient habe. Ihnen mag diese Lebensweise gefallen, mein Freund - mir nicht. Wenn Sie jetzt so freundlich wären, mir die Halskette auszuhändigen, wird niemand Schaden nehmen.«
Herausfordernd trat Sir Monty einen Schritt vor, das Gesicht hochrot - diesmal nicht vom Fieber erhitzt. »Was hätten Sie davon? Sie können die Kette stehlen. Aber es wird Ihnen nicht gelingen, die Insel mit Ihrer Beute zu verlassen.«
»Wirklich nicht?«, entgegnete Talmadge und hob spöttisch die Brauen.
»Was haben Sie mit Cait vor?«, fragte Rand mit leiser, sanfter Stimme, die umso gefährlicher klang. Verzweifelt starrte er seine Frau an und verfluchte sich selbst, weil er sie für einen kurzen Moment aus den Augen gelassen hatte. Sie war so blass, dass die Sommersprossen auf ihrer Nase deutlich zu sehen waren. Aber sie hatte die Beine leicht gespreizt. Sprungbereit, alle Muskeln angespannt, schien sie eine Chance zur Flucht abzuwarten. Besorgt betete Rand, sie möge sich zu keinem unbedachten Wagnis hinreißen lassen.
»Ach ja, Caitlin...« Der Baron lächelte selbstgefällig. Mit jeder Sekunde wuchs Rands Hass gegen ihn. »Als liebender Ehemann sorgen Sie sich natürlich um Ihre schöne Lady.
Selbstverständlich wird sie mich begleiten, Euer Gnaden...« Rand rang nach Luft, und Cait wurde noch bleicher. »Falls Ihnen Caitlins Leben lieb ist, sollten Sie den Professor auffordern, mir die Kette zu übergeben.«
Der alte Mann hatte die Segeltuchklappe seines Ranzens bereits hochgehoben. Nun nahm er hastig die Halskette heraus, die er sorgsam in ein leinenes Tuch gewickelt hatte.
»Sehr gut«, lobte Talmadge. »Kommen Sie zu mir, ganz langsam. Offnen Sie mein Jackett und stecken Sie die Kette in die Innentasche.«
Donovan Harmon gehorchte. Vorsichtig ließ er den kostbaren Schatz in die Tasche des Barons gleiten.
»Besten Dank, Professor. Jetzt muss ich mich leider verabschieden, Gentlemen.« Grinsend nickte Talmadge den Männern zu, wich zurück und zog Cait mit sich. »Bleiben Sie stehen, bis wir uns in sicherer Entfernung befinden. Wenn einer von Ihnen auch nur einen Finger rührt, wird Caitlin sterben.«
Erbittert begann sie sich zu wehren, zerrte an dem Arm, der ihren Hals umklammerte, und versuchte, gegen Rutherfords Schienbeine zu treten. »Tu, was er sagt, Cait!«, rief Rand und hoffte, sie würde ausnahmsweise auf ihn hören. »Dann wird er dich verschonen...« Ein eisiger Blick streifte den Baron. »Nicht wahr, Talmadge?«
Jetzt mischte sich unverhohlene Lüsternheit in das höhnische Lächeln. »Gewiss. Caitlin und ich werden unsere Freundschaft sogar noch vertiefen.«
Von hilflosem Zorn erfüllt, biss Rand die Zähne zusammen. Am liebsten hätte er Talmadge mit bloßen Händen erwürgt.
Schritt für Schritt trat Talmadge mit seiner Gefangenen zurück. Der Weg über den steilen Hang war schon unter günstigen Bedingungen schwer zu bewältigen. Im Rück-wärtsgang, Cait an sich gepresst, musste der Baron mit jedem Fuß mühsam Halt suchen. Immer weiter entfernte sich Cait von ihrem
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