Tanz um Mitternacht
nächsten Vorlauf abzukühlen.
Beunruhigt runzelte Beldon die Stirn und stand auf. »Er hinkt! Da ist irgendwas passiert.« Ohne eine weitere Erklärung abzugeben, eilte er davon.
Cait sah ihn auf die Reitknechte und Trainer zugehen, die neben den Pferden standen. Verwirrt wandte sie sich zu Elizabeth und Lord Ravenworth. »Falls Sir Harry tatsächlich hinkt, habe ich nichts davon bemerkt. Wie konnte Beldon das aus der Ferne feststellen?«
»Weil er seine Pferde kennt.« Mit schmalen Augen verfolgte Ravenworth die Szene am Ende der Rennbahn. »Und wenn er mit Problemen rechnet, täuscht er sich ganz sicher nicht.«
Nun verließ auch Lord Mountriden die Tribüne, gesellte sich zu der Gruppe und diskutierte mit dem Duke. Offensichtlich waren die Besitzer der beiden Pferde verschiedener Meinung. Nervös kaute Cait am Rand eines ihrer Glacehandschuhe. Was immer da unten geschah, Beldon schien sich zu ärgern. Schließlich kehrte er zur Haupttribüne zurück, ging aber an den Plätzen seiner Begleitung vorbei, als wäre sie nicht vorhanden, und näherte sich einem Mann, der in einer anderen Reihe saß. Verwundert schaute Cait ihm nach.
»Jetzt redet er mit Lord Whitelaw«, teilte Ravenworth ihr mit. »Dieser Gentleman verwaltet die Wetteinsätze.«
Ein paar Minuten später brachte der Duke dem Earl of Mountriden ein Kuvert und suchte seinen Platz auf. »Fahren wir nach Hause. Heute wird kein Rennen mehr stattfinden.«
»Wie schade!«, klagte Elizabeth enttäuscht. »Gerade wollte ich meinen Einsatz erhöhen.«
»Was ist mit Sir Harry geschehen?«, fragte Cait besorgt.
»Sir Harry?« Verblüfft erwiderte Beldon ihren Blick. »Dem geht’s großartig.«
»Vorhin sagten Sie, er würde hinken.«
Behutsam strich er mit einem Finger über ihr Kinn, und ein sonderbarer Schauer durchströmte ihren Körper. »Nicht Sir Harry, meine Liebe. Chimera muss sich nach der letzten Kurve eine Sehne gezerrt haben.«
»Chimera?« Suchend schaute sie sich nach dem schönen Rappen um. »Kein Wunder, dass ich nichts bemerkt habe... Ich nehme an, Lord Mountriden musste die nächsten Rennen absagen.«
Der Duke schüttelte den Kopf. »Dazu habe ich mich entschlossen. Chimera gehört zu den besten Rennpferden, die ich jemals gesehen habe, und Mountriden hätte ihn zu Schanden reiten lassen, nur um den Sieg zu erringen. Das wollte ich verhindern.«
Durfte sie ihren Ohren trauen? Ihr Herz schien zu schmelzen. Verzichtete er tatsächlich auf zehntausend Pfund, um ein Pferd vor einer schlimmen Verletzung zu bewahren? Und der Rappe gehörte nicht einmal ihm. »Wenn Mountriden ihn woanders ins Rennen schickt...«
»Das darf er nicht tun. Ich habe ihm den Gewinn unter der Bedingung überlassen, dass Chimera mindestens zwei Monate lang nicht mehr an den Start geht. Dann wird der heutige Vorlauf wiederholt, und die Leute müssen neue Wetten abschließen.«
Durch gesenkte Wimpern betrachtete Cait sein markantes Profil und erinnerte sich an Elizabeth Warrings Bemerkung, Rand sei sehr feinfühlig. Das hatte er an diesem Tag bewiesen. Man musste schon einen ganz besonderen Charakter besitzen, um zehntausend Pfund, die man zweifellos gewonnen hätte, einem anderen zu überlassen.
»Nun, was meinen Sie, Cait?« Elizabeth drückte ihre Hand. »Haben Sie Ihr erstes Pferderennen genossen?«
»Wie ihr Briten euch ausdrücken würdet - es war ganz große Klasse«, antwortete Cait lächelnd.
Elizabeth lachte, und der Duke stimmte ein. Dann begleitete er Cait zur Kutsche. Wieder einmal spürte sie seinen forschenden Blick. »Bevor ich gehe, muss ich noch einiges erledigen, meine Liebe. Später fahre ich mit Nick, und wir treffen die Damen in meinem Stadthaus.« Er zog ihre Hand an die Lippen, und die sanfte Berührung ließ ihr Herz erneut höher schlagen. »Lange wird’s nicht dauern, Cait.« Um ihrem Beispiel zu folgen, redete er auch sie mit ihrem Vornamen an. »Das verspreche ich Ihnen.«
Weil ihre Stimme versagte, nickte sie nur. An diesem Tag hatte sich irgendetwas zwischen ihnen geändert - etwas, das bis ins Zentrum ihrer weiblichen Gefühle drang.
In einem Teil ihres Gehirns, der immer noch klar denken konnte, ertönten Alarmglocken. Aber darauf wollte sie nicht hören.
4
Nick Warring stand neben Rand Clayton und beobachtete, wie seine Frau und Caitlin Harmon davonfuhren. Auch der Duke schaute Elizabeths eleganter Kutsche nach, bis sie aus seinem Blickfeld verschwand.
»Nimm dich in Acht, mein Freund!«, mahnte Nick. »Du zeigst deine
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