Tanz um Mitternacht
kleinen Treuhandfonds von ihrer Großmutter geerbt, den sie für ihre Garderobe und diverse Nebenkosten verwendete. Oder sie unterstützte ihren Vater, wenn er in finanzielle Schwierigkeiten geriet - was viel zu oft geschah. Dieses monatliche Einkommen bot ihr einen gewissen Rückhalt in ihrem unsicheren Leben.
In einem gelben Seidenkleid mit passendem Pagodenschirm spazierte sie mit ihren Freundinnen die dicht bevölkerte Bond Street entlang, mehrere Päckchen unter den Armen.
Nachdem sie im August Tea Shop, einem gemütlichen kleinen Restaurant an einer Ecke der Oxford, zu Mittag gegessen hatten, erklärte Elizabeth: »Nun müssen wir etwas erledigen. Ich habe eine Nachricht für Nick von einem Freund, und er ist gerade in der Nähe.« Lächelnd fügte sie hinzu: »Außerdem wird’s Cait amüsieren.«
Sie verzichteten auf die Kutsche, die bereits mit Einkäufen beladen war, kehrten in die Bond Street zurück und gingen zu einem Ziegelgebäude. Über der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift »Gentleman Jackson’s Parlour«.
Unbehaglich blieb Maggie vor dem Eingang stehen. Aber Elizabeth lachte nur. Sobald Cait den Raum mit der hohen Decke betreten hatte, verstand sie Maggies Zögern. Verblüfft beobachtete sie die halb nackten, verschwitzten Männer, die einander mit Fäusten bearbeiteten.
»Da sind Nicky und Rand«, wisperte Maggie und deutete zu einer Plattform am anderen Ende des Raums, die mit Seilen abgegrenzt war. Darauf tänzelten zwei Männer mit nackten Oberkörpern umher, duckten sich nach rechts oder links und versuchten, einander niederzuschlagen. Zumindest gewann Cait diesen Eindruck.
»Großer Gott...« Mehr fiel ihr nicht ein, und sie staunte, weil ihr die Stimme überhaupt gehorchte.
»Die beiden bekämpfen sich«, erklärte Elizabeth überflüssigerweise. »Mindestens ein Mal pro Woche kommen sie hierher, um zu boxen und ihre körperlichen Fähigkeiten zu verbessern.«
Mit großen Augen beobachtete Caitlin die Sparringspartner und wusste, wie unschicklich sie sich benahm. Doch sie konnte nicht anders. Nick Warring war phantastisch gebaut, groß und schlank, mit dunkler Haut und gut ausgebildeten Muskeln. Aber es war der andere Mann, der ihre Aufmerksamkeit fesselte. Noch größer als Lord Ravenworth und kräftiger, mit breiten Schultern und sehnigen Armen, glich Rand Clayton einer griechischen Statue. Glänzender Schweiß bedeckte seine Haut, und das feuchte braune Brusthaar schimmerte im Licht der Laterne, die über dem Ring hing.
Als er den Kopf hob und Cait in ihrem hellgelben Kleid entdeckte, hielt er inne. Sie hätte schwören können, dass Lord Ravenworth spöttisch grinste, bevor seine Faust das Kinn des Dukes traf.
»Oh, ich glaube, du hast Rand abgelenkt, Cait«, bemerkte Elizabeth und brach in schallendes Gelächter aus.
»Darüber wird er sich maßlos ärgern.« Besorgt musterte Maggie ihren Bruder, der für den unfairen Schlag büßen und seinerseits einen Kinnhaken einstecken musste.
In diesem Augenblick erklang eine Glocke und beendete die Runde. Die Boxhandschuhe beider Männer berührten sich, und Cait sah sie grinsen. »Anscheinend sind sie unverletzt.« Wieder einmal schlug ihr Herz wie rasend - nicht, weil sie sich irgendwie überanstrengt hätte. Was ihren Puls beschleunigte, war einzig und allein die maskuline Schönheit des halb nackten Dukes, der ihr vom Ring aus zulächelte.
Seufzend verdrehte Maggie die blauen Augen. »Ein Wunder, dass sie einander nicht bewusstlos geschlagen haben!
Wenn man Fausthiebe im Gesicht genießt, kann man nicht ganz richtig im Kopf sein.«
»Ganz meine Meinung«, stimmte Elizabeth zu. »Aber der eine ist mein Mann, und der andere ist mein Freund. Also werde ich ihnen verzeihen.«
Rand duckte sich unter einem der Seile hindurch, die den Ring umgaben, nahm ein leinenes Handtuch von einem Stuhl und schlenderte zu den Damen. Fasziniert betrachtete Caitlin sein hartes Fleisch, die unglaublich kraftvollen Schultern, den flachen Bauch und die schmalen Hüften. Unter einer hautengen Strumpfhose zeichneten sich die Muskeln seiner Waden und Oberschenkel ab - und das ausgeprägte Merkmal seiner Männlichkeit. Dort verweilte ihr Blick viel länger, als es Sitte und Anstand erlaubten. Brennend färbte das Blut ihre Wangen, und sie senkte hastig die Wimpern. Dann schaute sie den Duke wieder an, las unverhohlene Belustigung in seinen Augen - und noch etwas anderes, eine intensive Glut. Offensichtlich hatte er ihr Interesse an jenem
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