Tanz um Mitternacht
zwischen Sorge und der Erleichterung, die er nun empfand, weil sich seine Eifersucht als unbegründet erwies. Zumindest vorerst...
Schließlich siegte die Sorge. Wenn sie nicht mit St. Anthony zusammen war - wo trieb sie sich herum?
Er befragte die anderen Lagerbewohner. Aber sie hatten Cait schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.
»Am frühen Abend hat sie sich einen Korb ausgeliehen«, erklärte Hester Wilmot, eine temperamentvolle Frau mit Hängebäckchen und breiten Hüften. »Sie wollte Trauben pflücken. Das macht sie fast jeden Tag. Kein Grund zur Sorge, Euer Gnaden. Bevor es dunkel wird, ist sie sicher wieder da.«
Trotzdem wuchs seine Angst. Sein sechster Sinn ließ ihm keine Ruhe. Und dieses Gefühl ignorierte er nur selten. »Wo erntet sie diese Trauben?«
»Etwas weiter unten am Strand, in der benachbarten Bucht. Da hängt der wilde Wein über eine Klippe herab.«
Jetzt verstärkte sich seine innere Anspannung. Irgendetwas an dem Wort »Klippe« missfiel ihm. »Danke, Mrs. Wilmot, ich werde sie suchen.«
Hester Wilmots Blick besagte, dass er nur seine Zeit verschwendete. Seufzend wischte sie sich die Hände an ihrer Schürze ab und begann wieder in ihrem großen Suppenkessel zu rühren.
Während er den Strand entlangrannte, verfluchte er seine übertriebene Besorgnis und sagte sich, Cait sei durchaus fähig, auf sich selber aufzupassen. Sicher regte er sich grundlos auf. Aber er musste an das Baby denken. Außerdem wollte er die Chance nutzen, Caitlin allein anzutreffen.
Wäre er nicht so beunruhigt gewesen, hätte er eventuell gelächelt. Vielleicht konnte er da weitermachen, wo er aufgehört hatte, bevor er aus ihrem Zelt geflohen war. Und wenn ihn das Glück begünstigte, würde sich endlich die Gelegenheit bieten, die er schon so lange herbeisehnte.
Am Vorgebirge angelangt, das die beiden Buchten trennte, sah er die Wellen der Flut heranrollen. Um die andere Seite des Felsens zu erreichen, musste er durchs knietiefe Wasser waten. Auch Cait würde nichts anderes übrig bleiben, wenn sie den Rückweg antrat.
Dieser Gedanke bedrückte ihn. Immer höher stiegen die Wogen empor, und Cait war nicht besonders groß. Ein falscher Schritt, und sie konnte im Meer versinken. Zum Teufel mit der kleinen Hexe... Wenn sie leichtsinnig genug war, um sich selbst in diese Gefahr zu bringen, müsste sie wenigstens an das Baby denken.
Wütend verfluchte er Cait und alle eigensinnigen Frauen, schlüpfte aus seinen Stiefeln und stellte sie auf einen kleinen Felsblock, krempelte die Hosenbeine hoch und watete ins Wasser. Als eine Welle heranrauschte, umspülte sie beinahe seine Oberschenkel.
Nun machte er sich ernsthafte Sorgen. Cait mochte dickköpfig und ein bisschen leichtfertig sein, aber sie war nicht dumm. Niemals würde sie absichtlich ein solches Risiko eingehen. Also musste ihr etwas zugestoßen sein.
»Cait!«, überschrie er die donnernde Brandung. »Hörst du mich?« So schnell wie möglich watete er um das Vorgebirge herum und eilte den Strand hinauf. »Caitie! Wo bist du?«
Angespannt lauschte er. Nichts.
»Antworte doch, Cait!« Sein Blick suchte die Klippen ab, und er sah die üppigen Weinranken, die vom oberen Rand herabhingen. Allmählich verdichtete sich das Dunkel, und die Felsen zeichneten sich nur mehr als verschwommene schwarze Umrisse vor dem Abendhimmel ab. Verdammt, wie sollte er Cait finden? Angstvoll kniff er die Augen zusammen. Da - eine Silhouette auf einer schmalen Kante - das musste sie sein. Er glaubte, ihren braunen Rock zu erkennen, der im Wind flatterte, auf halber Höhe des Steilhangs.
Beinahe geriet er in Panik. Sie rührte sich nicht. Allmächtiger, lass nicht zu, dass sie verletzt ist - oder... Rand zwang sich zur Ruhe. Vorsichtig stieg er die Felswand hinauf, hielt sich an Vorsprüngen fest und achtete darauf, wohin er seine nackten Füße stellte. Er wünschte, er würde seine Stiefel tragen. Endlich erreichte er die Kante, auf der Caitlins regloser Körper lag. Leichenblass hob sich ihr Gesicht vom schwarzgrauen Vulkangestein ab.
Eisige Kälte schien Rands Herz zu umklammern. Ein paar Sekunden lang fiel ihm das Atmen schwer. Mühsam sog er die frische, belebende Meeresluft in seine Lungen. Jetzt durfte ihn die Angst nicht überwältigen, er musste einen klaren Kopf behalten. »Caitlin?« Er kniete neben ihr nieder und drückte ihre Hand. »Hörst du mich?«
Nach einer Weile flatterten ihre Lider, und sie öffnete die Augen. »Rand...?« »Bist du verletzt?«
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