Tanz um Mitternacht
Entschlossen verbarg er seine Sorge. »Sag mir, wo’s wehtut.«
»Mein Kopf...«, würgte sie hervor. »Ich - ich muss mir den Kopf angeschlagen haben.«
»Bist du die Klippe herabgestürzt?«, fragte er voller Angst um Cait und sein ungeborenes Kind.
»Plötzlich gab ein Felsbrocken unter mir nach, und ich rutschte aus... Allzu tief bin ich nicht gefallen. Nur mein Kopf...«
»Beweg dich nicht, ich will feststellen, ob du dir was gebrochen hast.« Hastig tastete er ihre Glieder ab. Alles in Ordnung. Erleichtert seufzte er.
»Rand, die Flut!« Erschrocken fuhr sie hoch, viel zu schnell, und schnitt eine Grimasse, als ein heftiger Schmerz durch ihre Schläfen fuhr. Behutsam legte er sie auf den Felsboden zurück. »Wir müssen weg von hier, Rand, bevor die Flut noch weitersteigt.«
»Natürlich, Liebes. Versuch dich aufzusetzen. Ganz langsam. Wirst du’s schaffen?«
»Ja, ich glaube schon...« Unter merklichen Qualen richtete sie sich auf. Und dann lächelte sie. Da konnte Rand nicht anders - er neigte sich vor und küsste sie.
»Komm, klettern wir hinab.«
Er zog sie auf die Beine. Schon beim ersten Schritt taumelte sie und er hielt sie fest.
»So ein Pech!«, klagte sie. »Ich fürchte, ich habe mir einen Knöchel verstaucht.«
Leise fluchte er und hoffte, sie würde es nicht hören. »Kein Grund zur Aufregung. Es wird nur ein bisschen länger dauern. Stütz dich auf mich.«
Vorsichtig half er ihr, den steilen Hang hinabzusteigen. Als sie den Boden am Fuß der Klippe erreichten, lehnte sie sich zitternd an Rand, und er hob sie hoch.
»Halt dich an meinem Hals fest. Lass mich nicht los, dann werde ich dich wohlbehalten ins Lager bringen.«
Sie klammerte sich gehorsam an ihn, und er spürte die Wärme ihres Körpers, roch die salzige Gischt in ihrem Haar. Fürsorglich drückte er sie an sich und dankte dem Himmel für seinen Instinkt, der ihn bewogen hatte, nach ihr zu suchen.
Aber die Zeit lief ihm davon. Am Vorgebirge, das die beiden Buchten trennte, stellte er fest, wie hoch die Flut inzwischen gestiegen war. »Ich fürchte, wir werden ziemlich nass.«
Krampfhaft umschlang sie seinen Hals. »O Rand, ich fürchte mich - ich kann nicht gut schwimmen.«
»Vertrau mir.« Irgendwie brachte er ein zuversichtliches Lächeln zustande. »In meiner Obhut droht dir keine Gefahr.«
»Aber das Wasser...« Entsetzt beobachtete sie die rauschende Brandung, die weißen Schaumkronen. »So hoch war’s noch nie...«
»Keine Bange, Caitie, wir werden’s schaffen. Das verspreche ich dir. Halt dich einfach nur fest und genieß unser Abenteuer.«
Immer tiefer watete er ins Meer, bis es seine Brust erreichte und die Wellen in sein Gesicht schlugen. Er spürte, wie Cait zitterte, wie sich ihr Körper anspannte. Bedächtig setzte er einen Fuß vor den anderen, stemmte sich gegen die Wogen, bekämpfte ihren Sog und rang mit aller Kraft um sein Gleichgewicht. Als er das Vorgebirge umrundet hatte und über den trockenen Sand auf der anderen Seite stapfte, fühlten sich seine Muskeln wie Pudding an, und er war völlig erschöpft.
Dankbar rang er nach Atem, setzte Caitlin auf den Boden, in sicherer Entfernung vom Ufer, und sank neben ihr in den weichen Sand.
»Wir haben’s geschafft«, seufzte sie erleichtert.
»Wie geht’s deinem Kopf?«
»Er tut höllisch weh. Aber ich glaube, die Schmerzen werden bald nachlassen.«
»Und der Knöchel?«
Vorsichtig tastete sie ihren Fuß ab und stöhnte leise. »Nur eine leichte Verstauchung. Ich bin zwar kein Doktor, aber ich glaube, in ein paar Tagen kann ich wieder laufen.«
»Hast du dich bei deinem Sturz noch irgendwo anders
verletzt?«
Verwundert starrte sie ihn an. »Nein...«
»Verdammt, Cait«, stieß er hervor und strich sich die nassen braunen Locken aus der Stirn, »du hättest nicht da hinaufklettern dürfen. Wenn ich nicht gekommen wäre...«
Sie schaute zum Horizont, wo die letzten Sonnenstrahlen das Meer violett färbten. »Wieso wusstest du, wo ich war?«
»Das hat mir Mrs. Wilmot erzählt.«
»Und warum bist du mir gefolgt?«
»Weil ich mir Sorgen gemacht habe. Nicht einmal du bist unverwundbar. Obwohl du’s vielleicht glaubst...«
»Danke, Rand.« Cait ergriff seine Hand. In ihren nassen Kleidern zitterte sie vor Kälte, und seine Finger schienen sie zu wärmen. »Wahrscheinlich hast du mir das Leben gerettet.«
Er wollte sie umarmen und ihr versichern, er würde sie immer und überall beschützen. Aber es war nicht der richtige Zeitpunkt - und der
Weitere Kostenlose Bücher