Tanz um Mitternacht
pflegten ohnehin daheim zu bleiben. Keine Vorträge im Britischen Museum. Und schon gar keine extravaganten Schmähreden gegen angebliche Vergehen, die er selbst verübte. Dazu gehörte zum Beispiel seine wertvolle Jadesammlung. Oder seine Privatsammlung alter römischer und griechischer Büsten.
»Unglaublich!«, hatte Cait beim Anblick der schönen chinesischen Jadestücke im orientalischen Salon seines Londoner Hauses gerufen. »Diese großartigen Kunstwerke versteckst du in diesen Vitrinen? Obwohl du weißt, wie ich über solche Dinge denke, hast du nie ein Wort gesagt!«
»Gerade deshalb«, entgegnete er grinsend.
»Oooh, du bist ein einziges Ärgernis!«
»Du etwa nicht? Wenn unser Sohn geboren ist, werde ich dich für all die schlaflosen Nächte bestrafen, die du verschuldest. Wozu ich übrigens auch die jetzigen Nächte rechne, die wir nicht im selben Bett verbringen.«
Da war sie zauberhaft errötet, und Rand hatte zum hundertsten Mal überlegt, welch großen Teil seines Herzens sie besaß. Um sich die Wahrheit einzugestehen - er betete sie an. Auch das gehörte zu den Gefühlen, die ihm Angst einjagten. In seinem Bekanntenkreis gab es - von Nick Warring abgesehen - keine Männer, die so viel für ihre Ehefrauen empfanden.
Sicher würde ihn sein Vater auslachen und für verrückt erklären. »Die Frauen sind dazu da, einen Mann gelegentlich zu amüsieren, ihm Söhne zu schenken - das ist alles, wozu sie gut sind. Wer das vergisst, ist kein Mann.«
Und wie viel ihm das Kind bedeutete... Schon jetzt betrachtete er den kleinen Jonathan Randall - so sollte das Baby heißen, wenn es ein Junge war, woran Rand nicht zweifelte - als vollwertiges Familienmitglied. Manchmal ge-
wann er beinahe den Eindruck, sein Erbe würde bereits in der Wiege oben im Kinderzimmer liegen, eine winzige dunkelhaarige Version von ihm selbst. Oder vielleicht mit den Sommersprossen und feuerroten Locken seiner Mutter... Jedenfalls würde der Bursche so klug sein wie Cait und so stark wie sein Vater.
Bei diesem Phantasiebild musste Rand lächeln. Am liebsten hätte er ein ganzes Haus voller Kinder... Abrupt erlosch sein Lächeln.
Was zum Teufel dachte er da? Es war Frauensache, von Babys zu schwärmen und sich wie liebeskranke Schwachköpfe aufzuführen. Als er sich vorstellte, was sein Vater zu alldem sagen würde, erschauerte er.
»Rand? Bist du das?« Cait kam aus dem Kinderzimmer und beugte sich über das Geländer am Treppenabsatz. Atemlos schaute er in ihre strahlenden Augen. Verdammt, wie schön sie war! Während sie sein Kind erwartete, sogar noch schöner denn je. Mit ihrem klaren Teint und den rosigen Wangen sah sie so attraktiv aus wie nie zuvor. Zumindest nach seiner Ansicht. »Hilf mir doch, die Farbe für die Vorhänge auszusuchen. Der Dekorateur findet die Seide, die mir gefällt, zu hell. Sag mir, was du davon hältst.«
Diesen Gefallen hätte er ihr gern erwiesen. Er besaß einen ausgeprägten Farbensinn. Deshalb hatte er in seiner Kindheit so oft gemalt und Farben verwendet, um die Welt so darzustellen, wie er sie sah - leuchtend und wunderschön. Seiner Kunst wäre er auch später treu geblieben, hätte es der Vater nicht verboten.
Nun schüttelte er den Kopf. »Leider musst du ohne mich auskommen. Ich habe in meinem Arbeitszimmer zu tun.«
Natürlich stimmte das. Irgendetwas gab es immer zu erledigen. Aber in Wirklichkeit fürchtete er Caits Nähe. Mit jedem Tag, den er in ihrer Gesellschaft verbrachte, mit jeder
Stunde und Minute wuchs ihre Anziehungskraft. Würde er ihretwegen noch den Verstand verlieren und sich in einen lächerlichen Weichling verwandeln ? Würde er sie tatsächlich lieben ?
Nein, das durfte nicht geschehen.
Durch das Fenster des Roten Zimmers sah Cait ihren Mann mit dem Gärtner sprechen, dem er gerade erklärte, wie der Garten überwintern sollte.
»Darum hätte ich mich schon längst kümmern müssen«, hatte er ihr letzten Abend beim Dinner erklärt, zur einzigen Tageszeit, wo sie mit seiner Anwesenheit rechnen durfte. »Aber ich lasse den winterlichen Garten jedes Jahr etwas anders herrichten. Und da ich diesmal verreist war und keine Anweisungen hinterließ, hat mein Gärtner nichts unternommen.«
Auch der Gartenbau gehörte zu seinen zahlreichen Interessen, wie die Poesie und die Vogelwelt. Cait lächelte nur, als er die Hecke erwähnte, die er bestellt hatte - in der Form eines Leoparden zurechtgestutzt. Letztes Jahr war es ein riesiger Bär gewesen. An diesem Morgen hatte
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