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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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Schau dir das an: ein goldener Zigarrencutter.« Er leuchtete mit der Taschenlampe darauf.
    Samuel wusste nicht, was das war und was man damit machte, aber es blitzte und sah geheimnisvoll aus.
    »Ne goldene Streichholzschachtel, wer braucht so was? Manschettenknöpfe aus Türkis.« Adam drehte die Dinge in den Fingern. Aus seinen Taschen brachte er einen Ring zum Vorschein. »Ein Saphir.« Er zog an einer Kette eine Uhr heraus. Im Taschenlampenlicht blitzte sie. »Diese Uhr mit der dicken Kette, alles Gold – die ist sicher zweihundertfünfzig Dollar wert.«
    Obwohl es gestohlen war, freute sich Samuel über die Beute, er fühlte sich, als hätte er ein gelungenes Bild gemalt oder wäre mit einer besonders guten Zensur nach Hause gekommen. Das verwirrte ihn.
    Adam las die Uhrzeit. »Kurz nach zwölf. Die Titanic legt frühestens in einer Stunde ab. Gehen wir zum Schutzdeck, da gibt es einen Herrn Rothschild in Kabine C95. Und Thomas Pears, den Erben des Seifenimperiums, in Kabine C2. Ergiebig könnte auch C83 werden, Henry Harris. Dem gehörten mehrere Theater am Broadway.«
    »Woher wissen Sie das alles?«, fragte Samuel.
    Adam ließ die Beutestücke in seinen Taschen verschwinden. Er zog eine grüne Broschüre hervor, auf der ein großer weißer Stern prangte. »Das Ding wird überall verteilt, die White Star Line macht regelrecht Werbung damit.«
    »Was steht da drin?«
    »Das sind die Namen der Passagiere erster und zweiter Klasse. Vorbereitung ist alles in meinem Gewerbe.«
    »Steht auch mein Name drin?«
    Adam blätterte, dann zeigte er Samuel die Zeile, in der sein Name stand. Es erfüllte Samuel mit Stolz.
    Er konnte nicht anders, als Adam für seine Ruchlosigkeit zu bewundern. Der Mann war ja kein Räuber, der anderen einen Knüppel überzog – er nahm nur denen etwas weg, die zu viel hatten. »Haben Sie sich nie geschämt, ein Dieb zu sein?«, fragte er ihn.
    »Ach was. Die Reichen sollten sich schämen für ihre Raffgier.« Adam spähte durchs Schlüsselloch. Shit! , fluchte er. »Dieser John Weir ist zurück, und er hat den Diebstahl bemerkt. Jetzt schickt er die Crew auf die Suche nach uns. Der war früher Colonel bei der Armee, er weiß, wie man jemanden aufspürt. Verflucht!«
    Er zerrte sich die Beutestücke aus den Taschen. »Wenn die mich mit dem Zeug erwischen, bin ich geliefert. Hier.« Er drückte Samuel die Uhr, die Ringe und Halsketten in die Hand. »Bewahre das für mich auf.«
    »Können wir es nicht hier verstecken?«
    »Nein. Wir müssen raus, die gehen die Kammern durch. Wenn sie uns gleich laufen gesehen haben, durchsuchen sie die hier besonders gründlich.«
    »Und wenn sie mich fangen?«
    Er stopfte Samuel weiteren Schmuck in die Taschen. »Ich laufe zuerst los. Sobald sie mir nachjagen, guckt keiner mehr auf die Tür. Dann spazierst du einfach raus und gehst in die andere Richtung.«
    Er kämpfte mit den Tränen. »Ich will die Sachen nicht haben. Sie werden denken, ich hätte das geklaut.«
    »Keiner denkt das. Wenn sie dich kriegen sollten, sagst du, du hast das Zeug hier gefunden. Aber sie kriegen dich nicht. Zähl bis zehn, dann gehst du raus und nach links.« Er wendete sich zur Tür um, holte Atem wie ein Sportler vor dem Sprint. Er zischte: »Scheiße, ihr Drecksäcke!« Adam öffnete die Tür und schloss sie hinter sich wieder.
    Eins.
    Draußen rief jemand etwas.
    Zwei.
    Schritte polterten vorüber.
    Drei. Vier.
    Wieder Schritte und laute Rufe, Drohungen.
    Fünf. Sechs. Sieben. Acht.
    Ein Mann rief einen Befehl, das war bestimmt der Colonel, er hatte eine schneidende Stimme wie ein General.
    Neun. Zehn.
    Samuel zitterte. Er wollte nicht da rausgehen. Aber hier bleiben durfte er auch nicht, Adam hatte gesagt, sie durchsuchten die Kammern, eine nach der anderen. Samuel schob die Beutestücke tief in die Taschen. Was nicht hineinpasste, steckte er sich ins Hemd, die Uhr, einige Ketten. Er spürte sie kalt an seinem Bauch.
    Er sah durchs Schlüsselloch. Das ließ ihn nur einen Teil des Flurs erkennen. Er öffnete sie um einen Spalt. Rechts stand ein grauhaariger Mann mit kerzengeradem Rücken, der die Fäuste ballte, noch weiter hinten rannten Crewmitglieder. Samuel schlüpf te aus der Tür, schloss sie leise und ging nach links.
    Er durfte die Sachen nicht in ihrer Kabine verstecken. Der Kaugummimann hatte ihn heute mit Adam zusammen gesehen. Wenn sie nachforschten und ihn entdeckten, würden sie womöglich die Familienkabine durchsuchen.
    Wo sollte er hingehen?
    Samuel irrte

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