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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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unterbrach sie ihn. »Haben Sie sich mit Ihrer Frau versöhnt?«
    »Ich habe gesehen, was Sie da gerade getan haben.«
    »Ach. Starren Sie mir immer noch hinterher?«
    »Sie können dem Herrn nicht einfach die Uhr stehlen!«
    Nele zog ärgerlich die Brauen zusammen. »Hatte ganz vergessen, dass Sie Polizist sind. Was wollen Sie jetzt machen? Mich anzeigen?«
    »Ich schlage vor, dass Sie die Uhr zurücklegen, und wir vergessen die Sache.«
    »Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten!«
    Mit welcher Frechheit sie sich weigerte, das Unrecht wieder gutzumachen, verblüffte ihn. »Sie verlangen von mir, dass ich so tue, als hätte ich es nicht gesehen?«
    Nele fasste nach seinem Arm und schob ihn zur Reling. Die Berührung elektrisierte ihn, auch wenn er das gar nicht wollte. Sein Puls beschleunigte sich.
    Sie sagte: »Dieser Mann kann sich ohne Weiteres eine neue Uhr kaufen. Ach was, zehn Uhren!«
    »Hören Sie zu.« Es war eine Prüfung, und er war bereit, sie zu bestehen. Sie konnte noch so schön aussehen, er durfte sich nicht von ihrem Aussehen bestechen lassen. »Ich zähle jetzt bis drei. Wenn Sie die Uhr nicht zurücklegen, rufe ich einen Steward.«
    »Das werden Sie nicht tun.«
    »Eins.« Ihre Hand an seinem Arm ließ seine Knie weich werden. »Zwei. Drei.« Mit Mühe wendete er sich ab. »Steward!«, rief er.
    Einer der Stewards kam zu ihnen.
    »I saw this Lady steal that man’s watch.«
    Der Steward musterte Nele verblüfft. Offenbar konnte er nicht glauben, dass eine zarte, zauberhafte Frau wie sie eine Diebin sein sollte.
    »You will find it in her pocket, there.« Matheus wies auf die Manteltasche.
    Da zog sie die Uhr schon selbst heraus. Er hatte erwartet, einen vernichtenden, wütenden Blick von ihr zu erhalten. Aber all ihre Dreistigkeit war verflogen. Sie schaute den Steward nur traurig an.
    Der Steward nahm die Uhr. »What is your name, Sir?«
    »Matheus Singvogel.«
    »Thank you, Sir. I will come back to you.« Er legte Nele die Hand auf die Schulter. »Follow me to the Master-at-Arms.« Sie gingen fort in Richtung der Treppe.
    Das Gefühl, das Richtige getan zu haben, wollte sich nicht einstellen. Stattdessen flatterte Matheus’ Magen.
    Die Mutter kaufte ihm Kekse, vielleicht nur, um Vater zu ärgern, denn er mochte es nicht, wenn sie Geld ausgab. Es waren Bahlsen-Kekse. Aber heute schmeckten sie Samuel nicht so recht.
    In der Sonne an Deck spielten Kinder. Sie hatten mit Kreide Kästchen auf den Boden gemalt und hüpften auf einem Bein darüber, er kannte das Spiel, in Berlin spielten sie es auch. Zwei Jungs bauten mit ihren Zinnsoldaten ein Schlachtfeld auf. Sie alle redeten englisch, sie würden ihn auslachen, wenn er sie auf Deutsch fragte, ob er mitspielen durfte.
    Samuel lehnte sich an die Reling, kaute missmutig einen Keks und atmete den Duft des Meeres ein. Es roch nach Fisch. Nahe beim Schiff kam ihm das Wasser schwarz vor, und wenn er weiter in die Ferne sah, schien es blau zu sein. Die wenigen Wolken am Himmel zerfaserten wie Watte, wenn man sie lang zog.
    In jeder Himmelsrichtung reichte das Meer bis zum Horizont. Er dachte: Wie wäre das, wenn es auf der Erde gar kein Land gibt? Dann müssten wir alle auf Schiffen leben. Er versuchte, sich einzureden, dass es Deutschland nicht gab und Amerika auch nicht und dass sie auf einer nie endenden Reise über das Meer waren. Man musste in Bewegung bleiben, damit die Piraten einen nicht fanden.
    Oder was, wenn das Meer eine Badewanne war, und sie wären winzig wie ein Staubkorn und könnten das Ende der Badewanne nicht sehen? Dann passierte es vielleicht, dass sie an etwas riesigem Gelbem vorüberfuhren, zehnmal so groß wie die Titanic, und es hatte die Form einer Ente und schwamm einfach so auf dem Wasser. Er musste schmunzeln bei dem Gedanken, wie die Damen von ihren Klappstühlen aufsprangen und schrien und voller Angst auf die große Gummiente zeigten.
    »Gibst du mir ’nen Keks ab?«
    Samuel fuhr zusammen. Er sah in das knochige Gesicht mit den großen Stieraugen. »Du bist noch da!«, rief er.
    »Nicht so laut. Wir wollen doch nicht, dass der Colonel auf uns aufmerksam wird.« Adams zigarettengelbe Hand streckte sich nach den Keksen aus.
    »War es zu gefährlich in Queenstown?«
    »Ich hab einen Mordshunger.«
    Samuel gab ihm die Kekspackung.
    Der Dieb futterte gleich drei Kekse auf einmal. »Musste mich unsichtbar machen«, sagte er mit vollem Mund. Brösel fielen ihm aus den Mundwinkeln. »Der Colonel hat doch nur darauf

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