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Tanz unter Sternen

Tanz unter Sternen

Titel: Tanz unter Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Mueller
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sich auf Cäcilie und drang langsam in sie ein. Er zügelte seine Bewegungen, als wollte er ihr Zeit geben.
    Wie von einer unsichtbaren Kraft fühlte sie sich zu Lyman hingezogen, sie presste sich an ihn. Etwas baute sich in ihr auf, eine Woge, die immer größer wurde, bis sie kaum noch zu halten war. Die Welle ergoss sich in ihren Körper, wohlig und warm und berauschend.
    Dann lag Cäcilie da wie ans Ufer gespült, Lyman rollte sich von ihr herunter und hielt ihre Hand. Eine Weile noch zuckten berückende Gefühle durch ihre Glieder. Schließlich wurde es still. In die Stille hinein fragte die Vernunft: War es das wert?
    Die Wirklichkeit kehrte mit Wucht zurück. Da war das Bett, der Vorhang, der Kleiderschrank. Die Tür zum Bad stand offen. Neben ihr lag Lyman Tundale, er atmete schwer, und sie sah sein Knie, er hatte hässliche, spitze Knie, Matheus hatte schönere.
    Die Vernunft sagte: Hast du nicht gemerkt, welche Mühe sich Matheus gibt? Er fährt mit dir auf einem Luxusdampfer übers Meer, weil du es dir gewünscht hast. Er will eure Ehe retten. Und du?
    Cäcilie hatte das Gefühl, dass sie ihre Ehe in den Händen hielt wie ein zerbrechliches Gefäß aus Glas und drauf und dran war, es fallenzulassen. Vielleicht fiel es auch schon, vielleicht war das Unglück nicht mehr aufzuhalten. »Wir sind nie wieder so spazieren gegangen wie früher«, sagte sie. »Es ging nur noch darum, die Alltagsaufgaben zu erledigen, einzukaufen, zu putzen, zu waschen.«
    »So etwas passiert schnell.«
    »Ich war keine erfahrene Hausfrau, natürlich nicht. Ich musste lernen, wie man Eier in Kalkwasser einlegt, wie man Weißkraut zu Sauerkraut verarbeitet und Obst einkocht. Bald hat mich Matheus nur noch als Reinemachfrau und Waschfrau und Köchin gesehen. Ich war so enttäuscht!« Sie zog sich die Decke heran und schlüpfte darunter. »Bevor wir verheiratet waren, hat er sich von seiner Schokoladenseite gezeigt, er hat mich umworben, war charmant. Etwa zwei Jahre nach Samuels Geburt wurde er ein anderer Mann, einer, der mich für selbstverständlich genommen hat – ein Kuss zur Begrüßung, halt schön die Wohnung sauber, ich bin dann arbeiten und komme spät heim.«
    Lyman Tundale drehte sich zu ihr und stützte den Kopf auf. »Ich erzähl dir was von mir. Das ist noch trauriger. Ich habe vor vielen Jahren eine Frau verehrt, und das meine ich so, ich habe sie tief in meinem Herzen verehrt. Vanessa.« Er sprach es englisch aus. »Sie sah dir ähnlich … Wusstest du, dass Jonathan Swift diesen Namen erfunden hat, der Autor von ›Gullivers Reisen‹? Das ist zweihundert Jahre her, er hatte damals eine Geliebte, Esther van Homrigh, ihr Spitzname war ›Esse‹, er machte aus ›van‹ und ›Esse‹ Vanessa. Hat ihr Gedichte geschrieben.«
    Cäcilie spürte, dass Lyman seine Geschichte nicht zu Ende erzählen wollte, er mochte nicht darüber reden, deshalb erzählte er von Swift. »Was ist passiert?«
    »Er hat ihr das Herz gebrochen. Sie ist mit fünfunddreißig gestorben.«
    »Nein, ich meine, mit der Vanessa, die du kanntest?«
    Er schwieg. »Ich habe sie nicht bloß gekannt. Ich habe sie geliebt.« Seine Stimme war plötzlich brüchig. »Mein Bruder hat sie geschwängert, dann musste sie ihn heiraten.«
    Das war sie also, die Frau, wegen der sein Blick manchmal so verhangen war. Schon bei ihrem ersten Treffen im Café Bauer hatte sie gewusst, dass eine Frau ihn verletzt haben musste.
    »Hat sie deinen Bruder geliebt?«
    »Wie mich? Nein.«
    »Dann ist es tatsächlich eine traurige Geschichte.«
    »Er ist mit ihr nach Deutschland gegangen. In jedem Brief schimpft er auf die Briten. Er sagt, dass Vanessa sich in Stuttgart wohlfühlt. So schlecht kennt er sie.«
    »Und du bist ihnen hinterhergezogen? Oder warum lebst du in Deutschland?«
    »Ich habe ihre Kinder gehütet. Habe sie geliebt, als wären es meine eigenen. Aber vor zwei Jahren hat mich mein Bruder aus dem Haus gewiesen und gedroht, mich umzubringen, wenn ich mich Vanessa oder den Kindern nähere. Er muss gespürt haben, dass sie mich noch liebt. Dabei habe ich sie kein einziges Mal angerührt, das schwöre ich.«
    »Konntet ihr nicht darüber reden, dein Bruder und du?«
    Lyman lachte bitter. »Reden, das kennt er nicht. Er kennt nur Drohungen. Er ist vier Jahre älter als ich. Als wir Kinder waren, hat er so lange auf mich eingeprügelt, bis mir zwei Rippen gebrochen waren. Er hat hündische Unterwürfigkeit verlangt, hat mich sogar einmal gezwungen, ihm die Stiefel

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