Tao Te Puh
Gegenteil vom Puh-Weg zu tun. Was rennt den ganzen Tag herum, ohne irgendwo hinzukommen?“
„Ein Kaninchen?“ riet Puh.
„Na ja, fast geraten.“
„Ah, ich weiß. Es ist ein —“
Aber das heben wir für das nächste Kapitel auf.
Filztun-Balzrück
Kaninchen eilte am Saum des Hundert-Morgen-Waldes entlang und kam sich mit jeder Minute wichtiger vor, und bald hatte es den Baum erreicht, wo Christoph Robin wohnte. Es klopfte an die Tür, rief ein-, zweimal laut, ging dann ein wenig zurück, beschattete mit der Pfote die Augen und rief zur Baumkrone hoch, und dann ging es ganz darumherum und schrie „Hallo!“ und „ich bin's, Kaninchen!“ — aber nichts rührte sich. Dann hielt es inne und lauschte, und alles hielt inne und lauschte mit ihm, und der Wald war sehr einsam und still und friedvoll im Sonnenschein, bis plötzlich hundert Meilen über ihm eine Lerche zu singen anfing.
„So was Dummes!“ sagte Kaninchen, „er ist ausgegangen.“
Es ging wieder zur Vordertür zurück, um sich noch einmal zu vergewissern, und wandte sich eben mit dem Gefühl, der ganze Morgen sei nun verdorben, zum Gehen, als es ein Stück Papier auf der Erde liegen sah. Und eine Nadel steckte darin, als sei es von der Tür herabgefallen.
„Ha!“ rief Kaninchen aus, und seine Stimmung besserte sich wieder, „eine Nachricht!“
Und das stand darin:
BINN AUS
BALZRÜCK
FILZTUN
BALZRÜCK
C.R.
Kaninchen wußte nicht, was ein Balzrück war — obwohl es ja selbst einer ist —, und so ging es Eule fragen. Eule wußte es auch nicht. Aber wir glauben es zu wissen, und unserer Ansicht nach wissen es auch eine Menge anderer Leute. Chuang-tse hat ihn ziemlich treffend beschrieben:
Es war einmal ein Mann, der seine Fußstapfen und seinen Schatten nicht sehen mochte. Er beschloß, ihnen davonzulaufen und fing an zu rennen. Aber wie er so dahinrannte, erschienen immer mehr Fußstapfen, und sein Schatten hielt mit Leichtigkeit Schritt mit ihm. Da glaubte er, noch zu langsam zu sein, und rannte schneller und schneller, ohne anzuhalten, bis er schließlich vor Erschöpfung umfiel und starb.
Wenn er stillgestanden hätte, wären keine Fußstapfen dagewesen. Wenn er im Schatten geruht hätte, wäre sein Schatten verschwunden.
Solche Leute trifft man offenbar auf Schritt und Tritt. Praktisch an jedem halbwegs sonnigen Tag kannst du die Balzrücks durch den Park joggen sehen und sie laut schnaufen hören. Vielleicht genießt du gerade ein Wiesenpicknick, und wie du eben mal aufblickst, sind dir schon ein, zwei von ihnen über dein Essen gerannt.
Im allgemeinen bist du jedoch inmitten von Wald und Wiesen sicher, da Balzrücks sie normalerweise meiden. Sie quälen sich lieber auf Asphalt und Zement ab, genau wie die kurzlebigen Transportmaschinen, für die diese harten Oberflächen erdacht wurden. Wenn sie schließlich genug giftige Abgase von Autos, die ihnen ständig ausweichen müssen, um sie nicht anzufahren, eingeatmet haben, können die Balzrücks sich gar nicht genug gegenseitig versichern, wieviel besser sie sich jetzt fühlen, nachdem sie endlich an der frischen Luft waren. „Natürlich leben“ nennen sie das.
Der Filztun-Balzrück ist aktiv fast bis zur Verzweiflung. Wenn du ihn nach seinen wichtigsten Interessen fragst, zählt er lauter Sportarten auf wie:
„Drachenfliegen, Tennis, Jogging, Squash, Skifahren, Schwimmen und Wasserski.“
„Ist das alles?“
„Nun, ich (keuch, japs, schnauf) — ich glaube ja“, erwidert Balzrück.
„Haben Sie es je mit Autojagen versucht?“
„Nein, ich — nein, noch nie.“
„Und was ist mit einem Alligatorringkampf?“
„Nichts . . . das heißt, das wollte ich schon immer mal probieren.“
„Und mit Roller-Skates die Treppen hinunterfahren?“
„Daran habe ich noch gar nicht gedacht.“
„Aber Sie haben doch gesagt, Sie wären aktiv!“
Spätestens jetzt sagt der Balzrück nachdenklich: „Hören Sie mal — meinen Sie, es ist etwas faul bei mir? Vielleicht schwinden meine Energien.“
Nach einiger Zeit wohl schon.
Die athletische Sorte des Balzrücks — nur eine von vielen bekannten Arten — beschäftigt sich mit körperlicher Fitneß, sagt er. Aber aus irgendeinem Grunde sieht er das als etwas an, das dem Körper von außen eingehämmert werden muß, statt sich von innen her aufzubauen. Darum verwechselt er Übung mit Arbeit. Er arbeitet beim Üben, und meistens arbeitet er auch beim Spiel. Arbeit, Arbeit, Arbeit,
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