Taran Bd 1 - Das Buch der Drei
»Dann würdest du merken, dass unsere Vorräte weg sind und unsere Waffen auch! Dank deiner glorreichen Abkürzung.«
Eilonwy hatte recht. Die Sattelgurte waren gerissen, das Gepäck hatte sich im Strudel selbstständig gemacht. Das Einzige, was den Gefährten geblieben war, waren die Schwerter.
»Tut mir leid«, sagte Taran achselzuckend. »Durch meine Schuld sind wir hier hereingeraten – ich will mich darum bemühen, nun auch einen Ausweg zu finden.«
Er hielt Umschau. Der Damm war bedeutend breiter, als er vermutet hatte. Mit einem Schlag glommen in der gewölbten Decke der Höhle verschiedenfarbige Lichter auf. »Seltsam!«, rief Taran. »Was mag das wohl zu bedeuten haben?«
Ehe er weitersprechen konnte, wurde er von hinten gepackt, und jemand stülpte ihm einen stark nach Zwiebeln riechenden Sack über den Kopf. Eilonwy brach in lautes Gezeter aus, doch wenige Augenblicke später bekam ihre Stimme einen merkwürdigen Klang. Taran wurde von unsichtbaren Fäusten hin und her gestoßen. Gurgi begann fürchterlich zu kläffen.
»Hier! Schnapp dir den!«, rief eine heisere Stimme.
»Wie denn?«, rief eine andere. »Siehst du nicht, dass ich alle Hände voll habe?«
Taran trat mit den Füßen um sich. Ein festes, rundes Etwas, mutmaßlich irgendjemandes Kopf, fuhr ihm in den Magen. Dann wurde er unter lautem Geschrei davongezerrt.
»Ihr Narren habt ihnen die Schwerter nicht abgenommen!«, rief jemand mit schriller Stimme. Im nächsten Augenblick hörte man Eilonwy zornig aufkreischen. Es gab ein Geräusch, als ob irgendwer einen Fußtritt verabfolgt bekomme, dann wurde es plötzlich ganz still ringsum. »Nun denn!«, rief die Stimme von vorhin. »Lasst sie die Schwerter behalten, aber man wird euch dafür tadeln, ihr Tröpfe! Seit wann schleppt man Menschen mit ihren Waffen vor König Eiddilegs Thron?«
Taran hatte den Eindruck, als würde er mitten durch eine Volksmenge geführt. Stimmen redeten aufgeregt durcheinander.
Nachdem man ihn mehrmals wie einen Kreisel herumgedreht hatte, wurde er weitergetrieben. Er hörte, wie eine schwere Tür hinter ihm ins Schloss fiel. Die Stimmen waren verstummt, jemand zog ihm den Zwiebelsack vom Kopf.
Taran blickte sich verwundert um. Zusammen mit Fflewddur und Eilonwy stand er in einer geräumigen Felsenhalle, die von blitzenden Lichtern erhellt war. Von Gurgi fehlte jede Spur. Ein gutes Dutzend stämmiger Krieger, die kaum die Größe von siebenjährigen Kindern hatten, umringte sie. Eiserne Streitäxte steckten in ihren Gürteln, jeder von ihnen trug einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen über der Schulter.
Vor ihnen saß an einem langen Steintisch ein zwergenhaft kleiner Mann mit borstigem gelbem Bart. Er trug einen Mantel von grellrotem Tuch und ein grünes Gewand. An seinen Fingern funkelten kostbare Ringe. »Was ist los?«, schrie er. »Wer sind diese Leute? Hat man euch nicht den Befehl gegeben, mich nicht zu stören?!«
»Vergebt, König Eiddileg!«, begann einer der Krieger, wobei er verlegen von einem Fuß auf den anderen trat. »Wir haben die drei gefangen genommen, als sie gerade …«
»Verschont mich mit Einzelheiten!«, unterbrach ihn der König zornig. »Ihr werdet mich noch auf den Hund bringen, raus mit euch! Raus, raus, raus! Nein, die Gefangenen nicht, ihr Schafsköpfe!« König Eiddileg fasste sich an die Stirn und ließ sich in seinen Thron zurücksinken. Die Wachen trippelten davon. Der König musterte Taran und seine Gefährten mit strengem Blick. »Nun, also, heraus mit der Sprache – was wollt ihr von mir, ihr bekommt es doch nicht!«
»Herr«, begann Taran, »wir bitten um freien Durchzug durch Euer Reich. Das ist alles, was Ihr uns vieren gewähren sollt.«
»Euch vieren? Ihr seid ja nur drei!«, rief der König. »Du kannst wohl nicht zählen, wie?«
»Einer meiner Gefährten fehlt leider«, sagte Taran. »Es ist Gurgi. Ihr solltet ihn suchen lassen, damit ihm nichts zustößt. Außerdem sind uns auch die Vorräte und Waffen abhanden gekommen.«
»Ach was!«, rief der König. »Lüg mich nicht an, das vertrag ich nicht!« Er zog ein orangefarbenes Taschentuch aus dem Ärmel und wischte sich die Stirn. »Warum seid ihr also hier?«
»Weil uns ein Hilfsschweinehirt auf dem kürzesten Weg nach Norden geführt hat«, antwortete Eilonwy. »Wir wissen nicht, wo wir sind, und schon gar nicht, warum. Das ist schlimmer, als rollte man in der Finsternis einen Berg hinab.«
»Natürlich!« Eiddilegs Stimme triefte von Spott. »Ihr
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