Taran Bd 4 - Der Spiegel von Llunet
uns alle Kissen zu stopfen.«
Sie erreichten den Fluss, den Llonio den Kleinen Avren nannte, da er in den Großen Avren mündete. »Er ist zwar klein«, bemerkte er, »aber früher oder später kommt alles dahergeschwommen, was du dir wünschen kannst.« Wie zum Beweis seiner Behauptung begann er kräftig an dem Netz zu ziehen, das am Ufer entlang befestigt war. Es war leer, genau wie die Angeln. Wieder zuckte Llonio gleichgültig mit den Schultern. »Wahrscheinlich dann morgen.«
»Hör mal«, rief Taran verwundert, »rechnest du etwa damit, dass dir die Körbe und Netze bringen, was du brauchst?« Verblüfft sah er seinen Gastgeber an.
»Ja, natürlich.« Llonio lachte gutmütig. »Mein Besitz ist gering, und ich arbeite nach Kräften. Im Übrigen – nun, siehst du, wenn ich etwas sicher weiß, dann dies: Das Leben ist Glückssache. Vertraue darauf, und du findest mit Sicherheit, was du suchst, heute oder morgen.«
»Vielleicht«, gab Taran zu, »was aber, wenn es länger dauert? Oder wenn es nie kommt?«
»Das spielt keine Rolle«, erklärte Llonio lächelnd. »Wenn ich mir über das Morgen den Kopf zerbrechen würde, dann hätte ich am Heute wenig Freude.« Mit diesen Worten kletterte er gewandt auf das Wehr, das, wie Taran jetzt erkannte, nicht dazu diente, den Fluss zu stauen, sondern zu filtern. Llonio glich mehr denn je einem Kranich, wie er so auf dieser sonderbaren Konstruktion balancierte, zwischen den Körben hin und her sprang und nach irgendetwas suchte. Plötzlich schrie er freudig überrascht auf und winkte aufgeregt. Taran hastete über den Damm, doch als er Llonio erreichte, wurde sein Gesicht lang: Der Grund für Llonios Freude war nur ein ausrangiertes Pferdegeschirr.
»Schade«, Taran war enttäuscht. »Damit ist wenig anzufangen. Die Trense fehlt, und die Zügel sind abgenutzt.«
»Stimmt, stimmt«, gab Llonio zu. »Das hat uns der Kleine Avren heute beschert, doch eines Tages wird es uns schon nützen.«
Er schlang den tropfenden Zaum um die Schulter, kletterte vom Damm und ging mit großen Schritten auf ein kleines Wäldchen zu, das den Fluss säumte. Taran folgte ihm. Wenig später schrie Llonio wieder auf. Am Fuß einer knorrigen Ulme wuchsen Pilze im Überfluss.
»Schneide sie ab, Wanderer«, rief Llonio. »Das ist unser Abendessen. Die schönsten Pilze, die ich je gesehen habe! Zart und schmackhaft! Heute haben wir reichlich Glück.« Llonio sammelte die Pilze rasch ein und stopfte sie in einen Sack an seinem Gürtel und ging weiter. Hin und wieder blieb er stehen, um Kräuter und Wurzeln aufzulesen. Auf diese Weise verging der Tag schnell und war beinahe schon vorüber, ehe er für Taran recht begonnen hatte. Wie sie so dahinschritten, blieb Taran mit dem Fuß an der Kante eines Steines hängen und fiel der Länge nach auf den Boden. »Du hast mehr Glück als ich.« Taran lächelte kläglich. »Du hast Pilze gefunden, und ich trage nur Schrammen und Beulen nach Hause.«
»Nein, nein, durchaus nicht!«, widersprach Llonio und kratzte schnell die Erde weg, die den Stein halb bedeckte. »Da schau her! Hast du jemals einen solchen Stein gesehen? Rund wie ein Rad und glatt wie ein Ei. Ein unerhörter Fund, den man nur mitnehmen muss.«
Wenn das ein unerhörter Fund war, dachte Taran, dann war es jedenfalls der härteste und schwerste, über den er je gestolpert war, denn Llonio bestand nun darauf, den flachen Stein auszugraben. So geschah es auch. Sie gruben und zerrten und schleppten ihn mühsam zum Gehöft, wo ihn Llonio in den Schuppen rollte, der schon überquoll von Holzgriffen, Tuchstreifen, Pferdegeschirren, Riemen, geflochtenen Schnüren und all den Gegenständen, die er mit seinem Wehr, seinen Netzen und seinen Körben eingesammelt hatte.
Sie brieten die Pilze über dem Feuer und aßen sie zusammen mit den Resten des Kuchens und einer Handvoll Frühgemüse, das die Kinder gefunden hatten. Das Mahl war köstlich, und weder Taran noch Gurgi ließen sich lange nötigen. Die Nacht brach an, und Taran nahm gern die Einladung seiner Gastgeber an, neben dem Herd zu schlafen. Gurgi, satt und zufrieden, begann sofort zu schnarchen. Und auch Taran schlief – zum ersten Mal seit Tagen – tief und traumlos.
Der nächste Morgen war klar und frisch. Als Taran erwachte, stand die Sonne schon hoch, und obwohl er ursprünglich die Absicht gehabt hatte, Melynlas zu satteln, um aufzubrechen, unterließ er es jetzt. Am Tag vorher war Llonios Wehr nicht sehr ergiebig gewesen, während der
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