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Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt

Titel: Taran Bd 6 - Der Findling: Geschichten aus Tarans Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lloyd Alexander
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goldene Harfe trug, die schönste, die er je gesehen hatte. Er stand auf und trat zu dem Reiter hinüber, um das Instrument aus der Nähe zu bestaunen.
    »Ach, Freund«, sagte Menwy, »ich habe keine Saiten, die deinen gleichkämen. Meine sind von gewöhnlicher Art, doch deine sind aus Gold und Silber gedreht. Wenn deine Harfe so edel spielt, wie sie aussieht, dann solltest du stolz darauf sein.«
    »In meinem Land«, sagte der Reiter, »würde diese Harfe als das Schäbigste aller Instrumente gelten. Doch da sie dir zu gefallen scheint, sollst du sie haben. Aber«, fuhr er fort, »damit jeder von uns etwas davon hat, gib mir deine zum Tausch.«
    »Was für ein wundersamer Ort diese Welt ist«, antwortete Menwy gelassen. »Da kommt ein Bursche aus dem Nirgendwo geritten und möchte nichts lieber, als mir einen Gefallen tun. Und sollte ich so undankbar sein, ihn abzuweisen? Komm, Freund, bevor wir davon reden, dies und jenes zu tauschen, lass uns eine Weise von deiner goldenen Harfe hören.«
    Hierauf wich der Reiter im Sattel zurück und hob eine Hand, als sei der Barde ihm zu nahe getreten; doch er fasste sich wieder und erwiderte:
    »Erprobe das Instrument doch selbst, Harfner. Nimm es in die Hand und lausche auf seinen Klang.«
    Menwy schüttelte den Kopf. »Nicht nötig, Freund. Denn ich kann dir sagen, selbst wenn deine Harfe wie eine Nachtigall sänge, behalte ich doch lieber meine eigene. Ich kenne ihre Art, und sie kennt die meine.«
    Des Reiters Augen flackerten einen Moment. Dann entgegnete er:
    »Harfner, dein Ruf hat sich sogar bis in mein Reich verbreitet. Verschmähe mein Geschenk, wenn du willst. Doch komm mit mir, und ich schwöre, du wirst einem König dienen, der mächtiger ist als irgendwer in Prydain. Sein Barde sollst du sein und sollst einen Ehrensitz neben seinem Thron haben.«
    »Wie könnte das sein?«, fragte Menwy lächelnd. »Ich diene bereits einer Herrscherin, die größer ist als alle Könige, denn ich diene meiner Musik.«
    Nun war Menwy ein Dichter und gewohnt, um den Rand der Dinge herum zu sehen. Die ganze Zeit hatte er den grau gekleideten Reiter beobachtet; und nun, als er näher hinsah, schienen der Reiter und die goldene Harfe sich vor seinen Augen zu verwandeln. Der Rahmen des Instruments, der so schön erschienen war, erwies sich nun als aus trockenen Knochen gemacht, und die Saiten waren Schlangen, bereit zum Zustoßen.
    Auch wenn Menwy ein tapferer Mann war, ließ doch der Anblick des wahren Gesichts des Reiters hinter seiner Maske aus Fleisch des Harfners Blut gefrieren. Dennoch wandte er sich nicht ab, und sein Blick war fest, als er antwortete:
    »Ich sehe dich als das, was du bist, Todesfürst. Und ich fürchte dich, wie alle Menschen dich fürchten. Trotz alledem bist du ein schwacher und erbärmlicher König. Du kannst zerstören, aber nie aufbauen. Du bist geringer als das niederste Geschöpf, der kleinste Grashalm. Denn diese leben, und jeder Augenblick ihres Lebens ist ein Triumph über dich. Dein Königreich ist Staub; nur das stumme Ende von Dingen, niemals ihr Anfang.«
    Damit nahm Menwy seine Harfe und begann eine fröhliche Melodie zu spielen. Als der Reiter dies hörte, verzerrte sich sein Gesicht vor Wut; er zog sein Schwert aus der Scheide, und mit all seiner Macht schlug er nach dem Barden.
    Doch der Hieb verfehlte sein Ziel. Stattdessen traf er die Harfe und zerschmetterte sie in Stücke. Menwy jedoch ließ die Trümmer zu Boden fallen, warf den Kopf zurück und lachte, ihm zum Trutz, und rief:
    »Du hast versagt, Todesfürst! Das Instrument magst du zerstören, doch nicht seine Musik. Mit all deiner Macht hast du doch nicht mehr gewonnen als eine zerbrochene Hülle.«
    Denn im selben Augenblick, als die Harfe verstummte, erklangen das Zwitschern der Vögel, das Rauschen der Bäche und das Summen des Windes durch Gras und Blätter; und all diese Stimmen nahmen die Klänge der Melodie auf, noch schöner als zuvor.
    Und der Todesfürst floh in Angst vor dem Leben.

Die wahrhaftige Harfe
    ies ist die Geschichte von König Fflewddur Fflam und seiner wahrhaftigen Harfe, wie die Barden sie im Lande Prydain erzählen.
    Und dies ist deren Anfang.
    Fflewddur Fflam herrschte über ein Königreich, das so klein war, dass man es fast zwischen Vormittag und Nachmittag durchschreiten konnte. Die Felder und Weiden lagen so nahe an seiner Burg, dass Schafe und Kühe nahe genug herankamen, um in sein Schlafzimmer zu schauen; und die Kinder der Bauern spielten in seiner

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