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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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Bromm tauchte nur Lidschläge später an seiner Seite auf, auch auf seinem Gesicht stand blankes Entsetzen geschrieben. Doch da war nichts. Keine Hand, die sich mit letzter Kraft an das Holz klammerte, kein Körper, der an einem herabhängenden Tau oder einer der Rumpfaufbauten hing. Und sie sahen auch keine fallenden Leiber im Dunkel des Unwetters. Nur Sturm und Regen und das dichte Grau der Wolken über ihren Köpfen und unter ihren Füßen.
    Irgendwo hinter ihnen brüllte der Drache seine Schmerzen hinaus.
    »Moosbeere, du musst ihnen folgen!«, schrie Tarean gegen den Sturm an.
    »Ich?« Das Irrlicht glitt an seine Seite.
    »Du würdest mich überall finden, so wie du mich auf dem Riva gefunden hast, nicht wahr?«
    »Nun … ich … ja.«
    »Dann fliege rasch, Moosbeere. Du bist die Einzige, die herauszufinden vermag, ob Auril und Karnodrim noch leben. Und wenn ja, hilf ihnen und führe sie zu uns zurück. Bitte!«
    »Also gut. Aber versprich mir zu überleben.« Moosbeere huschte auf ihn zu und hauchte ihm einen Kuss auf die regennasse Wange. »Viel Glück!« Dann schlug sie eine Kapriole und jagte wie der Blitz davon, eine winzige Sonne in einer Welt der Dunkelheit. Im Nu war sie in den Wolken verschwunden.
    Der Junge starrte ihr wie gebannt nach. »Ich verspreche es«, brüllte er, und die Wassertropfen, die seine Wangen herabliefen, schmeckten auf einmal seltsam salzig.
    »Tarean!« Die Stimme Bromms brachte ihn ins Hier und Jetzt zurück.
    »Was?« Er zog die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht.
    Der Werbär in Menschengestalt legte ihm die Pranke auf die Schulter. Seine dunklen, braunen Augen blickten kummervoll, doch seine Haltung zeigte zugleich grimme Entschlossenheit. »Wir müssen später trauern, mein Junge. Es ist noch nicht vorbei.«
    Wie um seine Worte zu unterstreichen, wurden sie erneut von einem heftigen Windstoß erfasst, und das Flugschiff bekam ächzend Schlagseite. Ein Blick zum Bug zeigte Tarean, dass ein Großteil der Aufbauten vom Zusammenprall mit dem Drachen fortgerissen worden war. Zudem hing der Steuerbordfächer in Fetzen, und wie es schien, waren auch einige der Kristallkästen in Mitleidenschaft gezogen worden, denn jetzt, wo er darauf achtete, bemerkte er, dass sich die Spitze des Schiffs langsam aber bedenklich dem Erdboden zuneigte.
    »Wir müssen den Kahn landen, sonst ist es aus mit uns«, stellte er fest, und Bromm gab ihm mit einem Brummen recht.
    Er eilte zum Steuerstand, aber als er die zahlreichen Taue sah, die hier zusammenliefen, verließ ihn beinahe der Mut. »Wie bedient man dieses Ding?«
    »Ich weiß es auch nicht«, rief Bromm, der sich am umgelegten Mastbaum festhielt. »Ich hasse es, zu fliegen.«
    Wahllos zog der Junge an einigen der Schlaufen, die das Ende der Taue bildeten.
    Das Flugschiff fiel vom Himmel wie ein Stein.
    »Dreigötter!«, schrie er und zog an einigen anderen Schlaufen. Das Schiff legte sich quer und fing an zu schlingern. »Oh nein, oh nein!«
    Plötzlich brachen sie durch die letzte Wolkenschicht, und unter ihnen jagte die Landschaft dahin. Sie hatte sich verändert, wie Tarean zu seinem Schrecken bemerkte. Wo vorher die bewaldeten und von breiten Tälern durchzogenen Berge Astrias gewesen waren, lag nun grauer, schroffer Fels, ein hartes, totes Karstland, dessen scharfe Grate sie zu empfangen schienen wie die Reißzähne eines urtümlichen Ungeheuers.
    »Tarean!«, brüllte Bromm in drängendem Tonfall.
    »Ich weiß, wir stürzen ab!« Er sah sich hektisch um und versuchte, den Verlauf der Taue ihren Funktionen zuzuordnen, doch in der Dunkelheit und inmitten des sturmgepeitschten Regens erwies sich das als unmöglich. Also griff er einfach erneut beherzt in das Tauwerk – und für einen kurzen, wundervollen Moment glaubte er, dass es ihm gelungen sei, ihren Sturz abzufangen.
    Doch dann schlugen sie auf, und in einem Splittern und Bersten aus Holz, einem Inferno aus krachenden Balken, kreischendem Metall auf hartem Fels und dem lang gezogenen Heulen des Werbären ging die Welt um Tarean herum unter. Er wurde von den Beinen gehoben und schmerzhaft aufs Deck geworfen. Ein gleißender Schmerz durchzuckte ihn, als er mit dem Hinterkopf irgendwo aufschlug. Und dann wurde es dunkel.

12
    IN LICHTLOSEN TIEFEN
    Das Erste, was er spürte, als sein Bewusstsein langsam zurückkehrte, war die Kälte. Mit eisigen Fingern strich sie über sein Gesicht, legte sich feucht auf seine Brust und ließ ihn erschauern. Ein Grund für diese

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