Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers
sein Leitspruch geworden. Ich muss versuchen, dem Hexer Einhalt zu gebieten und den Namen meines Vaters reinzuwaschen …
»Der Sohn Anreon von Agialons?« Karnodrim sah ihn überrascht an, und es schien, als sehe er ihn auf einmal mit anderen Augen. »Nun, das ändert einiges. Ich stand auf dem Drakenskal an dem Tag, der die Welt verändern sollte. Ich sah deinen Vater, wenn auch nur von Ferne, kämpfen. Er war ein tapferer Mann, dem das Schicksal ein furchtbares Los auferlegt hat.« Er wandte sich erneut an Auril. »Und Sinjhen, so nehme ich an, weiß auch von dem Jungen, sonst hättest du bei eurer Ankunft nicht in seinem Namen gesprochen.«
»Ja. Er erhielt Kunde von der Queste und bat mich von Cayvallon aus, auf Tarean acht zu geben und ihn sicher durch die besetzten westlichen Reiche zu führen.«
»Dabei frage ich mich noch immer, wie er davon erfahren konnte«, merkte der Junge an. »Niemand außer dem Ritter Wilfert wusste von meiner Abreise.«
Bei dem Namen wurde Karnodrim hellhörig. »Du sprichst nicht zufällig von dem Wilfert, der einst der Knappe Anreons war?«
»Doch«, nickte Tarean. »Er lebt, genau wie ich, seit Jahren auf Burg Dornhall in Bergen – und ich denke, zu meinem Schutz.«
»Nun, dann wundert mich nichts mehr«, meinte der Sette. »Dein Vater, Auril, gehörte schon zur Zeit des großen Krieges zum inneren Kreis des Hochkönigs Jeorhel, der wiederum mit dem Orden der Kristalldrachen Umgang hatte. So lernten sich Wilfert und Sinjhen kennen, und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, wurden sie damals Freunde.«
Auril und Tarean warfen sich einen viel sagenden Blick zu. Sie schienen beide dasselbe zu denken: Und heute leben Wilfert und Sinjhen nur wenige Meilen voneinander entfernt …
»Und wie passt du in dieses Mosaikbild, das sich hier langsam zusammensetzt?«, wandte sich Bromm an den Setten.
»Ich war schon damals ein Erforscher der Natur und ihrer Geheimnisse, und man bediente sich meiner Kenntnisse, um einige Waffen zu bauen, die im Kampf gegen das Bestienheer zum Einsatz kamen.« Die Erinnerung an das Geschehene verfinsterte das bärtige Gesicht des Setten. »Nicht dass ich dafür jemals ein Wort des Dankes gehört hätte … Stattdessen fand ich mich im dicksten Getümmel wieder, als sich das Schlachtenglück gegen uns wendete, und es ist nur dem beherzten Eingreifen Sinjhens zu verdanken, dass ich heute noch lebe.«
»Die alte Schuld …«, mutmaßte der Bär.
»Ganz recht«, bejahte Karnodrim. »Und es muss schon eine Laune des Schicksals sein, dass ich einst aus den Klauen der Ungeheuer errettet wurde, die Calvas zu Gebote standen, um heute den Nachkommen des Mannes, dessen Fall mich erst in diese Gefahr brachte, zur Festung des Hexenmeisters zu bringen.« Er wirkte auf einmal sehr nachdenklich. »Viele Dinge, die damals ihren Anfang nahmen, kommen hier und heute erneut zusammen. Das kann kein Zufall sein. Vielleicht existieren doch höhere Mächte, die deine Schritte lenken, mein Junge, als nur ein vor Scham und Zorn brennendes Herz.«
Karnodrim holte tief Luft. »Nun, wie dem auch sein mag, unser Weg führt uns also gen Nordosten. Und wenn wir heute noch einige Meilen gut machen wollen, sollten wir diesem Vehikel hier besser Wind in die Segel blasen. Und denkt daran, den Himmel zu beobachten. Irgendwo dort draußen lauert ein Drache auf uns.« Er nickte bekräftigend und wandte sich dann ab, um sich der Steuerung des Flugschiffes zu widmen.
»Ihr habt Karnodrim gehört«, löste Auril die Runde auf. Sie ging zum Heck, um die Fächerkonstruktionen aufzuziehen, die an Backbord und Steuerbord befestigt waren und die dem Gefährt zusätzlichen Auftrieb und Stabilität verliehen. Tarean half ihr dabei. Unter ihnen zog die zerklüftete Wildnis von Astria dahin, während eine frische Brise sie At Arthanoc entgegenwehte.
Im Osten braute sich etwas zusammen.
Im Laufe der letzten Stunden hatte sich der Himmel zugezogen und der auffrischende Wind hatte gedreht, sodass sie zum Kreuzen gezwungen gewesen waren, um ihren Kurs zu halten. Ihre tatsächliche Reisegeschwindigkeit hatte darunter zwar merklich gelitten, doch Karnodrims Worten war nichts entgegenzusetzen, wenn er sagte: »Besser auf Umwegen zum Ziel als gar nicht ankommen.«
Nichtsdestoweniger stand der Sette jetzt am Bug, und der düstere Himmel spiegelte sich auf seinem Antlitz wider. »Das gefällt mir nicht«, brummte er, und Tarean, der an seiner Seite stand, konnte ihm da nur beipflichten. »Dieses
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