Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
Vom Netzwerk:
ein letzter versprengter Wolfling, der mich, während ich ihm auf den Fersen war, hierher führte. Er hat für die Schrecken, die er und seinesgleichen über Ortensruh gebracht haben, gezahlt.« Der Ritter zuckte mit den Schultern. »Und mehr einer Ahnung folgend als festem Wissen, schritt ich nach getanem Werk zum Grab meines einstigen Mentors und Ritters – und dort fand ich diese Freveltat.« Er deutete mit finsterer Miene auf das geschändete Grab. »Und dich.« Dann aber wurden seine Züge weicher, und der Ritter machte eine einladende Geste. »Doch jetzt komm. Wir reiten zurück zur Burg. Ilrod wird froh sein, dass du noch am Leben bist. Er hat sich bereits größte Vorwürfe gemacht – die ich im Übrigen aus ganzem Herzen bestärkt habe –, dass er dich überhaupt ein Schwert hat führen lassen.«
    »Nein, Wilfert. Ich kann Euch nicht nach Dornhall begleiten.« Tarean legte einen Schritt Abstand zwischen sie beide. Noch gestern Nacht war ihm nicht klar gewesen, wie sich sein Leben nach der Begegnung mit dem Geist seines Vaters weiterentwickeln sollte, aber mit einem Mal wusste er, was er tun musste.
    Der Ritter hob verwundert die Brauen. »Was hält dich auf?«
    »Heute Nacht wurde nicht nur Ortensruh von den Wolflingen überfallen, und heute Nacht wurde nicht nur das Grab meines Vaters geschändet, nein, heute Nacht ist mir mein Vater auch leibhaftig erschienen!«
    »Was für eine Phantasterei tischst du mir da auf, Junge?«
    »Ich sah die Gestalt meines Vaters mitten in der Schlacht, eine geisterhafte Erscheinung, gewandet in Weiß und strahlendes Silber. Er war es, der mich hier auf den Friedhof führte. Er hat gelitten, und er leidet noch immer unter all dem Hass und der Verachtung, mit dem die Menschen seiner gedenken. Hinter vorgehaltener Hand nennen sie ihn den Fluchbringer, und mich nennen sie den Sohn des Fluchbringers, und sie fürchten, dass auch ich ihnen Leid und Unglück bringen werde, genau wie mein Vater. Aber sie irren sich!« Tarean war jetzt ganz aufgeregt. Er spürte ein Drängen in seinem Inneren, ein auf ein einziges Ziel ausgerichtetes Streben, wie er es noch nie zuvor in seinem Leben empfunden hatte. Es war ein Gefühl, das einer Offenbarung glich, so als sei er die ganzen Jahre zuvor mit Scheuklappen vor den Augen herumgelaufen, die ihm den Blick auf den Weg, der vor ihm lag, versperrten, und nun habe sie jemand – sein Vater – heruntergerissen, um ihm den Pfad zu zeigen, auf dem sich seine Bestimmung erfüllen würde.
    »Du redest wirr, Tarean.«
    Der Junge schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Wilfert! Ich habe noch niemals zuvor so klar gesehen. Ich muss versuchen, den Namen meines Vaters reinzuwaschen, und auch wenn ich das Unglück, das er unwillentlich über die Welt gebracht hat, nicht rückgängig machen kann, so muss ich zumindest danach streben, es dorthin zurückzutreiben, woher es gekommen ist.«
    Für einen Lidschlag huschte so etwas wie Überraschung, ja vielleicht sogar Erschrecken, über die Züge seines Gegenübers, aber Wilfert hatte sich sofort wieder gefasst. Mit ruhigen, ernsten Augen blickte der einstige Knappe seines Vaters ihn an. »Du willst Calvas, den Hexenmeister, herausfordern.«
    Tarean holte tief Luft. Er hatte es bislang nicht vermocht, die Worte auszusprechen, doch auf diesen einfachen Satz, von einem klaren, geradlinigen Verstand ausgesprochen, lief sein Vorhaben hinaus. »Ja, das will ich. Und«, so setzte er rasch hinzu, »versucht nicht, mich aufzuhalten.«
    Der Ritter seufzte wie ein Mann, dem eine schwere Bürde genommen worden war, nur um durch eine nicht minder schwere ersetzt zu werden, und ließ sich auf der steinernen Einfriedung einer nahen Grabstätte nieder. Seine Hand wanderte unbewusst an seinen Gürtel, dorthin, wo er sonst seinen Beutel mit Pfeifenkraut hängen hatte, aber der Beutel lag auf der Burg in seiner Kammer und war ohnehin leer.
    Tarean trat unruhig von einem Bein auf das andere, während Wilfert nach einer Erwiderung auf diese Eröffnung zu suchen schien. Dass der Ritter nicht sofort von Wahnwitz und Jungenträumerei lospolterte, wie es wohl sein Ahn getan hätte, wertete er dabei als gutes Zeichen – wenngleich sich Tarean nicht einmal so sicher war, ob es Than Urias nicht sogar begrüßt hätte, wenn sich das Balg des ungeliebten Schwiegersohns auf einer irrsinnigen Queste selbst umbrachte.
    »Ich könnte«, sprach Wilfert schließlich, »dich jetzt einen Kindskopf schelten, an den Ohren packen und nach Dornhall

Weitere Kostenlose Bücher