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Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers

Titel: Tarean 01 - Sohn des Fluchbringers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies , Bernd
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Spinnweben hingen von der Decke, und abgesehen von einem halb verrotteten Holzregal an der Wand war der Raum leer. Eine türgroße Öffnung gähnte in der Rückseite des Raumes, die tiefer in den Fels führte. Eine Tür selbst gab es nicht. Doch als Tarean mit klopfendem Herzen näher trat, sah er, dass der Eingang, an den sich eine Art Gang – oder besser ein Stollen – anschloss, durch einen Rahmen aus schweren Holzbalken gestützt wurde, in den mit bemerkenswerter Kunstfertigkeit seltsame, fremdartige Runen eingeschnitzt worden waren.
    Der Junge leuchtete mit seiner behelfsmäßigen Lichtquelle in den Tunnel hinein. Das fahle Licht der Laterne erhellte einen schmalen Gang, der anfangs noch gemauert war, dann jedoch in natürliches Felsgestein überzugehen schien. An einigen Stellen hatten sich die Wurzeln der oberhalb des Tals wachsenden Bäume ihren Weg durch das Gestein gebahnt und ragten nun wie dürre, lange Finger in den Gang hinein. Der leicht abschüssige Boden bestand aus trockener, gestampfter Erde. Nur ein paar Schritte noch, dachte sich Tarean und schlich auf Zehenspitzen voran. Warum er so verstohlen in diesen offensichtlich von seinen Besitzern längst verlassenen Ort eindrang, vermochte er selbst nicht klaren Geistes zu begründen. Es mochte an der unheimlichen Atmosphäre liegen, an dem Atem der Zeit, der einem kalten Hauch gleich an seinem Gesicht vorbeistrich und ihn frösteln ließ.
    Tarean runzelte die Stirn. Es wehte tatsächlich ein leichter Luftzug den Gang entlang. Das bedeutete, dass es irgendwo da hinten einen weiteren Zugang geben musste. Durch das fehlende Flackern seiner flammenlosen Lichtquelle war ihm dieser Hinweis bis jetzt entgangen.
    Überraschend endete der Gang nach höchstens zwanzig Schritten bereits wieder und führte in eine relativ große, nahezu rechteckige Kammer, die – im Gegensatz zu dem ersten Raum – bis unter die Decke mit Gerümpel vollgestellt schien. An den Wänden türmten sich morsche und teilweise zusammengebrochene Regale bis zur roh behauenen Decke, die bis zum Bersten mit halb verrotteten Büchern, rostigen Tiegeln, blinden Glaskolben und noch kurioseren Dingen gefüllt waren. Bleiche Tierschädel starrten ihn aus leeren Augenhöhlen an, und an einer Stelle hatte eine schaumige gelbe Masse ihr Behältnis gesprengt und war über die Regalbretter zum Boden hinabgetropft. Büschel von Kräutern, die so trocken wirkten, als könne man sie mit einem Husten zu Staub zerfallen lassen, hingen von der Decke, und auf den Boden waren großflächig seltsame Symbole gezeichnet, in denen zu unförmigen Wachsklumpen zerlaufene Kerzenstummel und ausgebranntes Räucherwerk lagen.
    Und in der Ecke, an einem niedrigen Holztisch, saß ein Mann.
    Für einen Augenblick blieb Tarean vor Schreck das Herz stehen! Er zuckte zurück, und seine rechte Hand verkrampfte sich um den Schwertgriff. Doch dann rief er sich zur Ordnung.
    »Herr?«, fragte er zaghaft.
    Er bekam keine Antwort. Der Mann in der langen, braunen Kutte rührte sich nicht.
    Der Junge räusperte sich lautstark und setzte erneut an: »Verzeiht, mein Eindringen, Herr, aber …«
    Er ging langsam näher, ließ dabei die Waffe sinken und berührte den Fremden dann sanft an der Schulter.
    Fast augenblicklich fiel der Sitzende in sich zusammen! Mit hellem, hohlem Klappern fielen die Knochen des lange Verstorbenen zu Boden und sein zerschlissener Mantel legte sich wie ein Leichentuch über das Skelett. Der Schädel, an dem noch einige spinnwebendünne, graue Haare klebten, rollte aus der Kapuze und blieb zu Tareans Füßen liegen. Er schien ihn spöttisch anzugrinsen, als der Junge mit einem Schrei des Erschreckens zurückwich. »Dreigötter!«, entfuhr es ihm mit Inbrunst.
    Es dauerte einige Herzschläge, bis er sich wieder gefasst hatte. Dann trat er ein zweites Mal an den Tisch heran, auf dem jetzt nur noch einige Fingerknochen neben einem Fässchen mit längst eingetrockneter Tinte und einem alten Folianten lagen, in den der Mann offenbar kurz vor seinem Tode fremdartige Symbole gemalt hatte. Tareans Augenbrauen zogen sich zusammen, als er einen Blick darauf warf. Sie ähnelten nichts, was ihm jemals in der Bibliothek von Bruder Ingold untergekommen war. Rankenartige Ornamente, verzierte Kreise und Tierzeichen bedeckten das rissige, braune Pergament. Vielleicht war er ein Naturkundiger, einer dieser Druiden, die in der Alten Macht bewandert waren und den Naturgeistern huldigten, bevor die Dreigötter ihre Herrschaft

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