Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Ausbildung, die er bei Ilrod auf Dornhall genossen hatte, und den Unterweisungen des Kristalldrachenritters. Der Waffenmeister hatte ihn gelehrt, wo bei einem Schwert vorn und hinten war und wie man es einsetzte, ohne sich dabei selbst zu verletzen. Doch sein Unterricht hatte darauf abgezielt, aus Tarean einen halbwegs ordentlichen Soldaten zu machen, kundig in vielerlei Dingen – vom Schwertkampf übers Reiten bis hin zur Reparatur einer Rüstung – aber in keinem Fach herausragend. Der Umgang mit der Waffe hatte für Ilrod den Wert eines Handwerks gehabt.
Für Halfbadur dagegen war er eine Kunstform, und so wie ein Barde durch Leichtigkeit und Eleganz im Umgang mit seinen Instrumenten seine Zuhörer zu verzaubern vermochte, so versuchte der Sette Tarean beizubringen, seinen Kampfstil von einem plumpen Verprügeln des Feindes zu einem fließenden Tanz mit blitzschnellen, genau gezielten Schlägen zu entwickeln. Tarean wusste, dass Auril auf diese Weise kämpfte, und anfangs bezweifelte er stark, dass er jemals die Körperbeherrschung der Albin erreichen würde. Der Ritter allerdings wollte davon nichts hören.
»Natürlich ist solch ein Geschick unmöglich, wenn man einen Kampf als eine einzige lange Aneinanderreihung von Bewegungen ansieht oder aber – schlimmer noch – nach jedem Hieb aufs Neue überlegen muss, was man als Nächstes tun könnte«, erklärte er Tarean am zweiten Abend. »Der Trick besteht darin, vielleicht ein Dutzend kurzer, nützlicher Schlagabfolgen so stark zu verinnerlichen, dass man sofort und ohne darüber nachzudenken jede an jede anhängen kann, je nachdem, wie es die Lage gerade erfordert. Ich kann dir die Abfolgen beibringen. Der Rest kommt nur durch ständiges Üben.«
Diese Meinung vertrat auch Moosbeere, die mit Tarean während seiner Nachtwachen versuchte, seine durch die Alte Macht neu gewonnenen Fähigkeiten zu erforschen. In den ersten Nächten fiel es den beiden schwer, überhaupt die Kräfte heraufzubeschwören, die gemeinsam mit einem Rest von Moosbeeres Ich im Körper des Jungen verblieben waren. Tarean fürchtete schon, dass nur außergewöhnliche Augenblicke der Verzweiflung oder des Zorns ihn dazu bringen konnten, die Alte Macht in sich zu entfesseln – dann allerdings vollkommen unkontrolliert.
Moosbeere dagegen bestand darauf, dass es ganz leicht sei, beispielsweise zu fliegen oder die eigene Aura zu verstärken oder – aber das sagte sie nur im Flüsterton – sich zu verwandeln. »Die Alte Macht ist wie ein Blütenkelch, der immer voller Nektar ist«, versuchte sie ihm zu erklären. »Du musst diesen Kelch nur in deinem Inneren finden, und danach musst du lernen, behutsam an den einzelnen Blütenblättern zu zupfen, damit genau die richtige Menge Nektar herausrinnt. Deine Furcht und dein Zorn haben den Blütenkelch schlichtweg zerrissen und dich mit der Alten Macht überflutet. Du musst weniger stürmisch vorgehen … mehr mit Gefühl.« Die letzten Worte hatte sie ihm ins Ohr gehaucht, und ohne es zu wollen, war Tarean dabei rot geworden.
Der Junge versuchte, den Rat umzusetzen, indem er, genau wie im Schwertkampf mit Halfbadur, die große Herausforderung in kleinen Schritten anging. Dabei richtete er seine Aufmerksamkeit zunächst auf seinen rechten Arm, der durch das Blut der Kristalldrachin Kesrondaia ohnehin schon für immer verändert war und, so schien es Tarean zumindest, während der zwei vergangenen Ausbrüche der Alten Macht als eine Art Fokus gedient hatte. Es dauerte drei weitere Nachtwachen, doch dann gelang es ihm, ein kaum spürbares Prickeln darin wahrzunehmen, das er bewusst zu verstärken versuchte. An den Blütenblättern zupfen … , kamen ihm Moosbeeres Worte in den Sinn. Der Gedanke verselbstständigte sich, Tareans Geist wanderte zu seiner zierlichen Gefährtin und ihrer letzten zweisamen Nacht am Rand des Cerashmon – und für den Rest der frühen Morgenstunden war es vorbei mit allen Versuchen, sich auf die Alte Macht zu konzentrieren. Das wird noch ein langer Weg , dachte Tarean innerlich seufzend.
Den ganzen Ritt nach Südwesten über wurde ihre Reise von Kriegsgerüchten begleitet. Bereits im nondurischen Teil von Steilklipp saßen Händler und Glücksritter, die von schweren Kämpfen im wilden Herzen von Nondur berichteten. Niemand wusste genau, wer der Feind war. Für manche waren es die Kazzach, die vollkommen außer Kontrolle geraten waren, andere wieder munkelten von einem Schwarzmagier oder Dämonenbeschwörer aus
Weitere Kostenlose Bücher