Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
Irrtum auf, der ihm unterlaufen war, und gab seiner Freude Ausdruck, daß die Wunde nicht allzu schwer war.
Tarzan las die Zeilen, setzte sich auf die Liege und lachte.
»Das ist gar nichts«, sagte er auf französisch und schrieb weiter, da sein Wortschatz nicht ausreichte:
,Du hättest sehen sollen, wie Bolgani mich zurichtete, und Kerchak, und Terkoz, ehe ich alle tötete – dann würdest du über so einen Kratzer nur lachen.‘
D’Arnot übergab Tarzan die beiden Briefe, die für ihn zurückgelassen worden waren.
Tarzan las den ersten mit trauriger Miene. Dann drehte er den zweiten in den Händen und suchte nach einer Öffnung – er hatte noch nie einen Brief im Umschlag gesehen. Schließlich gab er ihn an d’Arnot zurück.
Der Franzose hatte ihn beobachtet und erkannt, daß der Umschlag ihm Probleme bereitete. Wie seltsam, daß ein erwachsener Weißer nicht mit einem Briefumschlag umgehen konnte! Er öffnete ihn und händigte Tarzan den Brief aus.
Auf einem Feldstuhl sitzend, entfaltete der Affenmensch das beschriebene Blatt und las:
AN TARZAN VON DEN AFFEN
Ehe ich abreise, möchte ich mich dem Dank Mr. Claytons anschließen für die Freundlichkeit, mit der Sie uns erlaubt haben, Ihr Haus zu benutzen.
Daß Sie nie hergekommen sind, um sich mit uns anzufreunden, haben wir sehr bedauert. Nur zu gern hätten wir unseren Gastgeber kennengelernt und uns bei ihm bedankt.
Es gibt noch jemand, dem ich gern danken möchte, aber er ist nicht zurückgekommen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß er tot ist.
Ich kenne seinen Namen nicht. Es ist ein großer, hellhäutiger Hüne mit einem Diamantmedaillon auf der Brust.
Sollten Sie ihn kennen und seine Sprache sprechen, so übermitteln Sie ihm doch meinen Dank und sagen Sie ihm, daß ich sieben Tage auf seine Rückkehr gewartet habe.
Sagen Sie ihm auch, daß er in meiner Heimat in Amerika, in der Stadt Baltimore, stets willkommen sein wird, falls er mich gern besuchen möchte.
Ich habe unter einem Baum in der Nähe des Hauses zwischen Blättern den Brief gefunden, den Sie mir geschrieben haben. Ich weiß nicht, auf welche Weise Sie mich liebgewonnen haben, da sie doch nie mit mir gesprochen haben, und ich bin sehr traurig, falls es wahr sein sollte, aber ich habe mein Herz bereits einem anderen geschenkt.
Sie sollten jedoch wissen, daß ich stets Ihre Freundin bleiben werde.
JANE PORTER.
Tarzan starrte etwa eine Stunde vor sich auf den Fußboden. Aus beiden Briefen ging für ihn eins deutlich genug hervor: Die Verfasserin wußte nicht, daß er und Tarzan von den Affen ein und derselbe waren.
Dann liebte sie ihn gar nicht? Wie konnte sie dann Liebe vortäuschen und in ihm so große Hoffnungen erwecken, um ihn danach nur in äußerste Tiefen der Verzweiflung zu stürzen!
Vielleicht waren ihre Küsse nur Zeichen der Freundschaft gewesen? Woher sollte er es wissen, da er von den Sitten der Menschen keine Ahnung hatte.
Plötzlich stand er auf, sagte d’Arnot gute Nacht, wie er es gelernt hatte, und ließ sich auf seine Lagerstatt aus Farnkraut fallen, die einst Jane Porter gehört hatte.
D’Arnot löschte die Lampe und legte sich auf das Feldbett.
Eine Woche lang widmeten sie sich nur der Ruhe, wobei d’Arnot Tarzan in Französisch unterwies.
Als sie eines Abends vor dem Schlafengehen im Haus saßen, fragte Tarzan d’Arnot:
»Wo ist Amerika?«
D’Arnot wies nach Nordwesten.
»Viele tausend Meilen jenseits des Ozeans«, antwortete er. »Warum?«
»Ich will dorthin.«
D’Arnot schüttelte den Kopf.
»Das ist unmöglich, mein Freund«, sagte er.
Tarzan stand auf, ging zu einem der Schränke und kehrte mit einem reichlich zerlesenen Geographielehrbuch zurück.
Er schlug die Weltkarte auf und sagte:
»Ich habe das alles nie richtig verstanden, erläutere es mir, bitte.«
Als d’Arnot dies getan und ihm erklärt hatte, daß das Blau alle Wasserflächen der Erde bezeichnete und die andersfarbigen Stücke die Kontinente und Inseln, bat Tarzan, ihm die Stelle zu zeigen, wo sie sich jetzt befanden.
D’Arnot tat es.
»Nun zeige mir Amerika,« sagte Tarzan.
Als d’Arnot seinen Finger auf Nordamerika setzte, lächelte Tarzan, legte die Hand auf die Buchseite und überspannte den großen Ozean, der zwischen den beiden Kontinenten lag, mit Daumen und kleinem Finger.
»Wie du siehst, ist es nicht sehr weit«, sagte er. »Kaum die Breite meiner Hand.«
D’Arnot lachte. Wie konnte er es diesem Mann begreiflich machen?
Er nahm den
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