Tarzan 01 - Tarzan bei den Affen
bereitete ihm jedoch Mühe, die Scheu des wilden Waldbewohners zu überwinden, der er war, und so verging ein Tag nach dem anderen, ohne daß er seine guten Absichten in die Tat umsetzte.
Die kleine Gruppe im Lager wagte sich auf der Suche nach Nüssen und Früchten immer weiter in den Dschungel, der ihnen inzwischen vertrauter geworden war.
Kaum ein Tag verging, an dem Professor Porter nicht, in Gedanken vertieft und der Umgebung nicht achtend, dem Rachen des Todes entgegenschlenderte. Mr. Samuel T. Philander, der nie als besonders robust hätte gelten können, war nur mehr ein Schatten seiner selbst infolge der ständigen Sorge und geistigen Beanspruchung, die seinen wahrhaft herkulischen Bemühungen um die Sicherheit des Professors entsprangen.
Ein Monat verging, und Tarzan war nun endgültig entschlossen, das Lager bei Tage aufzusuchen.
Es war noch früh am Nachmittag. Clayton war zu der Landspitze an der Hafeneinfahrt gewandert, um nach vorüberfahrenden Schiffen Ausschau zu halten. Er hatte einen großen Stapel Holz aufgetürmt, den er jederzeit als Signalfeuer anzünden konnte, sollte weit hinten am Horizont ein Dampfschiff oder Segel zu entdecken sein.
Professor Porter und Philander wanderten Seite an Seite südlich des Lagers den Strand entlang, wobei letzterer ihm ständig zuredete, umzukehren, ehe sie beide wieder einem wilden Tiere als Spielzeug dienen würden.
Als die anderen gegangen waren, hätten Jane und Esmeralda ihre Schritte in den Dschungel gelenkt, um Früchte zu sammeln, und sich dabei immer weiter vom Haus entfernt.
Tarzan wartete still vor der Tür der kleinen Hütte auf ihre Rückkehr und war in Gedanken bei der schönen, weißhäutigen Frau. Er dachte jetzt ständig an sie und fragte sich, ob sie wohl Angst vor ihm haben würde, und diese Vorstellung veranlaßte ihn beinahe, sein Vorhaben aufzugeben.
Er wurde immer ungeduldiger und wünschte sich, daß sie zurückkehrten, damit er seine Augen an ihrem Anblick weiden, in ihrer Nähe sein und sie vielleicht sogar berühren konnte. Der Affenmensch kannte keinen Gott, aber er war nahe daran, sie als Gottheit anzubeten, wie Sterbliche es bei ihrem Gott tun.
Während er wartete, vertrieb er sich die Zeit, indem er eine Botschaft an sie verfaßte. Ob er beabsichtigte, sie ihr persönlich zu übergeben, läßt sich nicht ergründen, doch bereitete es ihm unendliche Freude, seine Gedanken zu Papier gebracht zu sehen –- und in Druckschrift war er so ungeschickt nicht. Er schrieb:
Ich bin Tarzan von den Affen. Ich brauche dich. Ich gehöre dir. Du bist die meinige. Wir leben für immer hier zusammen in meinem Haus. Ich werde dir die schönsten Früchte, das zarteste Wildbret, das wohlschmeckendste Fleisch bringen, das der Dschungel bietet. Ich werde für dich jagen. Ich bin der größte aller Dschungelkämpfer. Ich werde für dich kämpfen. Ich bin der mächtigste der Dschungelkämpfer. Du bist Jane Porter, ich sah es in deinem Brief. Wenn du das hier siehst, wirst du erkennen, daß es für dich ist, und daß Tarzan von den Affen dich liebt.
Als er aufrecht wie ein junger Indianer an der Tür wartete, nachdem er seine Nachricht geschrieben hatte, drang ein vertrauter Laut an sein scharfes Ohr. Er hörte einen großen Affen sich durch die unteren Zweige des Waldes fortbewegen.
Einen Augenblick lauschte er gespannt, dann tönte aus dem Dschungel der entsetzte Angstschrei einer Frau, und Tarzan von den Affen ließ seinen ersten Liebesbrief zu Boden fallen und schoß wie ein Panther in den Wald.
Auch Clayton hatte den Schrei vernommen, Professor Porter und Mr. Philander ebenfalls, und wenige Minuten später kamen sie keuchend zum Haus gelaufen und überschütteten einander mit einem Schwall aufgeregter Fragen. Ein Blick ins Haus bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen.
Jane und Esmeralda waren nicht da.
Clayton stürmte auf der Stelle, gefolgt von den zwei alten Männern, in den Dschungel und rief laut Janes Namen. Eine halbe Stunde stolperten sie weiter, bis Clayton rein zufällig auf Esmeralda stieß, die reglos am Boden lag.
Er blieb bei ihr stehen, fühlte ihren Puls und lauschte auf die Herzschläge. Sie lebte. Er schüttelte sie.
»Esmeralda!« schrie er ihr ins Ohr. »Esmeralda! Um Gottes willen, wo ist Miß Porter? Was ist geschehen? Esmeralda!«
Sie kam langsam zu sich, schlug die Augen auf und sah Clayton und den Dschungel ringsum.
»O Gaberelle!« jammerte sie und fiel wieder in Ohnmacht.
Inzwischen waren Professor
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