Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
konnte er der Befürchtung nicht Herr werden, daß sie sich vielleicht ständig einet Gefahr aussetzte. Wie schlecht sie beschützt wurde, hatte er in dem kurzen Augenblick gesehen, als Claytons so versagt hatte. Je öfter er daran dachte, desto mehr regte sich das Gewissen in ihm.
Schließlich war er sich selbst zuwider, weil er zuließ, daß sich sein eigensüchtiger Schmerz und seine Eifersucht zwischen Jane Porter und ihre Sicherheit schoben. Als die Tage vergingen, belastete ihn dieser Gedanke immer mehr, und er war drauf und dran, zur Küste zurückzukehren und Jane Porter sowie Clayton unter, seine Fittiche zu nehmen, als ihn Nachrichten erreichten, die all seine Pläne über den Haufen warfen und ihn in wahnwitzigem Tempo nach Osten eilen ließen, wobei er jegliche Gefahren und mögliche Unglücksfälle außer acht ließ.
Ehe Tarzan zu seinem Stamm zurückgekehrt war, hatte ein junges Männchen, das unter den eigenen Stammesgenossen keine Gefährtin finden konnte, dem Brauch zufolge einen großen Streifzug durch den Dschungel unternommen wie die fahrenden Ritter in alter Zeit, um in einer benachbarten Gemeinschaft eine schöne Dame zu erringen.
Er war gerade mit seiner Braut zurückgekehrt und berichtete schnell von seinen Abenteuern, ehe sie ihm entfielen. Unter anderem erzählte er, er habe einen großen Stamm seltsam aussehender Affen beobachtet.
»Bis auf einen waren es alles Männchen mit behaarten Gesichtern«, sagte er. »Dieser eine war ein Weibchen und von hellerer Hautfarbe als selbst dieser Fremde.« Dabei wies er mit dem Daumen auf Tarzan.
Der Affenmensch war mit einemmal ganz Ohr. Er stellte seine Fragen so schnell, daß der junge Menschenaffe, der etwas schwer von Begriff war, sie gerade noch beantworten konnte.
»Hatten diese Männchen kurze, krumme Beine?«
»Ja.«
»Trugen sie Felle von Numa und Sheeta um die Lenden und in den Händen Stöcke und Messer?«
»Ja.«
»Und hatten sie viele goldgelbe Ringe um Arme und Beine?«
»Ja.«
»Und die eine da – war sie klein und schlank und sehr weiß?«
»Ja.«
»Schien sie zum Stamm zu gehören, oder war sie eine Gefangene?«
»Sie schleiften sie mit sich, manchmal am Arm, manchmal an dem langen Haar, das auf ihrem Kopf wuchs. Und sie knufften und schlugen sie fortwährend. Oh, es war wirklich sehr spaßig, das mit anzusehen.«
»Mein Gott!« murmelte Tarzan.
»Wo waren sie, als du sie gesehen hast, und welchen Weg schlugen sie ein?« fragte er weiter.
»Sie waren neben dem zweiten Wasser dort ganz hinten«, sagte das junge Männchen und wies nach Süden. »Als sie bei mir vorbei kamen, zogen sie dem Morgen entgegen, den Saum des Wasser entlang immer stromauf.«
»Und wann war das?« fragte Tarzan.
»Seither ist ein halber Mond vergangen.«
Ohne ein weiteres Wort schnellte der Affenmensch in die Bäume und flog wie ein gestaltloser Geist ostwärts in Richtung der vergessenen Stadt Opar.
Wie Tarzan wieder nach Opar kam
Als Clayton zu ihrem Unterschlupf zurückkehrte und sah, daß Jane nicht da war, geriet er außer sich vor Angst und Schmerz. Monsieur Thuran war wieder völlig bei Sinnen, das Fieber hatte ihn überraschend schnell verlassen, aber das war typisch für diese Tropenkrankheit. Der Russe lag erschöpft und ausgezehrt auf seinem Grasbett in der Laubhütte.
Als Clayton sich bei ihm nach Jane erkundigte, schien er selbst sehr überrascht zu sein, weil sie nicht da war.
»Ich habe nichts Außergewöhnliches gehört«, sagte er. »Allerdings war ich die meiste Zeit bewußtlos.«
Wäre seine körperliche Schwäche nicht so offensichtlich gewesen, so hätte Clayton geargwöhnt, daß dieser bösartige Mensch über den Aufenthaltsort der jungen Frau doch Bescheid wußte. Aber Clayton konnte sehen, daß Thuran nicht einmal imstande war, ohne fremde Hilfe aus ihrem Unterschlupf in den Bäumen herabzusteigen. Bei seinem derzeitigen Zustand konnte er der jungen Frau unmöglich etwas angetan haben und anschließend über die provisorische Leiter wieder in die Laubhütte gestiegen sein.
Der Engländer suchte bis zum Einbruch der Dunkelheit den Dschungel in ihrer Umgebung nach Spuren der Vermißten oder nach Anzeichen ab, die auf die Richtung wiesen, die der oder die Entführer eingeschlagen hatten. Doch obwohl die hinterlassenen Spuren der fünfzig gräßlichen Männer, die ja im Wald nicht zu Hause waren, selbst dem beschränktesten Bewohner des Dschungels ebenso klar erkennbar waren wie dem Engländer eine
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