Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
Zeitspanne, die zwischen dem Moment lag, als er die junge Frau und ihren Begleiter erkannte, und dem, als er die Muskeln entspannte, die den aufs Herz des Engländers gerichteten Giftpfeil hielten, war Tarzan von raschen und wilden Impulsen seines tierischen Lebens heimgesucht worden.
Er hatte die Frau, die er ersehnte, seine Frau, seine Gefährtin, in den Armen eines anderen gesehen. Nach dem schrecklichen Kodex des Dschungels, der ihn in diesem anderen Leben leitete, hatte ihm nur ein Ausweg offengestanden, doch kurz, bevor es zu spät war, hatten die sanfteren Empfindungen der ihm innewohnenden Ritterlichkeit die Oberhand gewonnen über die lodernden Flammen der Leidenschaft und ihn gerettet. Nun war er unendlich erleichtert, daß sie triumphiert hatte, ehe seine Finger den todbringenden Pfeil abgesandt hatten.
Die Vorstellung, zu den Waziri zurückzukehren, übte keine Anziehungskraft mehr auf ihn aus. Er wollte ein menschliches Wesen Wiedersehen. Zumindest wollte er lieber eine Zeitlang allein durch den Dschungel streifen, bis der scharfe Schmerz ein wenig nachließ. Wie seine Artgenossen, die wilden Tiere, zog er es vor, stillschweigend und einsam zu leiden.
Er verbrachte die Nacht wieder im Amphitheater der Affen und jagte mehrere Tage auch von hier aus, wobei er nachts immer ins Halbrund zurückkehrte. Am Nachmittag des dritten Tages kam er früher heim. Er streckte sich einige Augenblick im weichen Gras aus, als er weit im Süden einen vertrauten Lärm hörte.
Es waren die Geräusche, die eine Horde großer Affen verursacht, wenn sie den Dschungel durchquert – ein Irrtum war ausgeschlossen. Er lag einige Minuten und lauschte gespannt. Sie kamen auf das Amphitheater zu.
Er erhob sich träge und reckte sich. Sein scharfes Gehör erfaßte jede Bewegung des sich nähernden Stammes. Da der Wind aus gleicher Richtung wehte, nahm er auch ihre Witterung auf. Indes hätte es dieses zusätzlichen Beweises für die Richtigkeit seiner Vermutung gar nicht bedurft.
Als sie dem Amphitheater schon ganz nahe waren, verschwand Tarzan von den Affen in den Zweigen auf der anderen Seite der Arena. Hier wartete er, um sich die Ankömmlinge anzusehen. Es dauerte auch nicht lange.
Schon tauchte ein schreckliches, behaartes Gesicht zwischen den unteren Zweigen ihm gegenüber auf. Die grausamen, kleinen Augen überflogen die Lichtung mit einem Blick, dann wurde den anderen, die hinter ihm waren, Meldung zugeschnattert. Tarzan konnte die Worte hören. Der Pfadfinder verkündete seinen Stammesmitgliedern, die Luft sei rein, und sie könnten das Amphitheater ungefährdet betreten.
Zuerst ließ sich der Anführer behend auf den weichen Grasteppich fallen, dann folgten nacheinander nahezu einhundert Menschenaffen. Darunter waren große, erwachsene Tiere und verschiedene Junge. Einige ganz winzige, die noch gesäugt werden mußten, klammerten sich an die struppigen Hälse ihrer wilden Mütter.
Tarzan erkannte viele Stammesmitglieder. Es war dasselbe Affenvolk, in das es ihn als winzigen Säugling verschlagen hatte. Manche erwachsene Tiere waren kleine Affen gewesen, als er selbst noch ein Junge war. Er war wie sie in ihrer kurzen Kindheit in diesem Dschungel herumgetollt und hatte mit ihnen gespielt. Gern hätte er gewußt, ob sie sich seiner erinnerten. Das Gedächtnis der Affen ist nicht sonderlich gut, zwei Jahre sind für sie wie eine Ewigkeit.
Aus der Unterhaltung, die er mithörte, erfuhr er, daß sie hergekommen waren, um einen neuen König zu wählen – ihr letzter Anführer war mit einem abgebrochenen Ast einhundert Fuß in die Tiefe gestürzt und hatte ein vorzeitiges Ende gefunden.
Tarzan begab sich zur Spitze eines überhängenden Zweiges, so daß alle ihn sehen konnten. Die schnellen Augen eines Weibchens erspähten ihn zuerst. Mit bellender, tiefer Stimme lenkte sie die Aufmerksamkeit der anderen auf ihn. Einige riesige Männchen stellten sich aufrecht, um den Eindringling besser erkennen zu können. Mit gesträubtem Nackenhaar, die Zähne bleckend, kamen sie langsam auf ihn zu und stießen aus tiefer Kehle ein drohendes Knurren aus.
»Karnath, ich bin Tarzan von den Affen«, sagte der Affenmensch in ihrer Stammessprache. »Du erinnerst dich doch an mich. Als wir noch kleine Affen waren, haben wir Numa gehänselt und aus der sicheren Entfernung hoher Zweige Stöcke und Nüsse nach ihm geworfen.«
Der so Angeredete blieb stehen, und sein wildes Gesicht spiegelte halbes Begreifen und unsicheres Staunen.
»Und
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