Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
geblieben war, den Zahlmeister informieren, daß ich mich in meiner Kabine hinter verschlossener Tür mit einem fremden Mann amüsiere. Er sollte es jedem auf dem Schiff erzählen, und bei unserer Ankunft hätte er die ganze Geschichte den Zeitungsleuten aufgetischt. War das nicht abscheulich? Zufällig wußte ich etwas von Monsieur Pawlowitsch, das ihn in Rußland an den Galgen bringen würde, wenn die Polizei von St. Petersburg davon Wind bekäme. Ich warnte ihn, seinen Plan auszuführen, und dann flüsterte ich ihm einen Namen ins Ohr. Wie ein tollwütiger Hund sprang er mir an die Kehle. Er hätte mich getötet, wären Sie nicht hinzugekommen.«
»Diese Banditen!« murmelte Tarzan grimmig.
»Sie sind schlimmer als diese, mein Freund. Es sind wahre Teufel«, erwiderte sie. »Nun habe ich Angst um Sie, denn Sie haben sich ihren Haß zugezogen. Passen Sie immer gut auf sich auf, versprechen Sie es mir, um meinetwillen, denn ich würde mir nie verzeihen, wenn Sie wegen der Freundlichkeit, die Sie mir erwiesen haben, der Leidtragende wären.«
»Mir ist nicht bange vor ihnen«, erwiderte Tarzan. »Ich habe schon schlimmerer Feinde als Rokoff und Pawlowitsch überlebt.« Er bemerkte, daß sie nichts von den Geschehnissen in der Rue Maule wußte, und erwähnte sie auch nicht, da er befürchtete, es könne sie zu sehr belasten.
»Um Ihrer persönlichen Sicherheit willen sollten Sie die Halunken den örtlichen Behörden übergeben«, fuhr er fort. »Warum tun Sie das nicht? Man sollte mit ihnen kurzen Prozess machen.«
Sie zögerte einen Moment mit der Antwort.
»Dafür gibt es zwei Gründe«, sagte sie schließlich. »Einer davon hält den Grafen ab, eben das zu tun. Den anderen Grund, der mich davor zurückschrecken läßt, sie zu entlarven, habe ich noch niemandem mitgeteilt, nur Rokoff und ich kennen ihn. Ich frage mich …« Bei diesen Worten unterbrach sie sich und schaute ihn eine Weile forschend an.
»Was fragen Sie sich?« wiederholte er lächelnd.
»Ich frage mich, warum ich Ihnen etwas mitteilen will, was ich nicht einmal gewagt habe, meinem Gatten zu sagen. Doch ich denke, Sie werden mich verstehen und können mir vielleicht raten, welchen Weg ich einschlagen sollte. Sie werden mich wohl nicht zu hart beurteilen, glaube ich.«
»Ich fürchte, daß ich einen sehr schlechten Richter abgebe, Madame«, erwiderte Tarzan darauf. »Denn wenn Sie des Mordes schuldig sind, würde ich meinen, das Opfer kann sich glücklich schätzen, ein so reizvolles Schicksal erlitten zu haben.«
»O, mein Lieber, so schlimm ist es auch wieder nicht«, protestierte sie. »Lassen Sie mich zuerst erzählen, welchen Grund der Graf hat, die beiden Männer nicht zu verfolgen; wenn ich dann noch genug Mut habe, will ich Ihnen sagen, warum ich es mir nicht getraue. Der erste ist, daß Nikolas Rokoff mein Bruder ist. Wir kommen aus Rußland. Nikolas ist, solange ich mich erinnern kann, immer ein schlechter Mensch gewesen. Er wurde in Unehren aus der Russischen Armee entlassen, in der er den Rang eines Hauptmannes bekleidete. Es gab einen ziemlichen Skandal, nach einer Weile geriet der Fall jedoch in Vergessenheit, und mein Vater konnte ihm einen Posten beim Geheimdienst verschaffen. Viele schreckliche Verbrechen werden Nikolas zur Last gelegt, er hat es jedoch immer wieder geschafft, der Bestrafung zu entgehen. Erst kürzlich ist es ihm erneut gelungen, da er seine Opfer durch erlogenes Beweismaterial des Hochverrats gegen den Zaren beschuldigte. Die russische Polizei, seit eh und je nur allzu bereit, alle und jeden dieses Kapitalverbrechens zu bezichtigen, hat seine Version mit Freude aufgegriffen und ihn von jeglicher Anschuldigung freigesprochen.«
»Hat er nicht durch seine versuchten Verbrechen an Ihnen und Ihrem Gatten jegliches Recht auf verwandtschaftliche Rücksichtnahme verwirkt?« fragte Tarzan. »Die Tatsache, daß Sie seine Schwester sind, hat ihn nicht von dem Versuch abgehalten, Ihre Ehre in den Schmutz zu ziehen. Sie sind ihm gegenüber zu keiner Loyalität mehr verpflichtet, Madame.«
»Ja, aber es gibt noch den anderen Grund. Wenn ich ihm gegenüber auch keine Rücksicht mehr zu nehmen brauche, kann ich nicht leugnen, daß ich vor ihm Furcht habe. Es geht hierbei um eine bestimmte Episode in meinem leben, über die er Bescheid weiß. – Ich will Ihnen auch das noch erzählen«, fuhr sie nach einer kurzen Pause fort, »da ich fühle, daß ich Ihnen früher oder später ja doch alles beichten werde. Ich wurde in
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