Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
Morgenzeitung berichtete von einem Herrenabend, den ein deutscher Minister am nächsten Tag geben wollte. Unter den geladenen Gästen befand sich auch de Coude. Wenn er an dem Empfang teilnahm, bedeutete dies, daß er bis zum späten Abend nicht zu Hause sein würde.
Am Abend des Banketts wartete Pawlowitsch vor der Residenz des deutschen Ministers nahe dem Eingang, so daß er jeden eintreffenden Gast gut erkennen konnte. Es dauerte nicht lange, da stieg de Coude aus seinem Wagen und kam an ihm vorbei. Das genügte. Pawlowitsch eilte zurück in seine Wohnung, in der Rokoff auf ihn wartete. Sie blieben dort bis nach elf, dann nahm Pawlowitsch den Telefonhörer ab. Er nannte eine Nummer.
»Ist dort das Haus von Leutnant d’Arnot?« fragte er, als die Verbindung hergestellt war. »Eine Nachricht für Monsieur Tarzan. Vielleicht ist er so freundlich, ans Telefon zu kommen?«
Eine Minute Stille.
»Monsieur Tarzan? Hier spricht François – im Auftrag der Gräfin de Coude. Vielleicht haben Sie die Güte, sich des armen François zu erinnern – ja? Sehr schön. Ich habe eine Nachricht für Sie, eine dringende Nachricht von der Gräfin. Sie bittet Sie, sofort zu ihr zu kommen. Sie ist in Schwierigkeiten, Monsieur. Nein, Monsieur, das weiß ich nicht. Kann ich Madame melden, daß Monsieur in Kürze bei uns sein werden? Vielen Dank, Monsieur. Gott wird es Ihnen lohnen.«
Pawlowitsch hängte auf und wandte sich mit einem bösen Lächeln an Rokoff.
»Er braucht dreißig Minuten bis dorthin. Wenn du in fünfzehn Minuten bei der Residenz des deutschen Ministers bist, dann müßte de Coude in ungefähr fünfundvierzig Minuten in seiner Wohnung sein. Alles hängt davon ab, ob dieser Dummkopf noch fünfzehn Minuten bleibt, nachdem er gemerkt hat, daß man ihm einen Streich gespielt hat; wenn mich nicht alles täuscht, wird Olga ihn nach so kurzer Zeit nicht schon wieder gehen lassen. Hier ist die Nachricht für de Coude. Beeil dich!«
Pawlowitsch verlor keine Zeit und eilte zu dem Haus des Ministers. Am Eingang händigte er dem Lakaien den Brief aus. »Der ist für den Graf de Coude. Es ist sehr dringend. Kümmern Sie sich bitte darum, daß er die Nachricht sofort erhält.«
Damit ließ er eine Silbermünze in die Hand des beflissenen Bediensteten fallen. Dann kehrte er in seine Wohnung zurück.
De Coude riß den Umschlag auf, las, wurde kreidebleich, und seine Hände zitterten. Dann entschuldigte er sich bei seinem Gastgeber und ging.
Die Nachricht lautete:
Monsieur Graf de Coude:
Jemand, dem die Ehre Ihres Namens am Herzen liegt, möchte Sie auf diesem Wege in Kenntnis setzen, daß die Unantastbarkeit Ihres Heimes auf dem Spiel steht.
Ein gewisser Mann, der schon seit Monaten während Ihrer Abwesenheit häufig in Ihrem Haus zu Gast ist, befindet sich jetzt bei Ihrer Gemahlin. Wenn Sie sich sofort in ihr Gemach begeben, werden Sie beide zusammen antreffen.
Ein Freund
Zwanzig Minuten nach Pawlowitschs Anruf bei Tarzan ließ sich Rokoff mit Olgas Privatanschluß verbinden. Ihr Mädchen ging ans Telefon, das sich in ihrem Zimmer befand.
»Aber Madame hat sich hingelegt«, sagte sie, als Rokoff die Gräfin zu sprechen wünschte.
»Es handelt sich um eine sehr wichtige Nachricht, die ich ihr nur persönlich übermitteln kann«, erwiderte er. »Sagen Sie ihr, sie möchte bitte aufstehen, sich etwas überwerfen und ans Telefon kommen. Ich rufe in fünf Minuten noch einmal an.« Er legte auf. Einen Moment später traf Pawlowitsch ein.
»Der Graf hat die Nachricht erhalten?« fragte Rokoff.
»Er müßte inzwischen schon auf dem Heimweg sein«, erwiderte Pawlowitsch.
»Gut! Meine Lady wird jetzt im Negligé in ihrem Gemach sitzen. In einer Minute wird der getreue Jacques Monsieur Tarzan ohne Ankündigung zu ihr geleiten. Sie brauchen bestimmt ein paar Minuten, um alles aufzuklären. Olga wird in ihrem hauchdünnen Gewand sehr verführerisch aussehen und ihr anliegender Morgenmantel die Reize nur halb verbergen, die ersteres überhaupt nicht verdeckt. Sie wird überrascht sein, aber nicht wütend. Wenn in den Adern dieses Mannes nur ein Tropfen echten Blutes fließt, wird der Graf in etwa fünfzehn Minuten in eine recht hübsche Liebesszene hineinplatzen. Ich denke, unser Plan ist großartig, mein lieber Alexis. Komm, wir gehen aus und trinken einige Gläser von Plancons unübertroffenem Absinth auf Monsieur Tarzans Gesundheit, – und denken daran, daß der Graf de Coude einer der besten Fechter von Paris und
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