Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
einem Konvent aufgezogen. Dort lernte ich einen Mann kennen, von dem ich glaubte, er sein ein Gentleman. Ich wußte wenig oder gar nichts über Männer und noch weniger über Liebe. In meiner Dummheit redete ich mir ein, daß ich in ihn verliebt sei, und auf sein Drängen brannte ich mit ihm durch. Wir wollten heiraten. Ich war nur drei Stunden mit ihm zusammen. Alles am Tag und in der Öffentlichkeit – auf Bahnhöfen und in einem Zug. Als wir unser Reiseziel erreichten, wo wir getraut werden sollten, traten zwei Beamte an meinen Begleiter heran und nahmen ihn fest. Mich auch gleich mit, aber als ich ihnen meine Geschichte erzählte, ließen sie mich frei und schickten mich unter der Obhut einer Aufseherin zurück in den Konvent. Es stellte sich heraus, daß der Mann, der mir den Hof gemacht hatte, gar kein Gentlemen war, sondern ein Deserteur und dazu noch auf der Flucht vor dem Gesetz. Fast in jedem Land Europas hatte er eine Polizeiakte. Die Sache wurde von der Leitung des Klosters vertuscht. Nicht einmal meine Eltern erfuhren davon. Nikolas aber traf den Mann später und erhielt Kenntnis von dem Vorfall. Nun droht er, es dem Grafen mitzuteilen, wenn ich nicht das tue, was er von mir verlangt.«
Tarzan lachte. »Sie sind noch immer ein kleines Mädchen. Die Geschichte, die Sie mir erzählt haben, kann sich in keiner Weise auf Ihren Ruf auswirken, und wären Sie in Ihrem Herzen nicht noch ein kleines Mädchen, dann wüßten Sie das auch. Gehen Sie heute abend zu Ihrem Mann und erzählen Sie ihm alles genauso, wie Sie es mir erzählt haben. Wenn mich nicht alles täuscht, wird er über Ihre diesbezüglichen Befürchtungen nur lachen und sofort etwas unternehmen, um Ihren hochgeschätzten Bruder dorthin zu bringen, wo er hingehört: ins Gefängnis.«
»Ich wünschte, ich hätte den Mut dazu«, sagte sie, »aber ich habe Angst. Ich habe früh gelernt, Männer zu fürchten. Zuerst meinen Vater, dann Nikolas, dann die Patres im Kloster. Fast alle meine Freundinnen fürchten ihre Ehemänner – warum sollte es bei mir anders sein?«
»Ich halte das nicht für richtig, daß Frauen ihre Männer fürchten«, sagte Tarzan, und sein Gesicht spiegelte Verlegenheit. »Ich kenne mich am besten unter den Bewohnern des Dschungel aus, und dort ist es oft gerade anders, einige Eingeborenenstämme ausgenommen. Da stehen manche mit ihren Bräuchen meines Erachtens sogar noch unter den wilden Tieren. Nein, ich kann nicht verstehen, warum zivilisierte Frauen die Männer fürchten sollten, jene Wesen, die eigens dafür geschaffen sind, sie zu beschützen. Der Gedanke, daß sich irgendeine Frau vor mir fürchtet, wäre mir verhaßt.«
»Ich glaube nicht, daß es diese Frau gibt, lieber Freund«, sagte Olga de Coude mit sanfter Stimme. »Ich kenne Sie erst kurze Zeit, und es mag töricht klingen, aber Sie sind der einzige Mann, von dem ich glaube, daß ich ihn nie fürchten muß – das ist seltsam, denn Sie sind sehr stark. Ich habe mich über die Leichtigkeit gewundert, mit der Sie an jenem Abend Nikolas und Pawlowitsch in meiner Kabine zur Räson gebracht haben. Es war beeindruckend.«
Als Tarzan sie kurze Zeit später verließ, wunderte er sich ein wenig über den langen Händedruck bei seiner Verabschiedung und die Beharrlichkeit, mit der sie auf seiner Zusage bestand, sie morgen wieder zu besuchen.
Den Rest des Tages hatte er ständig ihre halbverschleierten Augen und vollendet geformten Lippen vor Augen, als sie ihm lächelnd auf Wiedersehen sagte. Olga de Coude war eine sehr schöne Frau und Tarzan von den Affen ein sehr einsamer junger Mann, mit einem Herzen, das nach liebevoller Zuneigung verlangte, wie sie nur eine Frau geben kann.
Als die Gräfin nach Tarzans Weggang wieder in ihr Zimmer kam, stand sie Nikolas Rokoff gegenüber.
»Wie lange bist du schon hier?« rief sie und wich vor ihm zurück.
»Seit dein Liebhaber eintraf«, antwortete er mit hämischem Grinsen.
»Schweig! Wie kannst du es wagen, mir, deiner Schwester, so etwas zu sagen!« wies sie ihn zurecht.
»Ja, meine liebe Olga, wenn er nicht dein Liebhaber ist, dann bitte ich um Entschuldigung; aber nicht an dir liegt es, wenn er es nicht ist. Wüßte er nur ein ganz klein wenig über Frauen Bescheid, lägst du in dieser Minute in seinen Armen. Wo hat dieser Trottel nur seine Augen gehabt! Wirklich, Olga, jedes deiner Worte und jede Handlung waren eine Einladung für ihn, ihm aber fehlte dafür jeglicher Spürsinn.«
Die Frau hielt sich mit beiden
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