Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
der beste Schütze in ganz Frankreich ist.«
Als Tarzan bei Olgas Haus ankam, erwartete Jacques ihm am Eingang.
»Hier entlang, Monsieur«, sagte er und führte ihn die breite Marmortreppe hinauf. Gleich danach öffnete er eine Tür, schob einen dicken Vorhang beiseite und geleitete Tarzan mit einer kriecherischen Verbeugung in ein schwach beleuchtetes Zimmer. Dann verschwand er.
In der anderen Ecke des Raumes sah Tarzan Olga an einem kleinen Schreibtisch sitzen, auf dem ihr Telefon stand. Nervös trommelte sie mit den Fingern auf der glatten Tischplatte. Sie hatte ihn nicht eintreten hören.
»Olga, was ist passiert?« fragte er.
Sie wandte sich mit einem kleinen Schreckensschrei um.
»Jean!« rief sie. »Was machst du hier? Wer hat dich eingelassen? Was bedeutet das?«
Tarzan war wie vom Blitz getroffen, nach einigen Minuten dämmerte ihm jedoch ein Teil der Wahrheit.
»Dann hast du nicht nach mir rufen lassen, Olga?«
»Zu dieser späten Stunde? Mon Dieu! Jean, hältst du mich für verrückt?«
»François hat mich angerufen, ich solle sofort zu dir kommen; du seiest in Schwierigkeiten und habest nach mir verlangt.«
»François? Wer in aller Welt ist das?«
»Er sagte, er sei ein Diener von euch, und tat so, als müsse ich mich an ihn erinnern.«
»Wir haben niemanden mit diesem Namen in unserer Dienerschaft. Jemand hat dir einen Streich gespielt, Jean«, und Olga lachte.
»Ich fürchte, das ist ein ganz übler ›Streich‹, Olga«, erwiderte er. »Da steckt mehr als nur ein Scherz dahinter.«
»Was meinst du damit? Du glaubst doch nicht, daß –«
»Wo ist der Graf?« unterbrach er sie.
»In der deutschen Botschaft.«
»Das ist ein weiterer Schachzug deines geschätzten Bruders. Morgen wird dein Mann davon erfahren. Er wird die Bediensteten befragen. Alles wird auf genau die Sache hindeuten, die Rokoff den Grafen glauben machen will.«
»Der Schuft!« rief Olga. Sie hatte sich erhoben, war zu Tarzan getreten und schaute ihm ins Gesicht. Angst sprach aus ihren Augen. Der Jäger kennt diesen Ausdruck bei verängstigtem, erschrockenen Wild. Sie war verwirrt, wußte nicht weiter und zitterte am ganzen Leib. Um Halt zu finden, legte sie ihre Hände auf seine kräftigen Schultern.
»Was sollen wir tun, Jean?« flüsterte sie. »Es ist schrecklich. Morgen wird ganz Paris davon in der Zeitung lesen – dafür wird er schon sorgen.«
Ihr Blick, ihr Haltung und ihre Worte drückten die jahrhundertealte Bitte der hilflosen Frau gegenüber ihrem natürlichen Beschützer, dem Mann, aus. Tarzan nahm eine der warmen, kleinen Hände von seiner Brust in die seinen. Es war eine eher unbewußte Geste, und es entsprach seinem Beschützerinstinkt, daß er behütend den Arm um die Schultern der jungen Frau legte.
Das Ergebnis war elektrisierend. Nie zuvor war er ihr so nahe gewesen. Bestürzt und voller Schuldgefühle schauten sie plötzlich einander an, und wo Olga de Coude stark hätte sein sollen, war sie schwach, denn sie schmiegte sich enger an ihn und schlang ihre Arme um seinen Hals. Und Tarzan von den Affen? Er zog die heftig atmende Gestalt an sich und bedeckte ihre heißen Lippen mit Küssen.
Raoul de Coude hatte sich überhastet bei seinem Gastgeber entschuldigt, als der Lakai des Botschafters ihm die Nachricht ausgehändigt hatte. Später konnte er sich an keinen der Gründe mehr entsinnen, die er zu seiner Entschuldigung vorgebracht hatte. Alles erschien ihm wie im Nebel bis zu dem Zeitpunkt, als er die Schwelle seines Hauses betrat. Da wurde er ruhig, bewegte sich leise und mit Vorsicht. Aus einem ihm unerklärlichen Grund hatte Jacques die Tür schon geöffnet, noch bevor er halb die Treppe hinauf war. Zu dem Zeitpunkt erschien es ihm nicht ungewöhnlich, erst später fiel es ihm auf.
Auf leisen Sohlen ging er die Treppe hinauf und durch die Galerie ins Zimmer seiner Frau. In der Hand hielt er einen schweren Spazierstock, und sein Herz war erfüllt von Mordgelüsten.
Olga sah ihn als erste. Mit einem Schreckensschrei riß sie sich aus Tarzans Umarmung, und der Affenmensch drehte sich rechtzeitig herum, um mit dem Arm einen gewaltigen Schlag abzufangen, den de Coude auf seinem Kopf niedergehen lassen wollte. Einmal, zweimal, dreimal sauste der Stock blitzschnell durch die Luft, und jeder Schlag sollte den Affenmenschen ins Jenseits befördern.
Mit dem leisen, kehligen Knurren des Affenmännchens sprang er den Franzosen an, entriß ihm den dicken Stock, brach ihn in zwei Teile, als wäre es
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