Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
dieser andere Satan von meinem Geheimnis wüßte, würde ich Sie noch heute nacht mit eigenen Händen umbringen.«
Rokoff lachte. »Das werden Sie hübsch bleiben lassen, mein lieber Leutnant«, sagte er. »In dem Moment, in dem mein Tod bekannt wird, überreicht unser geschätzter Pawlowitsch dem Kriegsminister alle Beweise über diese Angelegenheit, die Sie so gern unter den Tisch gekehrt hätten, und bezichtigt sie außerdem des Mordes an mir. Habe ich Ihre Ehre nicht verteidigt, als wäre es meine eigene?«
Gernois verzog höhnisch das Gesicht und stieß einen Fluch aus.
»Nur ein bißchen mehr Geld und die Dokumente, die ich haben will, und Sie haben mein Ehrenwort, daß ich nie wieder einen Franc oder auch nur eine Information von Ihnen verlangen werde«, fuhr Rokoff fort.
»Und warum?« knurrte Gernois. »Sie rauben mir mein letztes Geld und das einzige wirklich wichtige militärische Geheimnis, das mir bekannt ist. Sie sollten mich für die Informationen bezahlen, anstelle etwas von mir zu verlangen.«
»Ich halte dafür meine Zunge im Zaum«, erwiderte Rokoff. »Aber lassen wir das. Wollen Sie oder wollen Sie nicht? Ich gebe Ihnen drei Minuten, um sich zu entscheiden. Wenn Sie keine Einsicht zeigen, werde ich heute noch Ihren Kommandanten informieren, und Sie werden degradiert wie damals Dreyfus – mit dem einzigen Unterschied, daß er es nicht verdient hatte.«
Gernois schwieg einen Augenblick und ließ den Kopf hängen. Schließlich erhob er sich und zog zwei Papierstücke aus seinem Hemd.
»Hier«, sagte er entmutigt. »Ich habe schon alles vorbereitet, da ich ahnte, daß es keinen Ausweg für mich geben würde.« Er hielt sie dem Russen hin.
Rokoffs Gesicht hellte sich in bösartiger Freude auf. Er griff nach den Dokumenten.
»Gut gemacht, Gernois«, sagte er. »Ich werde Sie nicht weiter behelligen – bis Sie wieder etwas Geld oder eine Information für mich haben.« Dabei grinste er.
»Dazu wird es nie wieder kommen, Sie Hundesohn!« fauchte Gernois. »Das nächste Mal werde ich Sie töten. Heute abend war ich schon nahe dran. Bevor ich hierher kam, habe ich eine Stunde lang mit diesen beiden Papierstücken an meinem Tisch gesessen, daneben lag meine geladene Pistole. Ich habe krampfhaft überlegt, was von beiden ich mitnehmen sollte. Sie sind heute abend noch mal davongekommen; fordern Sie Ihr Schicksal nicht ein zweites Mal heraus.«
Dann erhob er sich, um zu gehen. Tarzan fand kaum Zeit, sich wieder auf den Treppenabsatz herunterzulassen und möglichst weit von der Tür entfernt in den Schatten zu treten. Selbst jetzt konnte er kaum hoffen, unentdeckt zu bleiben. Der Absatz war sehr klein, und obwohl er sich in der äußersten Ecke an die Wand preßte, befand er sich nur einen Schritt vom Eingang entfernt. Fast unmittelbar darauf öffnete sich die Tür, und Gernois trat heraus. Rokoff stand hinter ihm. Keiner der beiden sprach. Gernois ging etwa drei Stufen hinunter, blieb dann stehen und wandte sich halb um, als wolle er wieder zurückkommen.
Tarzan wußte, daß sie ihn bestimmt entdecken würden. Rokoff stand noch auf der Schwelle, ein Schritt von ihm entfernt, schaute aber in die entgegengesetzte Richtung zu Gernois. Dieser hatte es sich offensichtlich anders überlegt und ging weiter die Treppe hinab. Tarzan hörte, wie Rokoff erleichtert aufatmete. Einen Augenblick später ging er zurück ins Zimmer und schloß die Tür.
Tarzan wartete, bis Gernois sich außer Hörweite befand, stieß die Tür auf und trat ein. Er stand bei Rokoff, noch ehe sich der Mann von dem Platz erheben konnte, wo er gerade die Dokumente von Gernois durchlas. Als sein Blick auf das Gesicht des Eindringlings fiel, erblaßte er.
»Sie!« stieß er hervor.
»Ich«, erwiderte Tarzan.
»Was wollen Sie?« flüsterte Rokoff, denn der Blick, mit dem der Affenmensch ihn ansah, erschreckte ihn. »Sind Sie gekommen, um mich zu töten? Das wagen Sie nicht. Dann bringt man Sie auf die Guillotine. Das werden Sie nicht tun.«
»Doch«, erwiderte Tarzan, »Denn niemand weiß, daß Sie hier sind, oder daß ich hier bin, und Pawlowitsch würde verkünden, daß Gernois es getan hat. Ich hörte, wie Sie das vorhin zu ihm sagten. Aber das würde mich nicht beeinflussen, Rokoff. Was schert es mich, wenn jemand erfährt, daß ich Sie getötet habe? Die Freude darüber würde mich für jede nachfolgende Strafe entschädigen. Sie sind der widerlichste Feigling, der mir je über den Weg gelaufen ist. Man müßte Sie umbringen.
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