Tarzan 04 - Tarzans Sohn
sein Arbeitszimmer, wo er den ehrenwerten Morison vorfand, der offensichtlich voller Unbehagen im Zimmer auf und ab wanderte.
Bwana kam sofort zur Sache. »Hanson macht sich morgen nach Norden auf den Weg. Er hat Sie besonders ins Herz geschlossen und mich soeben gebeten, Ihnen zu sagen, daß er sich freuen würde, wenn Sie ihn begleiten würden. Gute Nacht, Baynes.«
Auf Bwanas Anregung blieb Meriem am nächsten Morgen in ihrem Zimmer, bis der ehrenwerte Morison Baynes seinen Abschied genommen hatte. Hanson hatte ihn ganz früh abgeholt – er war tatsächlich die ganze Nacht bei dem Vorarbeiter Jervis geblieben, damit sie sich zeitig auf den Weg machen konnten.
Bei der Verabschiedung ging es zwischen dem ehrenwerten Morison und seinem Gastgeber höchst förmlich zu, und als der Gast schließlich davonritt, atmete Bwana erleichtert auf. Es war eine unangenehme Aufgabe gewesen, und er war froh, daß sie vorbei war. Gleichwohl bereute er sein Verhalten nicht. Baynes Verliebtheit in Meriem war ihm nicht entgangen, und da er den Standesdünkel des jungen Mannes kannte, hatte er keine Minute geglaubt, sein Gast würde diesem namenlosen Arabermädchen seinen Namen geben. Denn ungeachtet dessen, daß Meriem für eine Vollblutaraberin ziemlich hellhäutig war, hielt Bwana sie dennoch für eine solche.
Er erwähnte die Sache Meriem gegenüber nicht wieder, und das war ein Fehler, denn das junge Mädchen war sich zwar bewußt, wieviel sie ihm und My Dear zu verdanken hatte, jedoch auch stolz und empfindsam genug, so daß Bwanas Verhaltensweise, Baynes einfach wegzuschicken und ihr keine Gelegenheit zu geben, eine Erklärung zu liefern oder sich zu verteidigen, sie verletzte und demütigte. Auch war dies nur zu geeignet, in ihren Augen aus Baynes einen Märtyrer zu machen und bei ihr ein starkes Empfinden der Loyalität ihm gegenüber zu wecken.
Was sie bislang nur halbwegs für Liebe gehalten hatte, betrachtete sie jetzt als vollwertiges Gefühl. Gewiß hätten Bwana und My Dear ihr die sozialen Schranken vielleicht erläutern sollen, die, wie sie sehr wohl wußten, in Baynes Augen zwischen ihm und Meriem bestanden, aber sie wollten sie nicht kränken. Es wäre jedoch besser gewesen, sie hätten ihr diesen geringeren Schmerz bereitet und dem Kind auf diese Weise das Elend erspart, das ihrer Unwissenheit wegen nun folgen sollte.
Während Hanson und Baynes zum Lager des Händlers ritten, schwieg der Engländer die ganze Zeit verdrossen. Der andere versuchte, ein Gespräch zu beginnen, das ganz natürlich zu dem Vorschlag führen sollte, den er im Sinn hatte. Er ritt ein klein wenig hinter seinem Begleiter und grinste, als er den düsteren Ausdruck im patrizischen Antlitz des ehrenwerten Morison gewahrte.
»Er ist ganz schön grob mit Ihnen umgegangen, stimmt’s?« bemerkte er schließlich und wies mit einer Kopfbewegung in Richtung des Bungalows, als Baynes ihn bei diesen Worten anblickte. »Er hält eben große Stücke auf das Mädchen und wünscht nicht, daß jemand daherkommt, sie heiratet und fortbringt. Ich glaube jedoch, daß er ihr damit eher Schmerz bereitet, als daß er ihr Gutes tut, wenn er Sie jetzt wegschickt. Irgendwann sollte sie doch heiraten, und was Besseres als so einen eleganten jungen Gentleman wie Sie könnte sie sich doch gar nicht wünschen.«
Baynes war zuerst geneigt gewesen, sich die Einmischung in seine persönlichen Angelegenheiten seitens dieses gewöhnlichen Burschen zu verbitten, doch dessen Schlußbemerkung tat ihm wohl, und fortan sah er in Hanson einen Mann von feinem Urteilsvermögen.
»Er ist ein verdammter Angeber, aber ich werd’s ihm schon noch mal heimzahlen«, brummte er. »Möglich, daß er hier in Zentralafrika der Größte ist. Ich aber bin in London auch nicht gerade der letzte Dreck, und das wird er schon noch herausfinden, wenn er heimkommt.«
»An Ihrer Stelle würde ich es mir verbitten, daß jemand das Mädchen von mir fernhält, das ich haben will«, sagte Hanson. »Unter uns gesagt kann er mir auch gestohlen bleiben, und falls ich Ihnen in irgendeiner Weise helfen kann, dann sagen Sie es mir.«
»Das ist mächtig anständig von Ihnen, Hanson«, erwiderte Baynes und erwärmte sich immer mehr für den Händler. »Aber was kann ein Mann schon tun in diesem gottverlassenen Land?«
»Oh, da wüßte ich schon was«, antwortete Hanson. »Ich würde mir das Mädchen einfach holen. Wenn sie Sie liebt, kommt sie bestimmt mit.«
»Das kann ich nicht tun«, sagte Baynes.
Weitere Kostenlose Bücher