Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Rachen- und Speiseröhrenbereich mit entstellenden Gewebezerstörungen im Gesicht (Abb. 11. 20 ). L. brasiliensis kommt ebenfalls bei anderen Säugetieren (Hund, Hamster, Ratte) vor (Reservoirfunktion).
Tab. 11. 2 Die vier Morphen der Trypanosomatidea.
Abb. 11. 20 Haut- und Schleimhautleishmaniose (Fotos von Ute Mackenstedt, Hohenheim).
Weit verbreitet in allen subtropischen und tropischen Regionen sind die Vertreter der Gattung Trypanosoma . Sie befallen Menschen, Tiere, Pflanzen und Protisten, wobei einige Arten gefährliche Krankheitserreger sind.
Trypanosoma brucei gambiense und T. b. rhodesiense sind die Erreger der Schlafkrankheit im tropischen Afrika. Die beiden Unterarten, die sich morphologisch und im Entwicklungszyklus nicht unterscheiden, sind jedoch geographisch differenziert und weisen nur ein kleines Überlappungsgebiet auf (Abb. 11. 21 ).
Abb. 11. 21 Verbreitung der beiden Schlafkrankheitserreger Trypanosoma brucei gambiense und T. b. rhodesiense (nach Dönges, 1988).
Die Virulenz von T. b. rhodesiense ist für den Menschen deutlich höher, mit einem Krankheitsverlauf über wenige Wochen, wohingegen sich dieser bei einer Erkrankung mit T. b. gambiense über Monate und Jahre erstrecken kann. Trypanosomen werden durch blutsaugende Tse-Tse-Fliegen ( Glossina ssp.) übertragen. Eine einmal infizierte Fliege bleibt ihr ganzes Leben lang (6 Monate) infektiös. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Schlafkrankheit weit verbreitet, so war z. B. Uganda zeitweilig weitgehend entvölkert. Man geht derzeit von mehr als 300 000 infizierten Personen aus, wobei die Tendenz (aufgrund unstabiler politischer Situationen) zunehmend ist. Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sind es ca. 50 000 jährlich, die WHO schätzt sogar 200 000 Neuinfektionen pro Jahr.
Der Entwicklungszyklus von T. b. gambiense ist schematisch in Abb. 11. 22 dargestellt. Der Krankheitsverlauf im Menschen wird in der Regel durch den Stich der Fliege eingeleitet, durch den mehrere 100 (metazyklische) Trypanosomen in den Körper gelangen. Es folgt eine lokale Phase von 1–4 Wochen mit einer Entzündung an der Einstichstelle ( Trypanosomenschanker ). Dieser folgt die mehrmonatige Blutphase , in der die Trypanosomen in die Blutbahn eindringen. Endotoxine zerfallender Trypanosomen-Zellen verursachen Fieberschübe. Im Anschluss verschwinden die Trypanosomen aus der Blutbahn und befallen die Lymphdrüsen . Danach erfolgt die Invasion in den Liquor cerebrospinalis( Liquorphase ). Diese dritte Krankheitsphase ist zunächst häufig mit Irritation, Schlaflosigkeit, Tobsucht gekennzeichnet, der dann der namensgebende schwere Krankheitszustand mit anhaltender Somnolenz, völliger Apathie und fortschreitender Kachexie folgt.
Abb. 11. 22 Trypanosoma brucei gambiense , Entwicklungszyklus (nach Dönges, 1988).
Auf Lateinamerika beschränkt ist Trypanosoma cruzi , der Erreger der Chagas- Krankheit . Die Übertragung erfolgt durch Kot infizierter Raubwanzen (Hauptüberträger: Triatoma infestans ), der auf Augen gelangt oder in die Haut nach dem Stich eingekratzt wird. Nach der Infektion verteilen und vermehren sich die Trypanosomen im lymphatischen blutbildenden Gewebe. Sie wandern dann in Muskelzellen und wandeln sich zur amastigoten (Leishmania-)Form um. Bevorzugt wird die Herzmuskulatur. Intensive amastigote Vermehrungszyklen folgen, wobei sich jedoch ein Teil der Parasiten wieder in die trypomastigote Form zurückverwandelt und im peripheren Blut von Wanzen durch Stichwieder aufgenommen werden kann (Abb. 11. 23 ). Die durch T. cruzi hervorgerufene Chagas-Krankheit umfasst vor allem chronische Herzerkrankungen. Selten beobachtete Komplikationen treten durch Vergrößerungen von Speiseröhre, Darm, Milz und Leber auf, wohl als Folge der Zerstörung vegetativer Neurone und von Autoimmunvorgängen. T. cruzi kann durch die Plazenta hindurch den Fetus befallen. Nach Berichten der WHO und Ärzte ohne Grenzen sind ca. 18 Millionen Menschen betroffen, etwa 45 000 sterben jährlich daran.
Abb. 11. 23 Trypanosoma cruzi, Entwicklungszyklus (nach Dönges, 1988).
Trypanosomen schwimmen im Blutstrom ihres Wirtes, wobei sie der Attacke des Immunsystems ausgesetzt sind. Dagegen schützen sich die Parasiten gleich in mehrfacher Hinsicht. Sie besitzen eine gleichmäßige Bedeckung der Zelloberfläche aus Glykoproteinen, an die die Antikörper andocken. Dieser Glykoprotein-Mantel wird in regelmäßigen Abständen ausgewechselt. Die Proteine werden
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