Tascosa (German Edition)
den dunklen Raum gestreckt und schlürfte teuren Whiskey
aus einem teuren Kristallschnapsglas.
Normalerweise entspannte ihn das und beruhigte
seine Gedanken vor dem Einschlafen. Anders heut Abend. Heut Abend erschienen zu
viele Geister in den Schatten. Er füllte sein Glas wieder auf, stand am Fenster
und starrte auf die Mondsichel.
Erinnerungen an seine Eltern huschten durch seinen
Kopf. Als er sie verlor, lehnten er und seine Schwester sich schwer aneinander,
um die Trauer durchzustehen. Sie hatten sich fast zu Tode gearbeitet, um die
Farm am Laufen zu halten. Sein normalerweise stures Naturell verwandelte sich
in Feinstaub durch seine Entschlossenheit, Leib und Seele beieinander zu
halten. Dass seine Schwester ihn brauchte, gab ihm einen Grund am Leben zu
bleiben, ein eigenes Wertgefühl. Als sie ein paar Jahre später starb, fühlte er
sich so allein wie noch nie zuvor und zum ersten Mal in seinem Leben erfuhr er
Angst — erstickende, unerträgliche Angst.
Er brauchte eine Frau, Kinder und irgendwann
Enkel um sich herum. Er heiratete Carolyn, plante eine große Familie und schwor
sich, nie wieder allein zu sein. Sie zogen nach Texas und bauten die Rocking-T
Ranch auf, als Haus für ihren Clan. Carolyn starb bevor sie ihm ein Kind
geschenkt hatte, und wurde somit die dritte Frau, die ihn einsam zurückließ.
Ihr Tod verfolgte ihn noch immer. Er war
betrunken gewesen, zu betrunken um sich genau an das Ereignis zu erinnern. Er
wusste, dass er sich noch in dieser Minute oben an der Treppe mit ihr
gestritten hatte, und in der nächsten beugte er sich unten über ihren
verdrehten, leblosen Körper — ihr Kopf lag so ganz merkwürdig abgeknickt.
Wie auch immer, vielleicht durch seine
Hausangestellten, begannen Gerüchte — üble, boshafte Gerüchte — zu kursieren,
dass er sie in seinem Suff gestoßen hätte. Das konnte nicht stimmen. Es durfte nicht stimmen! Er liebte sie zu sehr und brauchte sie dringend. Umso mehr fraß
die Schuld ihn auf. Was wenn er sie doch gestoßen hatte? Was wenn er sie
... getötet... ermordet hatte? Die Schuld hielt ihn weg von den Saloons.
Er wollte dass ihn niemand mehr mit Alkohol sehen sollte.
Als Carolyn begraben wurde, wurden auch
Brian's Hoffnungen begraben. Die Angst alleine zu sein, nahm in ihrer
Bedrohlichkeit zu, zog ihre Klauen immer enger und dichter um seinen Verstand.
Dann traf er Amanda.
Er dachte an das erste Mal zurück, als er sie
gesehen hatte, wie sie an der Stiege im Restaurant gestanden hatte, so verloren
und ängstlich. Als er ihr zu Hilfe gesprungen war und den Betrunkenen
hinausschleppte. Er hätte dem Mann das Gesicht eingeschlagen, wenn ihn nicht
jemand weggezogen hätte. Vielleicht war er in diesem Moment zu ihrem Beschützer
geworden.
Aber später in der Woche hatten sich seine
Gefühle gewandelt. Als er sie in den Kleidern seiner Frau sah, wie sie neben
ihm bei Tisch saß, wie sie sein bedeutungsvolles Geschenk annahm, verwandelte
sie sich von jemand dem er Schutz bot, in die Frau seines Hauses.
Im sanften Mondlicht dieser Nacht wollte er
sie so wahnsinnig gern küssen, er konnte fast ihre Lippen fühlen. Das war zwar
das erste, aber nicht das letzte Mal. Im Restaurant hatte er Störenfriede
verscheucht, hatte ihr alles gegeben was sie brauchte, und noch mehr. Er hatte
sogar für sie getötet. Sie gehörte ihm — sie war die Seine, wie wenn sie sein
Brandzeichen trüge.
Und doch war sie Nate nach Ft. Sill gefolgt.
Was sah sie in diesem Nichts eines Cowboys? Er konnte ihr kein schönes Haus wie
dieses geben, keine schönen Kleider, keine Bediensteten.
Das Tick-tack der Großvater-Uhr erfüllte
Brian's stille, gequälte Träumereien. Heut Nacht allerdings, als er an Amanda
dachte, verwandelte sich das Tick-tack in "Brad-ford, Brad-ford" ,
bis Brian glaubte verrückt zu werden.
Als Brian weiter aus dem Fenster starrte und
sich vorstellte, dass Amanda und Nate unter genau demselben Mond jetzt zusammen
waren, schwoll seine Eifersucht zu blinder Wut. Er leerte das Glas mit einem
wütenden Schluck und füllte es wieder auf. Wenn Bradford sie nur so viel
berühren würde, würde Brian ihn umbringen! Nur so viel sie berührte!
Brad-ford. Brad-ford. Brad-ford.
"Verdammt!" er stürzte den Drink
hinunter und donnerte das Glas auf den Schreibtisch.
Brad-ford. Brad-ford. Brad-ford.
Er beugte sich über die Stuhllehne, stütze die
Hände auf die Armlehnen und ließ den Kopf hängen. Er versuchte einen Weg zu
finden, wie er Bradford loswerden konnte —
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