Tastenfieber und Liebeslust
habe ich einen Aufzug!
Deine Geliebte
8. August – 09:03 Uhr
Mein Evachen,
ich versuchte mehrfach, Dich anzurufen, aber nur Claudio war da. Er sagte, er wisse nicht, wo Sie sich gerade rumtreiben. Etwas undeutlich bellte er was von Fremdenführern und Dramaturgen ins Telefon.
Ich weiß nicht, wofür dieses kleine Abenteuer, wie Du es nennst, gut sein soll. Vor allem gefällt mir nicht, dass wir dabei mit den Gefühlen anderer Menschen spielen. Wer weiß, was sich der Dramaturg von Dir erhofft? Und warum soll ich die nette Lehrerin, sie heißt übrigens Marion, so an der Nase herumführen? Also, sei mir nicht böse, aber ich bin gegen dieses Treffen. Denke noch mal darüber nach. Wie würdest Du Dich fühlen, wenn Du nur zum Spaß zu einer Verabredung bestellt würdest?
Dein treuer und redlicher Geliebter
8. August – 11:24 Uhr
Amore mio!
So kenne ich Dich ja gar nicht! Du sagst doch immer, dass Du nichts und niemanden ernst nimmst, von Gelassenheit geprägt seist und kein Scherzlein versäumen möchtest, das Leben leicht und fröhlich, ja pfiffig nimmst. Warum nicht auch bei diesem Doppelrendezvous, das uns sicher viel Spaß bringen wird?
Ich verstehe Deinen plötzlichen Ernst und Deine bedeutungsvollen Überlegungen überhaupt nicht. Ausgerechnet Du!
Und was die Gefühle Deiner Lehrerin betrifft, die Du verletzen könntest: Ihr habt doch kaum Kontakt! Kein Foto ausgetauscht! Nur ein paar kurze Mails! Da sind doch noch gar keine Gefühle geweckt worden. Na also.
Ich habe eine große Liebe für das Theater, und im Café könnte ich das voll ausleben. Also, bitte sei wieder pfiffig und komme mit. Du sagst doch immer, der Wunsch einer Dame sei Dir Befehl!
Nun stehe mal zu Deinen großen Worten. Wie wäre es am kommenden Mittwoch? Da könnte ich gut.
Kuss Eva
8. August – 14:45 Uhr
Meine geliebte Schlingeline,
Du weißt ja, dass ich Deinen Wünschen nicht widerstehen kann. Nun gut – oder schlecht – ich werde Marion für Mittwoch einladen. Ich entwickle inzwischen eine richtige Abneigung gegen Kontaktanzeigen! Aber ohne diese wären wir uns nie begegnet. Und nur deshalb werde ich also mitkommen.
Dein Knecht
pockroy@ web.de
8. August – 15:26 Uhr
Liebe Marion,
wenn Sie einverstanden sind, könnte der Cabernet am Mittwochabend durch unsere Kehlen fließen. Ich sehe ein, dass Sie Ihrem Sohn wenigstens beschreiben wollen, welch langweiliger, geistloser und geiziger Inserent Ihnen begegnet ist, denn ich werde Sie zu Ihrem vin rouge nicht einladen, da ich die Frauenemanzipation hochhalte und völlig respektiere. Dies widerspricht zwar den Gesetzen unserer uralten Familien, aber wir leben nicht mehr in feudalen Zeiten, sondern genießen die Autonomie der Frauen auf allen Gebieten.
Darf ich Sie also um 20 Uhr im Café Dollinger am Stuttgarter Platz in Berlin-Charlottenburg erwarten, oder haben Sie einen anderen, vielleicht besseren Vorschlag?
Ihr zunehmend ungeduldiger und sehr neugieriger
Maximilian
2regenbogen@ web.de
8. August – 16:52 Uhr
Lieber Maximilian,
ja, ich komme gerne ins Café Dollinger, das ich noch nicht kenne. Ich freue mich immer über Neuentdeckungen in anderen Berliner Stadtteilen. 20 Uhr ist okay. Sie werden mich an einem großen, blütengeschmückten Hut erkennen. Ich gehe ohne Hüte nie aus dem Haus, ein Tick von mir. Und, verehrter Maximilian Baron von Clausenthal, es wird mir ein Vergnügen sein, Ihren Cabernet – es dürfen auch zwei sein – zu begleichen. Wenn es sonst nichts ist, kann doch frau nicht klagen!
Auch ich bin neugierig und grüße Sie herzlich.
Marion
8. August – 17:12 Uhr
Meine Schlingeline,
jetzt wirst Du staunen: Ich habe Marion geschrieben, und sie hat mir für Mittwochabend im Dollinger um 20 Uhr zugesagt! Du hast es so gewollt! Jetzt musst Du nur noch Deinen Dramaturgen – wie heißt der eigentlich? – einladen. Was machst Du nur mit mir, Evachen? Bisher war ich doch ein anständiger Bürger, und jetzt das! Wer weiß, was Du noch weiterhin mit mir vorhast! Aber ich werde alles mitmachen, was Du mit mir unternehmen willst. Das sagte ich ja schon öfter, Amore. Und um ehrlich zu sein: Ich finde so langsam Geschmack an dem kleinen Abenteuer und bin neugierig auf Deinen Dramaturgen und natürlich auch auf Marion.
Immer der Deine
8. August – 20:32 Uhr
Geliebter Schlingel,
gerade komme ich vom Einkauf zurück. In der Galerie Lafayette fand ich einen großen, blumengeschmückten Hut, der so schön ist,
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