Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
fast, weil ich sie nach Josephus fragen will, ob sie ihn kennt und weiß, wer er ist. Doch irgendetwas hält mich davon ab. Vielleicht sind ihre Hände zu ruhig. Vielleicht fällt ihr das Lächeln zu leicht. Wenn sie meinem Vater nahe genug stand, um in seine Geheimnisse eingeweiht zu sein, wie kann sie dann so ruhig bleiben? Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr trauen kann – doch zum jetzigen Zeitpunkt bin ich nicht sicher, ob ich überhaupt irgendwem trauen kann. Ich beschließe, mich an die offensichtlicheren Dinge zu halten.
»Mir ist schon klar, wieso dieser Race-Typ scharf auf den Scanner ist«, überlege ich laut. »Er will nicht, dass die Menschheit erfährt, dass die Aliens das Sagen haben, stimmt’s?«
Christina schaudert und nimmt ein Schlückchen Wein.
Meine Mom schüttet die Spaghetti ab, mit fließenden und entspannten Bewegungen. »So in der Art. Er macht sich vermutlich Sorgen, dass es weltweit zu Unruhen führen würde, wenn die Leute plötzlich erfahren, dass Aliens unter uns sind – selbst wenn über sechzig Prozent tatsächlich selbst Aliens sind . Jeder würde sich für menschlich halten und sich gegen alle richten, die im Verdacht stehen, anders zu sein. Stell dir nur mal vor, wie grässlich das werden könnte. Unschuldige würden sterben. Und natürlich lässt es sich unmöglich ausschließen, dass die H2 die Technologie für ihre eigenen Zwecke verwenden wollen. Sie haben eine Geschichte der ruhigen – und manchmal auch nicht so ruhigen – Eliminierung derer, die sich mit ihnen angelegt haben. Der Scanner könnte es leichter machen, präventiv zuzuschlagen. Oder sicherzustellen, dass nirgendwo auf der Welt noch Menschen an der Macht sind.«
»Aber wieso sollten sie das tun? Welchen Unterschied würde das machen? Dad meinte, sie hätten schon so viel Macht. Was wollen sie denn noch?«
»Das versuche ich herauszufinden, Tate. Vertrau mir.«
Ich bin sicher, dass ihr mein Gesichtsausdruck genau verrät, wie sehr ich ihr misstraue, doch anstatt das zu sagen, schlage ich einen anderen Kurs ein. »Sind sie denn ganz plötzlich eingedrungen? Wie kann es sein, dass ihre Existenz ein Geheimnis ist?«
»Sie sind vor vier Jahrhunderten angekommen. Wir haben überwiegend mündliche Überlieferungen. Es gab ein paar Landeplätze oder Absturzstellen, fast alle in tiefem Wasser in Landnähe, was wohl so beabsichtigt war. Als die H2 an Land kamen, hielt man sie für Überlebende eines Schiffsunglücks.«
»Brayton sagte, einer von den Archers hätte tatsächlich ein Wrack aus der Irischen See gezogen.«
Sie lehnt sich an die Theke. »Einer von Freds Vorfahren hat in Morecambe Bay bei Ebbe nach Muscheln gefischt und wurde Zeuge eines Zusammenstoßes. Wir wissen nicht, ob die H2 vom Kurs abgekommen waren oder ob sie nicht auf Ebbe und Flut eingestellt waren. Die Auswirkungen waren jedenfalls verheerend – es gab keine Überlebenden, anders als bei vielen der gemeldeten Zusammenstöße. Einen Tag später fand Freds Vorfahre einige kleine Wrackstücke, die nicht von der Flut hinaus ins Meer gespült worden waren. Diese H2-Artefakte hat dein Vater benutzt, um den Scanner zu machen.«
»Was, gab es etwa eine Bedienungsanleitung?«
Ihr Mundwinkel zuckt nach oben. »Natürlich nicht. Dein Vater hat experimentiert, bis er herausfand, dass dieses Stückchen Technologie die molekulare Struktur der Haut bis zu einem irre genauen Grad lesen kann. Als ich ihn das letzte Mal gesprochen habe, war nicht einmal er selbst sicher, wie es funktioniert, doch er hatte genügend Tests gemacht, um zu wissen, dass es der grundlegende Mechanismus war, um die zwei Spezies zu unterscheiden. Es war eine überraschende Entdeckung – wir waren nicht sicher, wozu die H2 diese Technologie hatten, als sie hier ankamen, oder was ihr ursprünglicher Zweck war.«
»Warte mal – du hast gesagt ›dieses Stückchen Technologie‹. Gab es noch andere Stücke? Wie viele hatte er genau? Über welche Art Wrack reden wir überhaupt?«
Sie zuckt mit den Schultern. »Das ist etwas, das dein Vater niemals jemandem verraten hat, nicht einmal mir. Ich gehe davon aus, dass er die Artefakte in seinem Labor aufbewahrt, aber du weißt ja, wie er seine Entdeckungen geschützt hat.« Ein Anflug von Bedauern huscht über ihr Gesicht. »Ich weiß, dass er alles mit dir geteilt hätte, wenn er nur lang genug gelebt hätte. Er hat auf den richtigen Zeitpunkt gewartet.«
Einen Moment lang ist der Tod meines Vaters eine erstickende Last, die uns
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