Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
was, das ich wissen sollte?«
»Zwei Ohren, ein Mund. Mehr zuhören als sprechen, und überlass die Politik mir.« Sie hebt die Hand, als sie merkt, dass ich sie unterbrechen will. »Es ist zu kompliziert, alle Details zu erklären. Du bist clever und kannst meinem Beispiel folgen.«
Mein Mund klappt zu und ich nicke.
Christinas Augenlider flattern und aus ihrer Kehle dringt ein leises Winseln. Sie öffnet die Augen und starrt einen Moment lang zu mir hoch, aber da ist nichts, nur dieser glasige, verwirrte Blick, bei dem sich mein Magen verkrampft. Dann fallen ihre Augen wieder zu und lassen mich mit Schmerzen zurück.
Das Telefon meiner Mom brummt. Sie hält es sich ans Ohr. »Fertig«, sagt sie und schaut dann auf die Straße, während sie zuhört.
»Schreib mit«, fordert sie mich auf. Dann wiederholt sie eine Reihe von Koordinaten. »Wir werden bald da sein. Danke.«
Ich programmiere die Koordinaten in Dads Telefon ein. Es ist ein Punkt im Staatswald. Wir sind nur noch knapp zwei Kilometer von dort entfernt. »Du sagtest, wir kämen zu Fuß.«
Sie verlässt den zweispurigen Highway und biegt auf einen einspurigen Schotterweg ein. »Ich lasse das Auto stehen. Es hält sowieso nicht mehr lange. Kannst du Christina tragen?«
»Schon, aber ich habe Angst, sie zu bewegen.«
»Tut mir leid, Tate. Sie werden sich um sie kümmern, sobald wir sie treffen. Sie bringen ihren Arzt mit.«
»Sie haben einen eigenen Arzt?«
»Ja, sie sind ziemlich autark«, erklärt Mom, als sie an einer Stelle, die es uns erlaubt, in den Wald hineinzufahren, die Straße verlässt. Ich hab bestimmt schon seit achthundert Metern kein Haus mehr gesehen.
»Und weiß Race, dass sie hier draußen sind? Wahrscheinlich steht er gleich dort auf der Matte, wenn er denkt, dass wir da sind.«
»Solange es ein Koordinatennetz gibt, sind die Bishops außen vor geblieben. Und dein Dad hat mir mal erzählt, dass er Rufus dabei geholfen hat, im ganzen Land angebliche Familiensitze der Bishops als Ablenkung einzurichten. Im Prinzip gibt es einen Haufen Hinweise darauf, dass die Bishops woanders sind, aber wenige, dass sie hier sind.«
»Dieser Rufus-Heini klingt voll paranoid.«
Meine Mutter zuckt die Achseln. »Im Augenblick sollten wir das als Glücksfall betrachten.«
Sie parkt etwa zehn Meter von der Straße entfernt hinter einer umgefallenen Eiche. Als sie den Motor abstellt, gibt dieser ein ersticktes, bebendes Geräusch von sich, das mir sagt, dass er seinen letzten Atemzug getan hat. »Ich werde mich mit Angus McClaren in Verbindung setzen und ihm mitteilen, wo wir sind«, sagt meine Mutter. »Er ist der Finanzchef bei Black Box und das Familienoberhaupt der McClarens.«
»Und du vertraust ihm?«
Sie dreht sich in ihrem Sitz um und sieht mir in die Augen. »Ja. Er war einer der Ersten, die ich gestern Abend angerufen habe. Er ist ein guter Freund, ein mächtiges Mitglied der Fünfzig und er ist kein großer Fan von Rufus Bishop. Betrachte es als Versicherung.«
Ich nicke, obwohl McClaren wahrscheinlich auf der Notfallsitzung in Chicago ist, die George erwähnt hat. Was soll er da für uns tun können, wenn Rufus Bishop entscheidet, Christina zu verletzen?
Während Mom das Telefon schon ans Ohr gedrückt hat und aus dem Van hüpft, ziehe ich mir, beruhigt von dem Gewicht des Scanners, den Rucksack auf und hebe Christina hoch. Ihr Kopf liegt schlaff in meiner Halsbeuge und sie stöhnt wieder.
Meine Mom legt gerade auf, als ich aussteige. »Ich hab ’ne Nachricht hinterlassen.« Sie steckt ihr Telefon wieder in die Tasche, fühlt Christinas Puls. Dann holt sie eine kleine Taschenlampe aus ihrer Umhängetasche und zieht Christinas Augenlider nacheinander in die Höhe, um hineinzuleuchten. »Die Pupillen sind gleich groß, rund und reagieren auf Licht. Das ist ein gutes Zeichen.« Sie steckt die Taschenlampe wieder ein, hält inne und sieht zu mir auf. Ihre Hand schließt sich um meinen Unterarm. »Ich werde für euch beide alles tun, was ich kann.« Ihre Augen begegnen meinen. »Und ich werde dich um Hilfe bitten, wenn ich Hilfe brauche.«
»Okay.« Ich glaube ihr. Sie hätte Christina loswerden können, aber stattdessen scheint sie entschlossen zu ein, sie zu retten. Für mich. Das ist das einzige gute Gefühl bei all dem Schlechten.
»Und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit Christina bekommt, was sie braucht«, fährt meine Mutter fort.
Sie schenkt mir ein kleines Lächeln. »Du erinnerst mich manchmal so sehr an
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