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Tatort Oktoberfest (German Edition)

Tatort Oktoberfest (German Edition)

Titel: Tatort Oktoberfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ludwig
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gibt dem Kellner ein Zeichen. „Bitte zwei Rote, Carlo“ und wendet sich dann wieder ihrem Vater zu. „Was führt dich her? Doch kaum die Sorge, dass ich nicht genug zu essen habe.“ Der alte Herr, wobei, so alt ist er noch gar nicht, überlegt Claudia. Nächstes Jahr wird er sechzig und ich immerhin schon 35. Der Wein wird vor sie auf den Tisch gestellt.
    „Bene. Ich möchte dich bitten, dir die Sache mit dem Wettbewerb noch einmal zu überlegen. Wir haben doch diesen Zirkus mit dem Wiesn-Zelt nicht nötig. Leben wir denn nicht gut? Und in ein paar Jahren, wenn ich mit Mamma zurück nach Italien gehe, überschreibe ich dir meine beiden Lokale. Vielleicht heiratest du ja, den Sergio zum Beispiel, und ihr schenkt uns ein paar Enkel …“
    „Papa. Jetzt redest du schon wie die Mama. Sergio ist ein netter Kerl, unbestritten, aber für mich eher wie ein Bruder. Und das mit dem Wiesn-Zelt ziehe ich durch, komme, was wolle. Ich habe schon zu viel investiert, nicht nur an Kraft sondern auch an Geld, das muss sich amortisieren.“
    „Du stellst dich an den Pranger mit diesem neumodischen Kram. Hast du nicht Angst, dass die Presse hinter dein Verhältnis mit …“
    Claudia unterbricht ihn schnell und bedeutet ihm, mit dem Finger am Mund, zu schweigen. „Nicht so laut, bitte. Das ist ganz und gar meine Sache, und ich werde vorsichtig sein.“ Ihre Stimme ist auf einen Flüsterton zusammengeschrumpft. Sie wirft einen Blick in die Runde. Ihr Personal ist anderweitig beschäftigt, stellt sie erleichtert fest. Wieder in normaler Tonlage fragt sie: „Willst du noch einen Wein oder eine Zigarre? Warte, ich hole dir eine.“ Ohne die Antwort abzuwarten, erhebt sie sich, um zum Schrank in der Nische zu treten, und richtet dort auf einem Tablett mit grünem Filz eine Zigarre, einen Spitzenabschneider, einen Aschenbecher und Streichhölzer an. „Einen Grappa bitte, den besten!“ ruft sie zur Bar hinüber. „Warum möchtest du unbedingt, dass ich die Sache abblase? Erst warst du doch ganz stolz und angetan, kann ich mich erinnern. Als der Wettbewerb ausgeschrieben wurde, hast du mich aufgefordert: ‚Zeig den Bajuwaren, dass du inzwischen schon eine von ihnen bist und dass die Mischung aus Bayern und Italien durchaus eine gute ist.‘ Bei dir und Mama funktioniert die Verbindung der beiden Mentalitäten doch. Oder hast du etwa Ärger mit ihr? Hast du dich in eine Jüngere verguckt, alter Charmeur? Oder hat Mama dir den Laufpass gegeben, weil sie sich einen Jüngeren einbildet?“
    Das Faltengekräusel auf seinen Wangen vertieft sich, und Claudia schießen vor lauter zärtlichen Gefühlen für ihn fast die Tränen in die Augen. Sie versucht, den Kloß im Hals runterzuschlucken und drückt einfach seinen Arm und sagt: „Ach Papa, du bist und bleibst auf jeden Fall mein Favorit, komme, was wolle.“
    Auch er scheint gerührt und wendet sich verlegen ab. „Cara, bitte versteh mich nicht falsch, aber ich möchte, dass du die Teilnahme zurückziehst, wenn nicht morgen gleich, so doch übermorgen. Es ist notwendig, bitte glaube mir. Wenn du …“
    Er steht auf, der Grappa steht unberührt, und auch die Zigarre liegt noch so auf dem grünen Filz, wie sie sie hingelegt hat. Ohne sich nochmals umzudrehen und ohne sich zu verabschieden, geht er auf den Ausgang zu. Seine Schultern hängen, findet Claudia, und sie hockt einfach da und versteht gar nichts. Sicher, seit einiger Zeit laufen seine Restaurants nicht mehr so gut wie noch vor Jahren. Ihre Mutter weiß besser als der alte Herr darüber Bescheid, weil sie die Buchhaltung erledigt und Claudia schon einige Male für die Verlängerung des Kredites um eine Bürgschaft bat.
    „Warum will er, dass ich die Wiesn-Sache abbreche?“ wundert sie sich, als sie ihre Wohnung betritt, die über dem Restaurant liegt. Das Licht der Straßenlaternen fällt durch die Fenster im ersten Stock. Sie schaltet die Lampen nicht ein, betrachtet die neuen Bauten, die anstelle der alten Messe errichtet wurden. Die Fassaden glänzen dunkel, erst morgen früh werden die Menschen wieder in den Räumen hinter den Glasscheiben arbeiten, wenn sie von der Großmarkthalle mit den Einkäufen zurückkommt und sich die Joggingsachen anziehen wird.
    Ihr fällt ein, dass morgen niemand ins Büro und sie nicht zum Markt gehen wird. Sie knipst die Lampe neben ihrem Bett an. Das Licht schafft im Raum eine warme Atmosphäre. Sie sieht ihr Festtagsdirndl am Kleiderhaken der Tür hängen. Das Handy brummt, sie hält es

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