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Tatort Oktoberfest (German Edition)

Tatort Oktoberfest (German Edition)

Titel: Tatort Oktoberfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ludwig
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Bildschirm. „Claudia, Claudia, Claudia“, rufen die Menschen. Alle nennen sie inzwischen nur noch beim Vornamen, manche sagen unsere Claudia, andere die Claudia. Der volle Mund der hübschen, jungen Frau mit dunklem, halblangem Haar strahlt wie der geschenkte Sonnentag. Ihr rosa Dirndl leuchtet frisch, und sie wirft der Menge begeistert Kusshände zu. Neben ihr wirkt ihr Gegenspieler, Ochshammer, etwas bieder und behäbig in seinem grauen Trachtenanzug, obwohl sein volles, dunkles Haupthaar ihn kleidet und seine massige, aber nicht dicke Gestalt irgendwie zum Tag passt. Auch er hebt die Hand zum Gruß und lächelt. Dann ist die Prozession auch schon vorbei, und die Kutsche biegt wie die anderen in den Eingang der Wiesn beim U-Bahnhof Theresienwiese ein. Die Zuschauer schließen sich an, und Julia, Ludwig und Nadine werden mit der Menge fortgespült.
    Julia verliert die drei Jugendlichen aus den Augen. Gut, dass sie sich bei Traudl am Stand verabredet haben. Als sie das Eingangsschild zur Wiesn passiert, hört sie die Böllerschüsse. O’zapft is! bedeuten sie. Alle lachen und drängeln noch ein wenig mehr, um nach der langen Steherei in der Hitze endlich eine kühle Maß mit Oktoberfestbier in die Hände zu bekommen.
    „Ich hoffe, es geht gut und Ludwig packt das mit dem Verkaufsladen in den Zelten“, zweifelt Julia, als sie bei Traudl steht und auf die Jugendlichen wartet. Sie nimmt einen der kleinen Löwen mit den blau-weißen Hütchen in die Hand und spielt damit herum.
    „Wird schon. Schade, dass ich hier nicht weg konnte, ich hätte mir gern den Ochshammer näher angesehen“, sagt Traudl. „Nadine punktet mehr für Claudia, aber meine Stimme? Auf jeden Fall bin ich gespannt. Bringt uns die Wiesn ganz schön durcheinander, aber interessant ist es schon.“
    „Die Kutsche war sehr schnell vorbei, viel konnte man nicht erkennen“, antwortet Julia etwas einsilbig. Der Blick auf die Massen der Menschen, die sich an ihr vorbei in die Festzeltstraße schieben, ängstigt sie, und einmal mehr fragt sie sich, ob die Idee, Ludwig auf der Wiesn einzusetzen, nicht zu riskant war. Hat sie sich leichtfertig von Traudls und Nadines Begeisterung anstecken lassen? Kann sich ihr Neffe wirklich in dem Trubel behaupten?
    In diesem Moment kommt Nadine an den Stand, und als würde sie ihr die Sorgen von der Stirn ablesen können, beteuert sie: „Keine Angst, Julia, wir packen das, der Ludwig und ich. Wir sind ein Ideal-Team, ganz klar doch. Ich pass auch künftig besser auf ihn auf. Versprochen.“ Kurze Zeit später stoßen auch Ludwig und Patrick zu ihnen. Nadine grinst Julia verschwörerisch zu. Dann schenkt sie erst Ludwig, dann Patrick ein betörendes Lächeln. „In einer Stunde starten wir, Ludwig. Den Patrick schicken wir nach Hause.“
    Ludwig lächelt. Nein, lächeln ist zu wenig, er strahlt wie der Sonnenschein, und das will bei ihm etwas heißen. Julia ist klar, dass es genau dieses Strahlen war, dass sie dazu brachte, den Leiter der Gruppe, bei dem der Junge untergebracht ist, anzurufen und ihn von der Sache zu überzeugen. „Aber Sie müssen dann auch ein Auge auf ihn haben. Sonst komme ich, sonst kommen wir beide in Teufelsküche. Sie kennen den Jungen seit vielen Jahren, Julia, und wissen um seine Defizite.“
    „Ich wünsche euch viel Spaß“, gibt Julia nach und wischt ihre Bedenken zu Seite. Sie steckt Ludwig einen Schein zu.
    „Komm, Ludwig, in der verbleibenden Stunde können wir noch alles ansehen.“
    „Ich sage mal lieber nicht arrivederci, Schwester“, entschuldigt sich Commissario di Flavio bei der Stationsschwester.
    „Und jetzt? Trotzdem zum Oktoberfest?“ fragt sie lachend.
    „Sicher. Das Pflaster auf meinem Hinterkopf ist eine exzellente Tarnung. Jeder auf dem Oktoberfest wird denken, ich hätte bereits einen Bierkrug über den Schädel bekommen und wird es nicht noch mal versuchen.“
    „Sie sind anscheinend nicht unterzukriegen. Na dann viel Spaß.“
    Beim Verlassen des Schwabinger Krankenhauses verfliegt seine Heiterkeit. Hilflos steht er in der Straße, wandert langsam Richtung U-Bahnhof. In Gedanken überschlägt er die Möglichkeiten, die sich durch den Abbruch seines Einsatzes auftun: Er könnte in zwei oder drei Tagen in Tropea sein, wenn er einen Flug nach Lamezia Terme bekäme. Wieder packt ihn Sehnsucht. Einen Moment lang meint er, nicht ohne die Weite des Horizontes, ohne die blendende Helligkeit des Meeres leben zu können, so leer und hohl fühlt er sich. Sein

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