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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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Wasser ließ, allen Ernstes mit dem Gedanken, sich einen Eissegler zuzulegen, um auch im Winter den direkten Weg über das Meer nehmen zu können. Der Name Mr Spock prangte in geschwungener türkisfarbener Schrift auf seinem gelben Boot, da Ohlsen ein eingefleischter Star Trek -Fan war und sämtliche Folgen als DVD s besaß.
    Während er auf den kleinen Dyna-Leuchtturm zuhielt, der wie ein Männchen mit roter Mütze im Wasser stand, nahmen seine Gedanken eine andere Richtung. Er dachte an die Sitzung unter der Führung von Dezernatsleiterin Liv Eriksen, die für 10 Uhr anberaumt war. Dort würde er Rechenschaft ablegen müssen über den Stand der Ermittlungen, die jüngsten Einbrüche betreffend. Das war zwar nichts Besonderes, zumal sein Bericht angesichts der spärlichen Indizienlage ziemlich kurz ausfallen würde. Was ihm jedoch eine gewisse Sorge bereitete, war sein junger Kollege Bjarne, der das Gesicht eines Maulwurfs hatte und ihm bei solchen Anlässen in letzter Zeit gehörig auf die Nerven ging. Ohlsen hielt Bjarne, der vergangenes Jahr aus dem dänischen Silkeborg zu ihnen gekommen war, für einen übereifrigen Streber, der es sich offenbar zum Ziel gesetzt hatte, noch vor ihm selbst zum Hauptkommissar befördert zu werden und sich als Kronprinz von Liv Eriksen in Stellung zu bringen. Was Ohlsen aber fast am meisten ärgerte, war die Tatsache, dass Liv bisher nicht das Geringste unternommen hatte, um den Jungspund in die Schranken zu weisen.
    Bin schon gespannt, was für Unterstellungen und Unverschämtheiten ich mir heute anhören muss, dachte Ohlsen, als zur Linken das majestätische Operngebäude in sein Blickfeld geriet, das weit in die Bucht Bjørvika hineinragte und mit seinen gleißend weißen Marmorflächen wie ein treibender Eisberg aussah. Schräg gegenüber der Oper, am Sørengkai, gab es eine geeignete Anlegestelle. Von einem der Hafenarbeiter hatte er sich vor einiger Zeit den Schlüssel zu einem Schuppen besorgt, in dem er jederzeit sein »Dienstkajak« unterstellen konnte – wofür er sich mit großzügigen Spenden an die Kaffeekasse revanchierte.
    Ohlsen öffnete die Spritzdecke, schwang elegant die Beine zu beiden Seiten aus dem Cockpit und rauschte mit einem letzten Paddelschlag auf den winzigen, kaum drei Armlängen breiten Kiesstrand zwischen zwei steilen Spundwänden, von dem nur er wusste. Er schulterte Mr Spock, der über fünf Meter lang war, manövrierte ihn mit traumwandlerischer Sicherheit zwischen Stahlstreben und Containern hindurch bis zu seinem Schuppen, öffnete mit einer Hand die Tür und wuchtete das gelbe Ungetüm auf einen Tapeziertisch, den er zu diesem Zweck auf zwei Holzböcken aufgebaut hatte. Aus der Luke zog er seinen Rucksack, entledigte sich des Goretex-Trockenanzugs, den er über der Jeans trug, rubbelte sich mit einem Handtuch notdürftig die schwarzen Haare trocken und streifte ein frisches T-Shirt über. Dann machte er sich erfrischt und von neuem Optimismus erfüllt an den fünfzehnminütigen Fußmarsch in Richtung Präsidium.
    ✶ ✶ ✶
    Im Konferenzraum herrschte bereits reges Treiben, als Ohlsen um fünf vor elf eintrat, mit lockerer Geste in die Runde grüßte und seinen angestammten Platz neben Nina Holmberg einnahm. Er schenkte sich einen Kaffee ein und warf betrübte Blicke auf das kümmerliche Kekssortiment, das aus einer Handvoll Vollkornplätzchen bestand, die in der Mitte des Tischs auf einem weißen Teller lagen. Er hasste dieses steinharte Vollkorngebäck, an dem man sich die Zähne ausbiss – auch dieses Thema sollte er mit Liv mal unter vier Augen besprechen.
    Außer Liv, Bjarne und Nina hatten sich noch Kommissar Magnus Gustavsen sowie Polizeipsychologe Kjell Nygaard eingefunden. Das kann ja heiter werden, dachte Ohlsen und legte den Kopf auf die Seite, weil er immer noch ein wenig Salzwasser im Ohr hatte. Nygaard war dafür bekannt, die abenteuerlichsten Täterprofile zu erstellen, und galt im gesamten Präsidium als Fehlbesetzung erster Güte. Aufgrund seiner entfernten Verwandtschaft mit dem Polizeipräsidenten wagte jedoch niemand, dies offen auszusprechen. Wenn Nygaard irgendeine Fähigkeit besaß, dann die, seine ermittelnden Kollegen auf die falsche Fährte zu führen. Ohlsen hatte im Lauf der Jahre eine eigene Strategie entwickelt, um sich Nygaards abgrundtiefe Unfähigkeit zunutze zu machen. Er nahm einfach das Gegenteil von dem an, was dieser prognostizierte. Wenn Nygaard den mutmaßlichen Täter beispielsweise als groß

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