Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
räuspern sich Pickel in die Stimmbänder und wecken mit Ihrem flehend vorgetragenen »Hallooooo – ist da jemand?« sogar die Schaufensterpuppen im benachbarten C&A … Allein: Es ist niemand da. Niemand kümmert sich, niemand nimmt sich Ihrer an, niemand will die Frage stellen: »Kann ich Ihnen helfen?«
Zugegeben – das war eine lange Hinführung zum Thema, doch wir wollten Ihnen anhand dieses simplen und so vertrauten Beispiels vor Augen führen, wie wichtig eine gute Verkäuferausbildung ist. Es kann von größter Bedeutung für unser aller Wohlergehen sein, wenn das bedienende Personal in Sachen Einfühlungsvermögen nicht mehr auf dem Stand von Jack the Ripper ist. Und um dies zu gewährleisten, wurde der Beruf des Mystery Shoppers erfunden – eine Bezeichnung, die zwar romantisch klingt und im Zeitalter von RTL - II -Frauentausch-Doku-Soaps den gemeinen Leser an Mulder und Scully gemahnen mag, in der Realität jedoch eher prosaische Züge trägt. Mystery Shopper werden eingesetzt, um Angestellte zu testen. Sie spielen einen Kunden und wollen einen ganz bestimmten Artikel käuflich erwerben. Wenn der betreffende Verkäufer darauf vorbereitet ist – also entsprechend im Vorfeld instruiert wurde –, hat er nun die Möglichkeit, sein erworbenes Wissen, seine Fähigkeiten und sein hoffentlich vorhandenes psychologisches Gespür in einer Art Prüfungssituation auszubreiten. Anschließend wird der Mystery Shopper zu Protokoll geben, wie er das Auftreten des Getesteten fand, und der Ausbilder gibt Tipps und Tricks, was noch anders oder besser werden könnte. Das ist die einfache Version, die häufig auch in Assessment-Centern durchgespielt wird.
Die gemeinere Variante ist jene, bei der Verkäufer oder Verkäuferin keine Ahnung davon haben, dass sie getestet werden. Sie halten die Person, die vor ihnen auftaucht, für einen echten Kunden und merken nicht, dass sie von diesem später im Detail per Fragebogen bewertet werden. Hier kann die Frage »Kann ich Ihnen helfen?« – sofern sie im falschen Moment gestellt wird – zum Fallbeil für die Karriere werden. Doch kommt sie im richtigen Augenblick und wird sie dann auch noch mit Fachwissen garniert, dann ist sie möglicherweise das Sprungbrett in den Himmel der Beförderung.
Mittlerweile gibt es die verschiedensten Formen der Mystery Shopper. Zuweilen handelt es sich um Mitarbeiter der hauseigenen Marketing-Abteilung, in anderen Fällen werden darauf spezialisierte Unternehmen beauftragt. Getestet werden Boutiquengirlies ebenso wie Fleischwarenfachverkäuferinnen, angehende Versicherungsvertreter ebenso wie Sparkassenangestellte, Croupiers in Spielbanken und sogar scheibenwischende Aushilfskräfte in Autowaschstraßen. Die Manie des Menschentestens hat mittlerweile durchaus skurrile Züge angenommen, denn inzwischen werden Tester von speziellen Testern schon daraufhin getestet, ob sie so sorgfältig testen, dass die Getesteten anschließend auch wirklich zuverlässig als getestet gelten können. Vor allem in der Finanzdienstleistungsbranche ist diese besondere Form der Sorgfalt absolut en vogue , denn dort geht es beispielsweise nicht nur um eine Kreditvermittlung, sondern auch um die korrekte Einhaltung zahlreicher Regeln und Vorschriften, sodass die Qualität der Beratung zumeist gleichbedeutend ist mit dem Verkaufserfolg. Oder es zumindest sein sollte.
Reich werden kann man als Mystery Shopper allerdings nicht. Entweder arbeitet man ohnehin in der Marketingabteilung eines großen Unternehmens oder ist dort bei den Controllern angesiedelt – dann gehört diese Form der verdeckten Ermittlung zum Job. Wenn man aber »eingekauft« wird, dann hat man in der Regel keinen festen Arbeitsvertrag, sondern wird von dem entsprechenden Unternehmen in einer Kartei geführt und je nach Auftrag mit Honoraren vergütet, die zwischen zehn und fünfzig Euro liegen. Manchmal darf man die zu Testzwecken erworbene Ware, die natürlich der Auftraggeber bezahlt, auch behalten. Ein Arbeitgeber ist zum Beispiel der Bundesverband Deutscher Markt- und Sozialforscher – der testet auf Anfrage von Firmen.
Übrigens: Bei den Agenturen, die Mystery Shopper vermitteln, sind vor allem äußerlich unauffällige Normalos gefragt, die auf Kommando echt nervig werden können. Menschen wie du und ich, mit anderen Worten.
Gefahr: * (Das hängt von Ihnen ab: Wenn Sie einen reizbaren Verkäufer – hundertfünfzehn Kilo, ehemaliger Bodybuilder, Karate-Ass und vollgepumpt mit
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