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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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Mittelpunkt stehen, mit höchstens 20 % (d. h. ein Fünftel) der Gesamt-Biomasse eher als Untergruppe der Organismenwelt zu bewerten sind. Daran ändert auch die Massenvermehrung der Biospezies
Homo sapiens
nichts, obwohl unsere Art seit dem Jahr 1900 (Beginn des Anthropozän) als richtungsgebende Kraft der Evolution fungiert: Der Mensch ist derzeit der entscheidende Faktor dafür, welche Makro-Spezies (Tier- und Pflanzenarten) überdauern werden. Dies gilt jedoch vermutlich nicht für ca. 80 % der Organismen der Erde (Reiche 1 und 2), die auch bei drastisch verschlechterten Umweltbedingungen in ihren Nachkommen weiterleben werden, da sie sich auf Grundlage ihrer enormen Reproduktionsrate rasch an neue Lebensverhältnisse |304| anpassen können (Mikroevolution im Eiltempo: Überleben jener durch genetische Zufälle entstandener Varianten, die mit den herrschenden Umweltverhältnissen zurechtkommen und sich weiterhin fortpflanzen bzw. vermehren).
    Abb. 10.4: Die Fünf-Reiche-Klassifizierung der Organismen und deren wichtigste Fortpflanzungsformen. Die Monera (1.) (Bakterien) und viele Protoctista (2.) (z. B. Eugleniden) vermehren sich vegetativ durch Zweiteilung. Typische Animalia (3.) (Gewebetiere) (z. B. Grasfrosch, unten ein Weibchen, oben ein Männchen ) pflanzen sich zweigeschlechtlich fort. Bei dieser sexuellen Reproduktion entstehen aus haploiden Gameten durch Zell-Verschmelzung diploide Zygoten (n = einfacher, 2 n = doppelter Chromosomensatz). Aus diesen befruchteten Eizellen entwickeln sich die Individuen der nächsten Generation. Die Fungi (4.) (Pilze) vermehren sich u. a. zweigeschlechtlich über Sporen, während die Plantae (5.) (Pflanzen), neben der vegetativen Vermehrung (Ausläufer), einen an Blüten- und Samenbildung gekoppelten sexuellen Reproduktionszyklus durchlaufen (Gameto- und Sporophyt). In den Teilabbildungen 1. bis 3. wird das Prinzip der Generationen-Abfolgen verdeutlicht: Zellen (bzw. Organismen) entstehen immer aus Vorläuferzellen (kontinuierliche Weitergabe der Erbinformation an die Nachkommen).

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|305| Abschied von
der
Evolutionstheorie und den biologischen Ismen
    In den Kapiteln 1 und 3 hatten wir die »Evolution der Deszendenztheorie « rekapituliert, wobei der »Cuvierismus«, »Lamarckismus « und »Geoffroyismus« nur kurz erwähnt wurden. Ausgehend vom 1858 formulierten Darwin-Wallace-Prinzip der natürlichen Selektion (»Darwinismus«), über die fünf Darwinschen Artenbuch-Theorien (1859/1872), den von A. Weismann um 1900 formulierten »Neo-Darwinismus« (Synonym: »Weismannismus «) und den »Mendelismus« hatten wir den integrativen »Dobzhanskyismus« der 1930er-Jahre abgeleitet. Aus dem brillanten Buch von T. Dobzhansky (1937) ist, kombiniert mit den Werken von E. Mayr (1942), u. a. Evolutionsforschern, zwischen 1937 und 1950 die »Synthetische Theorie der Biologischen Evolution« entstanden (Dobzhansky 1955, Dobzhansky et al. 1977, Mayr 1982, 1991, 2001, Junker und Hoßfeld 2001, Gould 2002, Junker 2004, Kutschera und Niklas 2004, Haffer 2007). Von Darwin bis Mayr wurden im Wesentlichen Tiere und Pflanzen als Modellorganismen in diese Theorienbildungen einbezogen. Die Welt der Bakterien und Protoctista (d. h. über 80 % der Protoplasma-Biomasse der Erde) wurde hierbei, wie u. a. auch der »Merezhkowskyismus« (Prinzip der Symbiogenese ), ignoriert.
    Ende der 1990er-Jahre haben Biologen aus aller Welt unabhängig voneinander erkannt, dass eine Erweiterung des »Dobzhansky-Mayr-Ismus « aus dem Jahr 1950 notwendig ist. Dieses neue Theorien-System wird, ohne Nennung des Namens einzelner Autoren, als »Erweiterte Synthetische Theorie der Biologischen Evolution« (
Expanded Synthesis
) bezeichnet (Kutschera 2001, 2004, 2008 a, c; Kutschera und Niklas 2004, 2005, 2008). Als System zahlreicher Unter-Theorien erklärt diese evolvierte Version »
der
Evolutionstheorie« verschiedene Aspekte des dokumentierten Artenwandels aller Organismengruppen . Wir sprechen daher auch von der Fachdisziplin
Evolutionsbiologie
, die ein interdisziplinärer Zweig der
Life
Sciences
darstellt. Wie bereits erwähnt, existieren im »Darwin-Jahr 2009« etwa 300 internationale Fachzeitschriften aus den |306| Bio- und Geowissenschaften, in welchen verschiedene Aspekte der
Evolutionary Sciences
behandelt werden (als Beispiele s. die oben zitierten sechs englischsprachigen Periodika). Das Fachgebiet Evolutionsbiologie ist daher, wie z. B. auch die Physiologie oder Biochemie, kaum noch

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