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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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Biodiversität).
    Abb. 10.5: Das Synade-Modell der Makroevolution, alle fünf Organismenreiche der Erde erfassend. Die zentralen, übergeordneten Antriebskräfte des Artenwandels und der Biodiversitäts-Zunahme (Diversifikation) waren bzw. sind 1. die Symbiogenese (primäre und sekundäre Endosymbiose), 2. die natürliche Selektion in Populationen von Organismen, die mehr Nachkommen hinterlassen , als die Umwelt tragen kann, und 3. die dynamische Erde (Verschiebung der Kontinentalplatten und Vulkanismus, d. h. die kontinuierliche Neu-Schaffung und Zerstörung von Lebensräumen im Verlauf der Jahrmillionen ).
    |309| Aus diesen Fakten folgt, dass die eukaryotischen Organismen (Tiere, Pflanzen) in einer Welt voller Bakterien evolviert sind (Abb. 10.6). Die Mikroben waren nicht nur in ihrer Funktion als versklavte intrazelluläre Endosymbionten (Organellen) bedeutsam (s. Kapitel 8), sondern spielten z. B. auch als Krankheitserreger und »Exo«-Symbionten bei der Evolution des Menschen und anderer Säugetiere eine entscheidende Rolle. Pathogene Bakterien als natürliche Selektionsfaktoren wurden in Kapitel 2 im Zusammenhang mit unserer kleinen »Mozart-Phylogenie « besprochen; die »gutartigen Mikroben« erfüllen als extrazelluläre Symbiose-Partner im Verdauungssystem der Wirbeltiere eine lebensnotwendige Funktion (Kutschera 2007 d).
    Die seit mindestens 2700 Mio. J. existierenden Cyanobakterien haben vor etwa 2200 Mio. J. über Photosyntheseprozesse einen ersten Anstieg im Sauerstoffgehalt der Ozeane herbeigeführt , der erst Jahrmillionen später über eine O 2 -Anreicherung in der Atmosphäre die Ozonschicht verursacht hat. Vor etwa 400 Mio. J. konnten, geschützt vor kurzwelliger Sonnenstrahlung , die ersten Pflanzen das Festland erobern; fünfzig Mio. J. später folgten die Wirbeltiere (urtümliche Amphibien der Sumpfregionen im Devon) (Prothero 2007, Shubin 2008).

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Symbiogenese, natürliche Selektion und die dynamische Erde
    Ohne die vor etwa 2200 bis 1500 Mio. J. in den Ur-Ozeanen erfolgte
Symbiogenese
(primäre Endosymbiose), die zur Entstehung der ersten kernhaltigen, Organellen (Mitochondrien, Chloroplasten) enthaltenden Zellen (Eucyten) geführt hat, gäbe es heute nur prokaryotische Mikroben (Bakterien), jedoch weder Tiere, Pilze noch Pflanzen. Die Symbiogenese war somit der eigentliche »Motor« oder »Urknall« der Makroevolution der Organismen der Erde. Dieser in Abb. 10.6 schematisch eingezeichnete Zwei-Stufen-Prozess (serielle primäre Endosymbiose, die zu Mitochondrien- und Chloroplasten-enthaltenden Eucyten geführt hat) ist höchstwahrscheinlich jeweils nur
ein Mal
|310| abgelaufen: Mitochondrien und Chloroplasten (d. h. versklavte Bakterien bzw. Endosymbionten) stellen jeweils eine geschlossene Abstammungsgemeinschaft dar (Monophylum, s. Kutschera und Niklas 2008). Die bereits im Vorwort aufgeworfene und in Kapitel 2 im Detail behandelte »Zufallsfrage« gewinnt mit diesem Befund eine ganz neue Qualität. Dem zufallsbedingten »Nicht-Verdauen« und anschließenden Domestizieren
einer
Ur-Mikrobe bzw.
eines
Ur-Cyanobakteriums verdanken wir den Ursprung der Mitochondrien bzw. Chloroplasten und somit die evolutive Entwicklung sämtlicher eukaryotischer Lebewesen der Erde (Protoctisten, Tiere, Pilze und Pflanzen ).
    Wir (die Biospezies
H. sapiens
) sind somit das späte Evolutionsprodukt eines extrem unwahrscheinlichen Zufalls-Ereignisses (Symbiogenese, d. h. erste primäre Endosymbiose), das vor etwa 2000 Mio. J. in den warmen Ozeanen des frühen Proteozoikums stattgefunden hat. Unsere sich durch Zweiteilung vermehrenden Mitochondrien werden seit Ur-Zeiten über die mütterliche Linie (Eizelle) von Generation zu Generation vererbt (s. Abb. 10.4 und Kapitel 8). Es sei an dieser Stelle allerdings nochmals hervorgehoben, dass es zur Herkunft des Zellkerns (Nucleus) und der Ur-Wirtszelle bisher nur mehr oder weniger plausible Modelle, jedoch noch keine abschließende Theorie gibt (Kutschera und Niklas 2005). Am endosymbiontischen Ursprung der Mitochondrien und Chloroplasten der Eucyte bestehen trotz dieser Erkenntnislücken im Kreise der Fachwissenschaftler heute jedoch keinerlei Zweifel mehr.
    Über sekundäre Endosymbioseprozesse sind nach dem Perm/Trias-Massenaussterben vor etwa 251 Mio. J. die wichtigsten eukaryotischen Meeresplankton-Organismen (Dinoflagellaten usw.) entstanden. Während des Zeitraums vor ca. 2700 bis vor 251 Mio. J. dominierten die prokaryotischen, einzelligen bzw. zu

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