Tatsache Evolution
ist, veranschaulicht (Abb. 10.3). Es wird deutlich, dass die Übergänge zwischen kleinen Raub-Dinosauriern und urtümlichen Vögeln fließend waren.
In der obersten »Etage« unseres Evolutions-Schemas (Abb. 10.2) ist neben dem ausgestorbenen Riesenhirsch (
Megatherium
, damals als
Sivatherium
bezeichnet) ein Rüsseltier-Paar abgebildet. Das durch vier Stoßzähne gekennzeichnete Mastodon (
Mastodon
=
Mammut longirostris
) steht neben dem Wollhaar-Mammut (
Elephas
=
Mammuthus primigenius
). Diese Art besitzt, wie seine noch heute lebenden Elefanten-Verwandten , nur zwei Stoßzähne, die nach oben gebogen sind. Unser Bild aus dem Jahr 1880 belegt, dass die durch »unintelligentes Zahn-Design« gekennzeichneten Proboscidea bereits damals die Paläontologen und Evolutionsforscher interessiert haben. Wie bei Darwin (1859/1872) werden in unseren drei klassischen |297| Evolutions-Schemata (Abb. 5.4, S. 139, Abb. 7.3, S. 198, Abb. 10.2, S. 293) die »niederen« Lebewesen, wie Bakterien, Einzeller und Algen, nicht erwähnt, obwohl diese Organismen zusammengerechnet die Mehrheit der Biomasse ausmachen. Wir werden in den nächsten Abschnitten unser erweitertes Bild von der globalen Biodiversität und deren Phylogenese zusammenfassend darlegen.
Abb. 10.3: Rekonstruierte Dinosaurier und Ur-Vögel aus der Kreidezeit. Das Bild veranschaulicht die heute belegte Tatsache, dass gewisse Raubsaurier (Theropoden) und urtümliche Vögel bezüglich ihrer Körpergestalt so ähnlich waren, dass man sie nicht eindeutig als Vertreter unterschiedlicher Wirbeltier-Klassen einteilen kann (Saurier bzw. Ur-Vögel) (nach Weishampel, D. B. et al., Eds.:
The Dinosauria
. Berkeley, 2004).
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|298| Bakterien und Plankton-Organismen: Fünf Reiche und Darwins Urform
In der fünfbändigen »Artenbuch-Trilogie« (Darwin 1859, 1868, 1871) werden, wie bereits gesagt, im Wesentlichen Tiere (inklusive des Menschen) und Pflanzen behandelt. Der britische Naturforscher erwähnt an nur wenigen Stellen so genannte »primitive « Organismen. Bei der Formulierung seiner zweiten allgemeinen Theorie zum Artenproblem (Prinzip der gemeinsamen Abstammung aller Organismen der Erde von einer Urform) geht Darwin (1859/1872) auf die beiden damals bekannten großen Organismengruppen ein – das Tier- und Pflanzenreich – und spricht von bestimmten »niederen Formen«, die beiden Reichen zugeordnet werden könnten, da sie eine Zwischenstellung einnehmen würden. Da der Autor in diesem Zusammenhang »niedere Algen« erwähnt und die in Dorf-Tümpeln weit verbreiteten »Schönaugengeißler« (Eugleniden) damals gut erforscht waren, ist es wahrscheinlich, dass Darwin (1859/1872) diese einzelligen grünen Geißeltierchen (Flagellaten) im Sinn hatte. Diese Darwinsche »Proto-Euglena-Hypothese«, die letztlich einzellige grüne Flagellaten (»Pflanzen«) mit der Befähigung zu einer heterotrophen Ernährung (»Tiere«) als Ursprungsform der beiden großen Organismenreiche annimmt, ist heute nicht mehr akzeptabel (Kutschera und Niklas 2008).
Da Darwin weder das Prinzip der Symbiogenese (primäre und sekundäre Endosymbiose) noch die zahlreichen verschiedenen eukaryotischen Einzeller kannte, waren seine Spekulationen zum »Urtyp aller Lebewesen« wenig präzise, obwohl seine generelle Schlussfolgerung, dass alle Organismen der Erde von gemeinsamen Urahnen abstammen, bestätigt werden konnte. Erst mit den Publikationen von Merezhkowsky (1905, 1910, 1920) kam die evolutionäre Zellforschung, die den Ursprung der Tier- und Pflanzenwelt zum Gegenstand hat, als eigene Fachdisziplin auf. Bei Darwin (1859/1872) sind somit Tiere (Animalia), Pflanzen (Plantae) und in wenigen Bemerkungen auch Algen (eukaryotische Einzeller) behandelt – Bakterien werden in der klassischen Abstammungslehre (Deszendenztheorie) in keinem einzigen Satz erwähnt.
|299| In Kapitel 2 wurde die Entdeckung der so genannten »Infusorien « (Bakterien, Eugleniden, Amöben, einschließlich der Süßwasserpolypen usw.) auf Grundlage einer Zeichnung aus dem Jahr 1825 angesprochen (s. Abb. 2.3, S. 59). Wie erwähnt, war die Erforschung der Kleinstlebewesen damals noch unterentwickelt . Daher konnte Darwin (1859/1872) nicht erahnen, dass über 50 % der Biomasse der Erde aus Bakterien besteht. Wie bereits dargelegt, repräsentieren diese prokaryotischen Mikroben (Abb. 10.1) die »unsichtbare Masse« der Organismen der Biosphäre, da sie alle nur denkbaren Mikro-Lebensräume besiedeln (z. B. die Tümpel,
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