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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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noch immer eine dauerhafte Wirkung (s. Hoßfeld und Brömer 2001, Hoßfeld 2005). Weiterhin soll nochmals hervorgehoben |316| werden, dass Charles Darwin mit seinem »Artenbuch« die aufstrebende Biologie vom Würgegriff der christlichen Dogmatik bzw. Theologie befreit hat (Abtrennung des Faktenwissens von religiösen Glaubensinhalten, s. Kapitel 3).
    Wie die Abb. 10.6 zeigt, verliefen etwa 87 % der »Gesamt-Evolutionszeit «, gemessen seit der Entstehung erster Ur-Bakterien, im Präkambrium; damals gab es nur aquatische Mikroben und später einfache, an heutige Embryonen erinnernde Tiere sowie Algen. Darwin (1859/1872), Weismann (1904) und die Architekten der Synthetischen Theorie (Dobzhansky 1937, Mayr 1942) haben sich auf das in unserer Graphik links oben eingezeichneten Phanerozoikum konzentriert und hierbei im Wesentlichen Populationen von Tieren und Pflanzen analysiert (Zeitraum seit dem Kambrium bis heute, d. h. ca. 13 % der Gesamt-Zeitspanne seit es Zellen gibt, die sich stetig fortpflanzen ). Weiterhin berücksichtigten Darwin, Weismann, Dobzhansky und Mayr nur etwa 20 % der Organismen der Erde (Reiche 3 und 5); die Massenaussterbe-Ereignisse wie auch die Symbiogenese waren diesen Pionieren der klassischen und modernen Evolutionsforschung unbekannt.
    Diese quantitativen Abschätzungen und Betrachtungen zeigen , dass unser Wissen unter Berücksichtigung der Befunde aus der Zell- und Molekularbiologie sowie der Geologie bzw. Geophysik derart angewachsen ist, dass wir heute von einem neuen Bild von der organismischen Evolution sprechen können, das weit über Darwins klassische, Bakterien-freie, statische »Tier-Pflanzen-Welt « hinausgewachsen ist. Dieses Synade-Modell ist als allgemeine General-Theorie der biologischen Evolution zu betrachten, die keine spezifischen Vorhersagen macht und zahlreiche speziellere Unter-Theorien umfasst (s. Scheiner und Willig 2008). Selbstverständlich ist auch dieser neue, integrative Blick auf die Makroevolution aller Lebewesen der Erde (Abb. 10.5, 10.6) wieder nur eine Zwischenbilanz: Evolutionsforscher werden auch in Zukunft unser Bild von den Entwicklungslinien aller Lebensformen immer mehr verfeinern und neue Erkenntnisse zutage fördern, von denen
wir
heute, im »Darwin-Jahr 2009«, noch nichts wissen können.

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|317| Schlussbemerkung: Charles Darwin – der Mozart der Biologie
    Wie bereits im
Vorwort
zu diesem Buch angekündigt und in Kapitel 2 kurz erwähnt, wollen wir den Naturforscher Charles Darwin in diesem
Epilog
mit dem genialen Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart vergleichen und die beiden Giganten der Wissenschafts- bzw. Kulturgeschichte auf eine Stufe stellen. Zunächst sollen in wenigen Sätzen die Leistungen von Charles Darwin rekapituliert werden.
    Als vor einigen Jahren in einem Münchener Verlag ein Lexikon der Biologie unter dem eigenartigen Titel
Darwin
&
Co.
veröffentlicht wurde, haben sich zwei mir persönlich bekannte Mit-Autoren über den befremdlichen Titel geärgert – auch ich habe mich damals dieser Ansicht angeschlossen. In dieser zweibändigen Monographie (Jahn und Schmitt 2001) sind Leben und Werk so bedeutender Forscher wie Julius Sachs (1832 – 1897) oder Theodosius Dobzhansky (1900 – 1975) dargestellt , deren Leistungen auch im vorliegenden Buch gewürdigt sind (über den genialen russischen Evolutionsforscher Constantin S. Merezhkowsky wurde in diesem Band nichts berichtet , da die Lebensdokumente damals noch unerschlossen waren). Was hebt nun unseren »Titelhelden« Charles Darwin dennoch über Sachs und Dobzhansky hinaus? Der zuerst Genannte war als Begründer der Pflanzenphysiologie ausschließlich Botaniker (von einer frühen Sachs-Publikation zur Anatomie des Flusskrebses wollen wir hier absehen); Dobzhansky hat als Zoologe (Käfer- bzw. Fruchtfliegen-Spezialist ) und Evolutionstheoretiker grundlegende Erkenntnisse hervorgebracht – sein Satz »Nichts in der Biologie ergibt einen Sinn, außer im Lichte der Evolution« wird noch heute regelmäßig zitiert. Dennoch waren Sachs, Dobzhansky und andere bei
Darwin
&
Co.
vorgestellte große Biologen immer noch Spezialisten, wenn auch auf sehr hohem und breitem Niveau. Sachs hat ausschließlich die Lebensvorgänge der Pflanzen erforscht, Dobzhansky seine wichtigsten Schlussfolgerungen im Wesentlichen aus Untersuchungen an Insekten-Populationen abgeleitet.
    |318| Wir haben in Kapitel 3 ausführlich begründet, warum Charles Darwin einerseits ein Spezialist (auf

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