Tatsache Evolution
verallgemeinernd von den »Theorien« des britischen Naturforschers sprechen und hierbei auch hypothetische Gedankengebäude, sofern sie auf Fakten basieren, einbeziehen.
Warum sind diese wenig bekannten Darwinschen Schlussfolgerungen , die in einigen Fällen keinen direkten Bezug zur Deszendenztheorie (bzw. der Arten-Transformation) haben, für uns heute noch von Interesse? Die zahlreichen, dem Nicht-Spezialisten meist unbekannten Darwinschen Theorien belegen, dass der britische Naturforscher ein konzentriert arbeitender Sammler, Beobachter und Experimentator war, dessen Vermögen zur Hypothesen- und Theorienbildung weit über dem seiner forschenden Kollegen einzustufen ist. In Abb. 4.1 A ist der Wissenschaftler auf einem Foto aus dem Jahr 1854 dargestellt. |104| Zu dieser Zeit hatte Darwin seine zweibändige, nahezu 1100 Druckseiten umfassende Monographie zur Systematik der Rankenfußkrebse (Cirripedia) abgeschlossen (Darwin 1851/1854). In diesem bedeutenden Werk (Abb. 4.1 B) sind zahlreiche Fakten und Erklärungen (Theorien) zu speziellen Fragen der Morphologie, Anatomie und Biologie dieser Tiergruppe formuliert , auf die hier nicht eingegangen werden kann (Newman 1993). Die geistig-körperliche Erschöpfung ist dem fleißigen, endogen motivierten Forscher und Buchautor auf dem hier reproduzierten Portrait ins Gesicht geschrieben.
Abb. 4.1: Der Tiersystematiker Charles Darwin im Jahr 1854 nach Abschluss seines zweibändigen Werkes über die Rankenfußkrebse (Cirripedia) (A). Einige Graphiken aus diesem bedeutenden Werk sind rechts abgebildet (B). Darwin etablierte in dieser Monographie u. a. die noch heute gültige Nomenklatur der Schalenteile dieser sessilen Meereskrebse.
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Biogenese-Theorie zur Entstehung der ersten Zellen
Beim oberflächlichen Studium von Darwins Artenbuch (1859/ 1872) fällt dem Leser einerseits auf, dass der Autor die so genannte »Schöpfungstheorie« (»theory of creation«) eindeutig durch Fakten und logische Schlussfolgerung widerlegt und diesen |105| christlichen Mythos durch seine »Deszendenztheorie« (»theory of descent with modification«) ersetzt hat. Andererseits schreibt Darwin auf der letzten Seite seines Buchs jedoch, der Schöpfer hätte einigen wenigen urtümlichen Formen das Leben eingehaucht und ausgehend von diesen einzelligen Ur-Lebewesen wären alle weiteren Organismen auf natürliche Art und Weise entstanden: »There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed by the Creator into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone circling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved« (letzter Satz aus der 1. und 6. Auflage, in dem als letztes Wort der Begriff »evolviert« vorkommt). In sinngemäßer Übersetzung sagte Darwin hier das Folgende: »Es liegt etwas Erhabenes in dieser Sicht des Lebens, mit seinen zahlreichen Kräften, die ursprünglich vom Schöpfer in einige wenige oder eine einzige Lebensform eingehaucht wurde; und dass, während sich der Planet nach den Gesetzen der Schwerkraft weitergedreht hat, aus so einem einfachen Ursprung endlose, schöne und wundervolle Formen evolviert sind.«
Wie wir dem »Schlusswort« von Darwins Erst-Übersetzer H. G. Bronn (1860) entnehmen können, waren viele Naturforscher zu dieser Zeit davon überzeugt, der britische Biologe hätte dieses Zugeständnis an die biblische Schöpfungsgeschichte ernst gemeint. In Kapitel 5 werden wir erfahren, dass dies jedoch nicht der Fall war.
Wir wissen aus einem Brief an Joseph Dalton Hooker vom 1. Februar 1871, dass dieses Zugeständnis an »den Schöpfer« ausschließlich aus taktischen Gründen in das Artenbuch aufgenommen wurde. Hätte Darwin auch den Ursprung der ersten Zellen rein naturalistisch (unter Ausklammerung biblischer Wunder) hergeleitet, so hätten die Kreationisten seiner Zeit dem schüchternen Naturforscher wohl große Probleme bereitet: Darwins Villa wäre möglicherweise von protestierenden Christen umstellt worden usw.
In dem oben angesprochenen Schreiben, das von Sohn Francis 1898 in einer Briefe-Sammlung publiziert wurde, formuliert |106| Darwin seine naturalistische
Biogenese-Theorie
wie folgt: »If … we could conceive in some warm little pond, with all sorts of ammonia and phosphoric salts, light, heat, electricity, etc., present , that a protein compound was chemically formed ready
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