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Tatsache Evolution

Titel: Tatsache Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U. Kutschera
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erste allgemeine, erklärende Theorie (Variation und nachgeschaltete Selektion) waren mit Darwin (1859/1872) als Grundpfeiler der aufstrebenden Biowissenschaften erstmals fest etabliert.

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|98| Darwins Widerlegung der Design-Hypothese und der Tod der Elefanten
    Wie bereits in Kapitel 1 dargelegt wurde, beschäftigte sich Charles Darwin während seines Studiums der Theologie in Cambridge im Detail mit den Schriften des Natur-Theologen William Paley (1743 – 1805). Dieser bedeutende Denker war mit den Erkenntnissen der Biologie der damaligen Zeit sehr gut vertraut . In seinem Hauptwerk
Natural Theology
(1802) finden wir detaillierte Beschreibungen zur Lebensweise der Tiere und Pflanzen. Als Erklärung für die Anpassung (Adaptation) und Komplexität der Organismen prägte Paley seinen bekannten »Teleologischen Gottesbeweis«. Genau wie z. B. eine im Wald gefundene Uhr auf einen Uhrmacher schließen lässt, kann analog dazu ein intelligenter »Käfermacher«, d. h. »Designer« abgeleitet werden: »Design must have a designer.« Wie bereits an anderer Stelle ausführlich belegt, hat Darwin in seinem Artenbuch dieses klassische Design-Argument wissenschaftlich fundiert widerlegt (Dawkins 1986, Kutschera 2004). Ergänzend möchte ich hier aus einem Brief zitieren, den Charles Darwin am 22. Mai 1860, also nur ein halbes Jahr nach Erscheinen seines Hauptwerkes, an den amerikanischen Botaniker Asa Gray (1810 – 1888) geschrieben hat. Im Zusammenhang mit Erörterungen zu Glaube und Wissen bzw. der Frage nach einem biblischen Schöpfer-Gott äußerte sich Darwin sinngemäß wie folgt:
    »Ich kann mich nicht dazu überreden, dass ein gütiger und allmächtiger Gott mit Absicht die Schlupfwespen erschaffen haben würde mit dem ausdrücklichen Auftrag, sich im Körper lebender Raupen zu ernähren, oder dass eine Katze mit Mäusen spielen soll. Da ich daran nicht glaube, sehe ich auch keine Notwendigkeit in dem Glauben, dass das Auge bewusst geplant worden ist. Andererseits kann ich mich keineswegs damit abfinden, dieses wunderbare Universum und insbesondere die Natur des Menschen zu betrachten und zu folgern, dass alles nur das Ergebnis roher Kräfte sei. Ich neige dazu, alles als das Resultat vorbestimmter Gesetze aufzufassen, wobei die Einzelheiten, ob gut oder schlecht, dem Wirken dessen überlassen bleiben, was wir Zufall nennen könnten.«
    Abb. 3.12: Männliches Adulttier einer Schlupfwespe (
Ichneumon
sp.) (A). Diese Hautflügler (Familie Ichneumonidae) sind Parasitoide. Die Weibchen legen ihre Eier am Körper oder über einen Legestachel in die inneren Organe eines Wirtsorganismus (z. B. Schmetterlingsraupe, R) ab. Die sich entwickelnden Larven fressen den Wirtsorganismus von innen her auf und töten ihn hierbei. Die Puppen (P) der Schlupfwespen treten im rechten Bild (B) aus dem toten Wirtskörper hervor.
    Heute wissen wir auf Grundlage zahlreicher Studien, dass alle Vertreter der Schlupfwespen (Ichneumonidae) in der Tat über Eiablagen ihre Wirtsorganismen langsam auffressen und letztendlich töten (Abb. 3.12). Ein wesentlich eindrucksvolleres Beispiel für die unglaublichen Grausamkeiten in der freien Natur liefern jedoch die Afrikanischen und Asiatischen Elefanten. Diese Dickhäuter, die über ein außergewöhnlich großes Gehirn verfügen, empfinden beim Tod verwandter und fremder Artgenossen Trauer. Elefanten leiden im menschlichen Sinne (Douglas-Hamilton et al. 2006) und verfügen möglicherweise sogar über ein Todesbewusstsein, da auch verstorbene, in der Verwesung befindliche Körper von Artgenossen besucht werden. Besonders grausam ist der natürliche Tod der Alttiere. Nachdem die letzten Mahlzähne (Molaren) dieser durch lange Stoßzähne gekennzeichneten Dickhäuter abgerieben sind (Zahnschmelz-Verbrauch), verhungern die Tiere nach und nach, da sie ihre Nahrung nicht mehr kauen können (Abb. 3.13). Diese intelligenten, Trauer und Schmerz empfindenden Großsäuger sterben somit einen langsamen, qualvollen Hungertod. Wahrscheinlich galt dieses »Todesurteil« auch für die ausgestorbenen Mastodonten, Rüsseltiere der Gattung
Mastodon
. Dieser Name wurde leider durch
Mammut
ersetzt, |102| was zu Verwechslungen mit den Wollhaar-Mammuts, die unter dem Gattungsbegriff
Mammuthus
zusammengefasst sind, geführt hat (Abb. 3.14). Wir werden in Kapitel 9 auf Grundlage von DNA-Sequenzanalysen und Fossilfunden auf die Evolution der Elefanten und Mastodons zurückkommen (Abb. 9.8, S. 277). Dort sind die

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