Tatsache Evolution
reduziert und eine noch präzisere geologische Zeitskala erarbeitet (Kerr 2008). Diese Fortschritte in der Geochronologie beweisen, dass sich der Wissenschaftszweig stetig weiterentwickelt und immer genauere absolute Alterswerte liefert.
Kommen wir abschließend auf den »Titelhelden« dieses Abschnittes , den 1995 verstorbenen Chemiker Clair C. Patterson, zurück. Im Zusammenhang mit seinen Blei(Pb-Pb)-Altersdatierungen befasste sich dieser bedeutende Wissenschaftler u. a. mit den vom Menschen verursachten Blei-Verunreinigungen der Umwelt. Patterson warnte als einer der Ersten vor gefährlichen Bleivergiftungen, doch die Industrie und Politik in den USA ignorierten seine deutlichen Worte (Casanova 1998). Erst nach vielen Jahren hat man auf Pattersons aggressiv-kämpferisch verbreitete Ratschläge gehört und Blei-Wasserleitungen sowie Pb im Benzin eliminiert – zum körperlich-psychischen Wohlbefinden vieler US-Bürger.
Die Erkenntnisse von Patterson (1956), zusammengefasst in Allende et al. (1995), hätten z. B. das unbeschreibliche Leiden |186| des Komponisten Ludwig van Beethoven verhindern können. Wie eine im Jahr 2001 durchgeführte Analyse von Haaren, die nach dem Tod des Meisters abgeschnitten und für die Nachwelt konserviert wurden, ergab, war der Bleigehalt im Körper des Verstorbenen ca. 100-fach höher als in den Kontrollen. Beethoven litt und starb somit an einer Bleivergiftung – als Todesursache wird ein äußerst qualvolles Nieren- und Leberversagen genannt. Woher stammte das Element Pb im Körper des Komponisten? Wir wissen, dass Beethoven regelmäßig den billigen Weißwein getrunken hatte, der von den Winzern mit Bleizucker anstatt mit dem teuren Rohrzucker gesüßt wurde. Um seine körperlichen Schmerzen zu lindern, trank Beethoven immer wieder das giftige Gebräu. Schmerzmittel nahm er nicht zu sich, da er nur bei klarem Verstand komponieren konnte.
Abb. 6.9: Foto eines Bruchstücks des Meteoriten Allende (kohlenstoffhaltiger Chondrit), der 1969 in Mexiko niedergegangen ist. Der extraterrestrische Steinbrocken stammt vermutlich aus dem Asteroidengürtel und ist ein Überrest aus der Ur-Zeit unseres Planetensystems. Das Alter des Meteoriten-Fragments wurde auf etwa 4550 Millionen Jahre vor heute datiert (nach einer Abbildung aus
Carnegie Science
, Winter 2005/2006, Washington D.C.).
Blei (Pb)-Analysen haben somit nicht nur das Alter der Erde (bzw. des Sonnensystems) (Abb. 6.10) aufgeklärt, sondern auch |187| die Todesursache von Beethoven entschlüsselt. Zu den Gründen für das frühe Ableben des Komponisten W. A. Mozart gibt es derzeit noch keine endgültige Antwort, die auf entsprechenden Gewebeanalysen basiert (s. Kapitel 2).
Fazit: Ereignisse, die in der Vergangenheit
tatsächlich
stattgefunden haben (Planetenbildung, Tod eines Komponisten) können heute unter Einsatz physikalisch-chemischer Analysemethoden exakt datiert (bzw. identifiziert) werden. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels wollen wir auf noch genauere Datierungen der Planeten- und Mondbildung eingehen und mit diesen Messwerten unser Kapitel zum Erdalter abschließen.
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Das Salz der Meere und der Anti-Darwinsche Ur-Einschlag
Die im letzten Abschnitt zusammengetragenen Daten belegen, dass unser Sonnensystem (und somit die Erde) vor etwa 4566 Mio. J. entstanden ist, woraus sich der abgerundete Wert »ca. 4600 Mio. J.« ergibt (Dalrymple 1991, 2004, Scott 2007). Diese Altersangabe basiert im Wesentlichen auf der radiometrischen Datierung von Meteoriten- und Mondgestein (Abb. 6.9, 6.10). Die ältesten festen Gesteine der heutigen, seit Jahrmillionen dynamischen Erdkruste sind etwa 4000 Mio. J. alt – im Hardaikum verliert sich die terrestrische »Mineralien-Spur« (Abb. 6.8). Obwohl diese Daten auf unabhängigen Chronometern (»Clocks in the rocks«) basieren und somit im wahrsten Sinne des Wortes »solide bzw. felsenfest« sind, wurde das Erdalter noch mit einer weiteren, von radiometrischen Zerfallsdaten völlig unabhängigen Methode ermittelt, die nachfolgend kurz zusammengefasst ist.
Wie der Geologe L. G. Collins (2006) im Detail dargelegt hat, kann man über den heutigen Kochsalz(NaCl)-Gehalt der Ozeane , genauer gesagt über die Konzentration an Chlorid(Cl - )-Ionen , das minimale Alter der Weltmeere und somit des »Blauen Planeten« ermitteln. Im Gegensatz zum Element Natrium (Na), das mit beachtlichen 2,83 % in der Erdkruste vertreten ist, kommt Chlor (Cl) zu nur 0,0130 % im Gesteinsmantel |188| vor –
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