Tatsache Evolution
Ähnlich wie Darwin (1859) stellte Wegener (1929) die von ihm postulierte dynamische Veränderung der damals angenommenen Konstanz (der Arten bzw. Kontinente) gegenüber. Er schrieb u. a. das Folgende: »Die … bei der Permanenz zugrunde gelegte Annahme, dass die relative Lage der Kontinentalschollen … zueinander sich nie geändert habe, muss falsch sein. Die Kontinentalschollen müssen sich verschoben haben. Südamerika muss neben Afrika |222| gelegen und mit diesem eine einheitliche Kontinentalscholle gebildet haben« (Wegener 1929).
Obwohl Wegener bezüglich der Antriebskräfte der von ihm postulierten Kontinentalverschiebungen keine überzeugenden Mechanismen vorlegen konnte, zog er bemerkenswerte Schlussfolgerungen : »Die Kräfte, welche die Kontinente verschieben, sind dieselben, welche die großen Faltengebirge erzeugen. Kontinentalverschiebungen, Spaltung und Zusammenschub, Erdbeben, Vulkanismus … stehen untereinander zweifellos in einem großartigen ursächlichen Zusammenhang« (Wegener 1929).
Abb. 7.13: Theorie der Kontinentalverschiebungen nach A. Wegener (1929). Die Kontinente sollen gegen Ende des Erdmittelalters (Karbon) zu einer Groß-Scholle vereinigt gewesen sein (Pangaea). Nachdem man 1969 in der Antarktis (Trias-Formation) versteinerte Knochen von Schaufel-Reptilien (
Lystrosaurus
) gefunden hatte, galt die Kontinentalverschiebungstheorie als bestätigt. Zuvor hatte man in gleich alten Schichten auch in Afrika und Asien (Indien)
Lystrosaurus-
Skelette geborgen. Da diese Landwirbeltiere das Meer nicht überqueren konnten, müssen die Kontinentalplatten während der Perm-Trias-Zeit aneinandergelagert gewesen sein (nach Botha, J. & Smith, R.M.H.:
Lethaia
40, 125 – 137, 2007).
|223| Trotz dieser bemerkenswerten Schlussfolgerungen wurde die Theorie der Kontinentalverschiebungen von der Mehrzahl der Geowissenschaftler abgelehnt, da Wegener (1929) nicht in der Lage war, die Ursachen seiner postulierten Wanderungsbewegungen zu benennen. Seine diesbezüglichen Hypothesen (z. B. eine durch die Erdrotation erzeugte Fliehkraft) waren nicht ausreichend durch Fakten untermauert, so dass der selbstkritische Autor immer wieder Zweifel an seinen eigenen Thesen äußerte.
Erst Mitte der 1960er-Jahre konnte Wegeners Theorie definitiv bestätigt werden. Paläontologen hatten in Sedimentgesteinen der heutigen Antarktis fossile Reste von Schaufel-Reptilien (
Lystrosaurus
) gefunden. Diese an Land lebenden Urzeit-Kriechtiere der Perm/Trias-Periode haben das große Massenaussterben vor etwa 251 Mio. J. überlebt und wurden erst durch die ersten Dinosaurier (z. B.
Coelophysis
) vor 225 Mio. J. langsam verdrängt – die letzten Exemplare sind mit dem Aufstieg der »Schreckens-Echsen« aus den Fossilreihen verschwunden (Botha und Smith 2007). Da
Lystrosaurus-
Individuen ansonsten nur in Afrika und Indien gefunden worden waren, zog man die Schlussfolgerung , dass die heutigen Kontinente Antarktis, Afrika und Indien vor etwa 255 Mio. J. eine große Landmasse gebildet haben (Abb. 7.13). Mit den antarktischen
Lystrosaurus-
Funden und anderen Entdeckungen (z. B. Untersuchungen zum Alter und der Struktur der Ozean-Böden, Rekonstruktion von Erdbebenzonen usw.) wurde das Konzept der
Plattentektonik
abgeleitet . Diese neue Sicht vom Blauen Planeten basiert auf den Befunden , dass die
Lithosphäre
(Kruste und oberer Gesteinsmantel bis zu einer Tiefe von 150 km) aus starren Platten besteht, die sich mit messbarer Geschwindigkeit auf ihrer halbplastischen Unterlage, der
Asthenosphäre
(Erdmantel), bewegen. Die etwa 20 driftenden Erdplatten sind nicht mit den Kontinenten identisch – die pazifische Platte liegt z. B. im Ozean.
Die von Wegener (1929) postulierte Verschiebung der Kontinente ist heute eine belegte Tatsache (Abb. 7.14), über deren Ursachen aber noch keine abschließende Theorie vorliegt. Es ist allerdings weitgehend abgesichert, dass die Hitze im Erdinneren (Uran-Zerfall, d. h. natürliche Radioaktivität) hierbei eine entscheidende Rolle spielt.
|224| Durch das Driften der starren Erdschollen der Lithosphäre entstehen an den Plattengrenzen z. B. Faltengebirge. Da es hierbei zu langsamen Deformationen gewaltiger, unvorstellbar großer Gesteinsmassen kommt, können über diese physikalischen Prozesse Erdbeben, Tsunamis (viele Meter hohe Flutwellen ) und Vulkanausbrüche verursacht werden.
In Abb. 7.15 ist der San-Andreas-Graben in der Region zwischen Palo Alto/Stanford und San Francisco zu sehen.
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