Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
versucht, wohin ihr umgezogen seid, doch niemand wollte mir etwas verraten. Jedes Mal, wenn ich mit Tom in Kontakt treten wollte, hat seine Familie dichtgemacht. Was ich ihr nicht einmal verübeln kann.«
Ich ersparte mir einen Kommentar.
»Das war also das Ende vom Lied. Mir blieb keine andere Wahl, als mein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Aber eins musst du mir glauben: Das habe ich nie gewollt. Ich wollte dich nie im Stich lassen; und ich habe fest daran geglaubt, dass ich zurückkommen und dich holen würde. Du musst auch wissen, dass ich immer an dich gedacht und mich gefragt habe, wie es dir geht – insbesondere an deinem Geburtstag.«
»Der da wäre …?«, fragte ich sie, um sie auf die Probe zu stellen.
»Natürlich am neunzehnten März.«
Sie hatte recht. Ich stand auf und wanderte ziellos durchs Zimmer. Mir wollte die ganze Geschichte nicht in den Kopf gehen.
Heute Abend hatte ich nicht nur im Parkett eines Kinosaals meine mir vollkommen fremde Mutter kennengelernt, sondern auch erfahren, warum sie mich vor beinahe dreiundzwanzigeinhalb Jahren im Stich gelassen hatte. Noch verrückter allerdings war die Tatsache, dass der Grund der gleiche war, aus dem mein Vater meinen Verlobten ermuntert hatte, mir eine Auszeit von einem Monat zu gönnen.
Warum riskierte er, dass sich die Geschichte noch einmal wiederholte?
»Das Ganze muss ein ziemlicher Schock für dich sein, Scarlett«, erklärte Rose, während sie aufstand und zu mir herüberkam. »Du kannst mir glauben, dass ich mindestens genauso geschockt war, als ich dir plötzlich gegenüberstand.«
Einen entsetzlichen Moment lang befürchtete ich, sie würde versuchen, mich zu umarmen, weshalb ich ein Stück zurückwich.
»Ich … ich muss erst einmal alles sacken lassen, Rose … also, ich meine – Mu… ich meine …«
»Schon okay, Scarlett. Das verstehe ich; natürlich brauchst du Zeit. Vielleicht sollte ich jetzt besser gehen.«
Ich nickte.
Rose nahm einen Notizblock zur Hand, der auf dem Tisch lag. »Hättest du einen Stift für mich? Dann schreibe ich dir schnell meine Telefonnummer auf. Vielleicht hast du ja Lust, mich anzurufen, wenn du über alles nachgedacht hast.«
»Ähm, im Flur liegen Stifte.«
Rose fand einen Stift und kehrte ins Wohnzimmer zurück, um dort ihre Telefonnummer zu notieren. Dann legte sie Block und Stift auf den Couchtisch vor mir. »Das ist meine Festnetznummer, darunter steht meine Handynummer. Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du reden möchtest.«
Wieder nickte ich.
Rose nahm ihre Tasche und den Mantel. »Gute Nacht, Scarlett, ich würde mich freuen, bald von dir zu hören.«
»Ja … gute Nacht … ähm …«
»Schon gut – es macht mir nichts aus, wenn du mich Rose nennst. Damals nannten mich alle immer nur Rosie, aber mittlerweile denke ich, dass Rose besser zu mir passt. Rosie ist die Person, die ich früher einmal war, nicht die, die ich heute bin.«
»Ja. Also gute Nacht … Rose.« Ich war immer noch nicht in der Lage, ihr in die Augen zu sehen. Stattdessen hatte ich das Gefühl, dass sich in meinem Kopf alles drehte. Das Ganze war definitiv zu viel für mich.
Rose sah ein letztes Mal zu mir herüber, dann lächelte sie und ging durchs Wohnzimmer in den Flur hinaus. Ich hörte, wie ihre Absätze über die Fliesen klapperten, bevor die Tür mit einem Klicken hinter ihr ins Schloss fiel.
Seltsamerweise war es exakt dasselbe Geräusch, das meine Schuhe gemacht hatten, als ich den Flur durchquert hatte.
Erst jetzt fiel mir auf, dass Rose und ich die gleichen Schuhe trugen.
29
I n jener Nacht tat ich kaum ein Auge zu. Was aber auch nicht verwunderlich war nach allem, was ich zuvor erlebt hatte.
Nachdem Rose gegangen war, hatte ich Ursula angerufen und ihr kurz und knapp geschildert, was geschehen war. Eigentlich war mir nicht danach, mit jemandem zu reden, darum brachte ich den Anruf schnell hinter mich, bevor ich mich endlich hinsetzte und in Ruhe über alles nachdachte.
Es gab so viele Dinge, die immer noch unklar waren.
Nun kannte ich also den Grund, warum meine Mutter fortgegangen war. Vielleicht konnte ich ihn nicht vollends begreifen, doch immerhin wusste ich nun deutlich mehr als früher. Trotzdem erschien mir das Verhalten meines Vaters rätselhafter als je zuvor. Wenn er vor vielen Jahren meine Mutter verloren hatte, warum ermutigte er mich dann dazu, das Gleiche zu tun wie sie? War er wirklich so naiv zu glauben, dass der Blitz nicht zweimal an derselben Stelle einschlagen
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