Tatsächlich Liebe in Notting Hill: Roman (German Edition)
wisst ihr, wo sie ist. Wie soll das, bitte schön, Scarlett weiterhelfen, wenn ihr die Hoffnung in ihr schürt, dass ihr ihre Mutter möglicherweise vor vielen Jahren einmal getroffen habt? Ihr habt doch keine Ahnung, wo sich die Frau jetzt aufhält, oder?«
Meine augenblickliche Meinung zu Sean war zweigeteilt. Einerseits war ich wütend auf ihn, weil er unsere Ideen mit seiner Vernunft zunichtemachte. Gleichzeitig war ich aber auch gerührt über seine Sorge, das Gerede über meine Mutter könnte mich verletzen.
»London«, erklärte Diana. »Das Letzte, was ich von ihr weiß, ist, dass sie nach London gegangen ist, um sich dort eine Arbeit zu suchen. Wenn ich mich recht erinnere, hat sie einen Typen kennengelernt, der ihr einen Job in einer der gehobenen Boutiquen in der Bond Street angeboten hat. Rosie hat immer viel Wert auf schöne Kleidung und ihr Äußeres gelegt, und das ist den Leuten nicht entgangen.«
»Sie erinnern sich aber nicht mehr an den Namen der Boutique, oder?«, fragte ich sie hoffnungsvoll.
Diana dachte angestrengt nach. »Nein, tut mir leid, Scarlett, ich weiß es nicht mehr. Außerdem ist das viele Jahre her – es bedeutet nicht, dass sie immer noch dort arbeitet.«
»Selbst wenn«, wandte Sean ein. »Es ist doch gar nicht gesagt, dass diese Frau tatsächlich Scarletts Mutter ist. Wir haben keinerlei Beweise.«
Ich öffnete meine Tasche und holte das zerknitterte Foto hervor. »Ich weiß, dass das Bild sehr alt ist«, erklärte ich, als ich es vorsichtig auseinanderfaltete. »Aber sah die Rosie, die Sie kennen, der Frau auf diesem Foto hier ähnlich?«
Vorsichtig nahm Diana das Foto in die Hand, und sowohl Alfie als auch sie griffen nach ihren Lesebrillen.
Als Erster hob Alfie den Blick. Er nahm die Brille ab und schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid, Scarlett, schwer zu sagen. Außerdem kann ich nicht gerade behaupten, dass ich mich gut an sie erinnere. Frauen verändern manchmal von Woche zu Woche ihr Aussehen, ganz zu schweigen von einer Zeit, die mehrere Jahre umfasst. Ich bin mir einfach nicht sicher.«
»Schon gut, Alfie. Einen Versuch war es wenigstens wert.« Ich versuchte, nicht allzu enttäuscht zu sein.
Diana gab mir das Foto zurück und setzte ganz langsam ihre Brille ab. Dann legte sie sanft ihre Hand auf die meine.
»Das ist sie, Scarlett. Das ist Rosie.«
Es war, als hätte Diana mir ein Teil eines Puzzles überreicht, das ich in meinem Leben bisher nicht hatte vervollständigen können.
Ich hatte Sean gesagt, ich sei der festen Überzeugung, dass alles, was passiert, einen tieferen Sinn habe. Was, wenn mein Aufenthalt in Notting Hill mehr als nur den Sinn und Zweck hatte, meiner Familie zu beweisen, wie falsch sie bezüglich der Kinofilme lag? Was, wenn der Sinn darin lag, die Chance zu bekommen, dieses letzte, noch fehlende Stück in meinem Lebenspuzzle zu finden – die Chance, meine Mutter wiederzufinden?
11
U nsere Heimreise mit dem Zug am nächsten Tag verlief deutlich stiller als die Hinreise.
Die meiste Zeit der Rückfahrt nach London war ich tief in Gedanken versunken, und Sean war höflich genug, mich dabei nicht zu stören.
Als wir endlich wieder in Notting Hill eintrafen und unser Taxi uns vor unseren Häusern absetzte, erkundigte sich Sean, ob er mir irgendwie behilflich sein könne.
»Vielen Dank, aber ich denke, das Stückchen schaffe ich allein«, erwiderte ich und trug meinen Koffer die Stufen hinauf.
»Nein, ich meinte eher bei der Suche nach deiner Mutter«, entgegnete Sean und stieg seine Treppe hinauf, sodass wir wieder auf Augenhöhe waren. »Du hast nichts gesagt, aber ich nehme doch an, dass du sie suchen willst, jetzt, wo du eine Spur hast.«
»Ach so. Ja, da hast du recht. Aber ich denke, ich weiß schon, was ich tun werde.« Ich lächelte ihn an. »Vielen Dank für das Angebot.«
»Jederzeit. Wenn du es dir noch anders überlegen solltest, weißt du ja, wo du mich findest.«
Ich nickte.
Sean lächelte, schloss seine Tür auf und verschwand im Inneren des Hauses.
Einen Augenblick lang blieb ich auf den Stufen stehen und starrte die Stelle an, auf der er gestanden hatte. Irgendwie kam es mir seltsam vor, nun wieder allein zu sein.
Als ich jedoch den Schlüssel im Schloss umdrehte, war ich nicht länger allein: Meine Heimkehr wurde von dem mittlerweile schon vertrauten Aufheulen von Buster, wie ich die Alarmanlage getauft hatte, begleitet.
Früh am nächsten Morgen machte ich mich auf ins Zentrum der Londoner Shopping-Meile.
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